Magazin Wirtschaft

Der Vertragshändlervertrag

Unternehmen, die ihre Ware nicht direkt beim Endkunden vertreiben, können dies über Vertragshändler (auch „Eigenhändler“ oder „Zwischenhändler“) im Rahmen einer so genannten „Lieferkette“ machen. Vertragshändler verkaufen die Waren im eigenen Namen und für eigene Rechnung. Durch einen Rahmenvertrag sind sie in die Absatzorganisation des Herstellers eingebunden.

Zwischen Vertragshändlern und  Handels­vertretern ist deutlich zu unterscheiden

Zwischen Vertragshändlern und  Handels­vertretern ist deutlich zu unterscheiden.  Handelsvertreter vermitteln den Abschluss zwischen Unternehmen und Endabnehmer nur. Vertragshändler hingegen  gehen zwei Vertragsbeziehungen ein: die zwischen ­Unternehmen und Vertragshändler und die zwischen Vertragshändler und Endabnehmer.
Dabei stellt nicht jede Lieferkette gleich ein Vertragshändlerverhältnis dar. Entscheidend ist, dass der Vertragshändler tatsächlich so in die Absatzorganisation des Herstellers eingebunden ist, dass er Auf­gaben zu erfüllen hat, die einem Handelsvertreter wirtschaftlich in erheblichem Umfang vergleichbar sind. So wird man im Lebensmitteleinzelhandel nicht von einem Vertragshändlerverhältnis zwischen den ­Lebensmittelproduzenten und den großen Discountern ausgehen können. Anders sieht es zum Beispiel im Kfz-Handel aus. Dort wird der Vertragshändler im Geschäftsverkehr das Herstellerzeichen neben der eigenen Firma besonders herausstellen.

Keine Provision für den Vertragshändler

Anders als der Handelsvertreter erhält der Vertragshändler keine Provision. Er lebt von der Marge zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis, insbesondere von ihm eingeräumten Einkaufsrabatten.Der Vertragshändler ist daher kein Franchisenehmer. Er wird normaler­weise keine Einstands- oder Franchise­gebühren bezahlen.
Der Vertragshändler ist im Handelsgesetzbuch nicht (ausdrücklich) geregelt. Eine Reihe von Vorschriften über den ­Handelsvertreter wird aber auch auf ihn angewandt. So kann es zum Beispiel sein, dass der Zwischenhändler nach Beendigung seiner Tätigkeit einen Ausgleichs­anspruch hält.

Keine gesetzliche Regelung

Da es an einer gesetzlichen Regelung fehlt, empfiehlt sich für Unternehmen, die einen Vertragshändler zum Vertrieb ihrer Produkte einschalten wollen, mit diesem einen schriftlichen Vertrag zu schließen. Darin sollte festgehalten werden, was für die Beteiligten gelten soll, welche Pflichten und Rechte der Vertragshändler im Verhältnis zum Hersteller hat und besonders, welche Regelungen des Handelsvertreterrechts analog angewendet werden sollen.

Folgende vier Punkte sollten unbedingt schriftlich geregelt werden:

  1.  Liefer- und Zahlungsbedingungen: ­Vereinbarungen über Lieferkonditionen, Zahlungsmodalitäten, Preisgestaltung und etwaige Rabatte.
  2.  Marketing und Werbung: Festlegung von Zuständigkeiten, Kostenverteilung und Verantwortlichkeiten für Marketingaktivitäten sowie Markenwerbung  gemäß den gesetz­lichen Vorgaben.
  3.  Rechte und Pflichten der Vertrags­parteien: Klarstellung von Verantwortlichkeiten bezüglich Produktqualität, Garantie, Haftung und Supportleistungen   entsprechend den gesetzlichen Anforderungen.
  4. Zu beachten sind allgemein geltende rechtliche Grenzen. Der Vertragshändlervertrag darf nicht sittenwidrig sein. Da er grundsätzlich geeignet ist, den Wettbewerb einzuschränken, sind Regelungen wie die Gruppenfreistellungsverordnung Nr. 330/10 der EU zu beachten.

Vertragsprodukte und Vertragsgebiet gehören in den Anhang

Vertragsprodukte und Vertragsgebiet können sich im Laufe der Geschäftsbeziehung ändern und sollten daher im Anhang zum eigentlichen Vertrag untergebracht werden. Die Anlagen sind leichter auszu­tauschen oder zu ergänzen.

Das muss man über die Beendigung des  Vertrages wissen

  • Die Laufzeit kann befristet oder ohne Enddatum geregelt werden. Fehlt es an ­einer Befristung, sollten Kündigungsfristen bestimmt werden. Achtung: Die Kündigungsfristen für Handelsvertreter können bei einem Vertragshändler zu kurz sein.
  • Die Möglichkeit der fristlosen ­Kündigung des Vertragshändlervertrags aus wichtigem Grund steht angesichts der Ähnlichkeit zum Handelsvertretervertrag, der auch auf die dauernde Geschäftsbesorgung abstellt, beiden Vertragsparteien zu.
  • Oft unterhält der Vertragshändler ein ­Lager oder Ersatzteillager und führt ­Wartungsleistungen durch. Dann sind auch Rücknahmeverpflichtungen des Herstellers nach Ende der Vertragslaufzeit zu regeln.
  • Der Vertragshändler kann nicht im Voraus auf gesetzliche Zurückbehaltungsrechte verzichten. Die Bestimmung des § 88 a Abs. 1 HGB wird analog auf den Vertragshändler angewendet, zumindest, wenn er ­einem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben übernommen hat. Er ist dann schutzbedürftig.
  • Ein Vertragshändler kann unter Umständen Ansprüche gegen das Unternehmen auf Prämien oder Boni haben. Wegen ­solcher Ansprüche kann dem Vertragshändler ein Zurückbehaltungsrecht zu­stehen.
  • Ausgeschlossen werden kann der Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers nicht. Entscheidend ist, ob der Vertragshändler dem Unternehmer die Kundenliste überlassen muss. So kann für den Hersteller, der keine direkte vertragliche Beziehung zum Endabnehmer hat, die Pflicht zur Überlassung einer Kundenliste interessant sein.

IHK-Tipp:Diese Punkte sollten in jedem Vertragshändlervertrag geregelt sein:

  1. Die rechtliche Stellung des Vertrags­händlers, die Produktpalette, das Vertragsgebiet, der Kundenkreis und analoge Anwendung von Vorschriften des Handels­vertreterrechts im HGB, §§ 84 ff HGB
  2. Die Pflichten des Vertragshändlers, also Kaufverpflichtung, Mindestabnahme, Absatzförderung, Interessenwahrung und Werbung
  3. Die Pflichten des Unternehmens wie Lieferpflicht, Herstellergarantie, Gewährleistung, Rückvergütung, ­Interessenwahrung
  4. Die Preisgestaltung, also Nachlässe, ­Rabatte, Absatzziele
  5. Wettbewerbsabreden
  6. Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse
  7. Vertragsdauer  inklusive Kündigungsfristen und Vertragsabwicklung nach einer Kündigung
  8. Verjährung von Ansprüchen
  9. Sonstige Bestimmungen wie anwend­bares Recht, Gerichtsstand, gegebenenfalls Schiedsgerichtsvereinbarung, salvatorische Klausel
Alexander Rilling, Rechtsanwälte Dr. Gaupp & Coll, Stuttgart,  für Magazin Wirtschaft, Rubrik Rat&Tat