Startup: Mit Vollgas in den Traum

In der kleinen Halle in Bietigheim riecht es nach Gummi, Metall und ­einem Hauch Abenteuer. Abenteuer im doppelten Sinne, denn die schweren Motor­räder und die etwas leichteren Pitbikes, die an der Rückwand aufgereiht stehen, sollen ihren Fahrern Spaß und Abenteuer bieten. Aber auch die Geschäftsidee zu Racetrck ist ein Abenteuer für Gründer Kai Rudolf und seine Frau Lorena.

„Fly low – ride safe“

Unter dem Motto „Fly low – ride safe“ ­bietet Racetrck alles, was man als Zweiradenthusiast brauch, um seinen PS-starken Traum möglichst sicher zu leben: Vom Schräg­lagen- und Kurventraining bis zum In- und Outdoor-Rennstreckenfahren reicht das Angebot. Die ­Ziel-­
gruppe fängt bei den Sechsjährigen an und „endet bei 99 oder 101“, wie Lorena Rudolf erzählt: „Dass es das alles bei uns gibt und man nicht den Anbieter wechseln muss, das schafft ­Kundenbindung und Vertrauen“, stellt die 29-Jährige immer wieder fest.

Neben Kursen und Bikes gibt es auch maßgeschneiderte Monturen

Die Sicherheit endet nicht bei den Kursen. Man kann sich auch seine ­Ledermontur anmessen lassen, die mit ­allen nur denkbaren Safety-Features ausgestattet ist, inklusive Airbag. Maß genommen wird in Bietigheim, gefertigt wird der Anzug von einer Schweizer Partnerfirma.
Neuerdings gehört auch der Verkauf von Pitbikes zum Portfolio. Pitbikes, das sind Rennmotorräder, die aber leichter sind als die Maschinen, die man so kennt, und die auch keine Straßenzulassung haben. Die Idee dazu entstand eher zufällig, als die ausrangierten ­Maschinen der Racetrck-Leihflotte weggingen wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln.
Was verdient wird, wird wieder in die Firma gesteckt.
Rudolfs sind große Fans von Pitbikes. ­Allerdings sind diese kleinen Flitzer auf den meisten Kart­strecken nicht mehr willkommen. Zu viele Anwohner hatten sich über Lärm und Abgase beschwert.

Pitbikes fahren gern elektrisch

Doch dafür hat Racetrck nun eine Lösung gefunden: Bei der Online-Recherche nach guten Pitbikes stieß Rudolf auf einen Hersteller, der ­Elektromotoren herstellt, die in die kleinen Rahmen passen. Solche E-Pitbikes sind deutlich leiser und auf wesentlich mehr Kartbahnen ­akzeptiert und ­Racetrck ist nun offizieller Deutschlandvertreter für die Firma.
Rudolf selber hat gerade 60 Bikes bestellt – ein Rieseninvestment für eine so junge Firma. „Alles ist selbst finanziert“, erzählt er stolz, „denn was verdient wird, wird wieder in die Firma gesteckt“.
Die Maschinen werden vormontiert ge­liefert. Die Endmontage übernimmt der gelernte Kfz-Mechatroniker selber: „Wir haben schon Maschinen bekommen, da stand der Auspuff im rechten Winkel ab“, erinnert er sich. Da macht er es lieber gleich selber.

Aus der Finanzierung fürs Hobby wird eine Firma

Entstanden ist die Racetrck-Geschäftsidee aus Rudolfs eigener Motorrad-Rennleidenschaft: „Das ist ein teures Hobby, da sollten ein paar Groschen in die Kasse kommen“, erzählt der 39-Jährige. Doch bald nahm die Nachfrage solche Ausmaße an, dass er seinen „Hauptjob“ bei Audi in Neckarsulm auf drei Tage reduzierte.
Den großen Anfangserfolg führt er auf seine gute Vernetzung in der Szene zurück. Dafür dass es so rasant weitergeht, sind die Social-Media-Aktivitäten von Ehefrau Lorena verantwortlich: „Wenn man Pitbike eingibt, stehen wir überall ganz oben“, freut sich die junge Frau, die hauptberuflich als Projektmanagerin bei Dürr arbeitet.

Eheglück und Startup gehen Hand in Hand

Über das Thema Social Media haben sich die beiden auch kennengelernt: „Das war am 21. November 2021“, lächelt Lorena ­Rudolf versonnen. Damals hatten sie Freunde zum Training mitgenommen. Als Kai Rudolf nachher fragte, wer ihm bei ­Insta und Co. helfen könne, weil er „da zwei linke Hände hat“, meldete sie sich.
Nach zwei Jahren Zusammenarbeit funkte es zwischen den beiden, und seit diesem Mai sind sie ein Ehepaar. „Wir ergänzen uns brutal gut“, erzählt die junge Ehefrau, die selber Motorradenthusiastin ist und fest entschlossen war, nur jemanden zu heiraten, der diese Leidenschaft teilt. Und so gesellt sich zum doppelten Abenteuer auch doppeltes Glück.
Dr. Annj Maga für Magazin Wirtschaft, Rubrik Menschen & Ideen