Dem Maschinenbau geht ein Licht auf
Ein Hubschrauber kreist über einem Schweizer See. Das Tau, das unter dem Helikopter hängt, zieht ein fünf Meter großes Kreuz aus den Tiefen des Wassers. Es leuchtet. Anschließend wird es per Fluggerät auf einen Berggipfel gehievt. Es sieht aus, als würde es schweben. Die letzten Meter bis zum Gipfel tragen Menschen das leuchtende Kreuz. Die Aktion in den Schweizer Bergen war im vergangenen Sommer ein viel beachtetes Spektakel.
Die Pläne für das Kreuz stammen von Martin Weller. Der Luft- und Raumfahrttechniker ist Experte für LED-Licht. Im Fall des Schweizer Kreuzes waren die Anforderungen komplex: „Die Leuchten mussten wasserdicht sein, Fliehkräfte beim Heli-Flug überstehen und durften nicht zu schwer sein, da das Kreuz noch getragen werden musste“, beschreibt der 46-jährige Geschäftsführer der Firma Diana Electronic-Systeme GmbH die Aufgabe. „Mein Team hat ganz schön geschwitzt, aber für solche Jobs sind wir prädestiniert“, sagt Weller, der den Familienbetrieb gemeinsam mit seinem Bruder Kai (49) leitet. Gesellschafter sind ihre Mutter Kristina (75) und die beiden Söhne. Klaus Weller, der die Firma mit seiner Frau 1979 gegründet hat, verstarb 2023 im Alter von 74 Jahren überraschend an Leukämie.
Wenn Martin Weller über den Familienbetrieb spricht, leuchten seine blauen Augen. Wer Diana besucht, taucht in eine Welt aus Steuerungstechnik und LED-Licht ein. Letztere finden sich heute überall: in Autos, Fabrikhallen, Straßenlaternen und Wohnzimmern. Längst hat die LED veraltete Leuchtmittel wie Glühbirnen und Energiesparlampen verdrängt. Vor allem wegen ihrer Effizienz bei Herstellung und Verbrauch. Von Anfang an dabei ist die Firma Diana, deren Name ein Akronym ist und sich aus den Silben „Di“ für digital und „Ana“ für analog zusammensetzt.
Anfang mit Föhnen und Staubsaugern
Martin blickt wenig romantisch auf die Anfänge zurück: „Mein Vater war Elektroingenieur und ein typischer Tüftler.“ Anstatt seine Promotion abzuschließen, machte er sich selbstständig und entwickelte Steuerungstechnik für württembergische Weltmarktführer. Im Auftrag der Hersteller entwickelte er Steuerungen für Reinigungsgeräte, Heizungen, Föhne und Staubsauger.
Martin Weller
 
„Er hat all das entwickelt, aber nie ein eigenes Produkt daraus gemacht“, sagt Weller. Ein fleißiger Entwickler sei er gewesen, aber kein lauter Marketing-Schreier. Diese sympathischen Eigenschaften führten allerdings dazu, dass der Betrieb mit damals 18 Mitarbeitern in den 1990er-Jahren nahezu überschuldet war. Eine Entwicklung wie der „Tip-and-Phone“, ein Telefonapparat für ältere Menschen, verkaufte sich lediglich 300 Mal. Dabei war die Idee genial. Im Vor-Internet-Zeitalter war der Apparat mit personalisierten Bildern ausgestattet. So konnten Senioren auf das Foto ihrer Tochter drücken und das Telefon rief diese automatisch an. Fast so, wie wir es heute vom Smartphone kennen.
Neuanfang mit LEDs
Die Insolvenz konnte um die Jahrtausendwende herum abgewendet werden, die beiden Söhne stiegen ein. In dieser Phase kamen die ersten blauen LEDs auf den Markt. „Wir waren die erste deutsche Firma, die weiße LEDs in Maschinenleuchten eingesetzt hat“, sagt Weller. Der Trick war damals, blaue LEDs mit einem Katalysator zu versehen, der das Lichtspektrum aufspaltet. „Das war eine Weltneuheit“, sagt Weller, der im Unternehmen Technik und Vertrieb verantwortet. Sein Bruder Kai ist für Finanzen und Software zuständig.
Mit dieser Entwicklung wurden den Schwaikheimern die Türen eingerannt. Die Eintrittskarte war schließlich eine Halbleiter-Leuchte, die Diana für die Firma Emag in Salach entwickelt hat. Sie konnte erstmals über den im Maschinenbau typischen M12 Steckverbinder angeschlossen werden, hielt sprühende Funken, aggressive Kühlschmierstoffe oder schwere Erschütterungen aus. Das war im Jahr 2001. „Seither ist unsere Bauart weltweiter Standard“, so Weller.
Das Kreuz im Wasser
 
Rund 30.000 Leuchten stellt das Unternehmen heute pro Jahr her. Mit 46 Beschäftigten erzielt es vier Millionen Euro Umsatz und liefert an 2.800 Bestandskunden, von denen 800 pro Jahr bestellen. 90 Prozent der Produkte sind Standardmodelle und modifizierte Standardvarianten. Zehn Prozent sind Sonderanfertigungen, wie etwa die Beleuchtung des Stuttgarter Fernsehturms oder die eines Schweizer Bergkreuzes. Dank dieser stabilen Entwicklung ist das Unternehmen seit 15 Jahren schuldenfrei. Es wächst jährlich um rund fünf Prozent. Hauptabsatzmarkt ist der süddeutsche Maschinenbau, zudem finden sich Kunden in Österreich und der Schweiz.
Neuster Trend im LED-Maschinenbau-Markt sind Signalleuchten. Ähnlich wie in modernen Autos, deren Blinker per LED die Fahrtrichtung anzeigen und deren Innenraumlicht und Displays individuell von Pink bis Moosgrün einstellbar sind, will Diana ihren Kunden diese Lichtfunktionen bieten.
Konzepte wie dieses sind es, die Diana im globalen Wettbewerb bestehen lassen. „Die Konkurrenz aus China interessiert bisher unsere Nische nicht“, sagt Weller. Zu komplex sei die Produktanforderung und zu gering die Stückzahlen. „Wir arbeiten im Bereich von eins bis 1000 Leuchten“, so Weller. Wer hingegen in Asien bestellt könne nur einfachste Standardleuchten in 10.000-er Stückzahlen abnehmen.
Walter Beck für Magazin Wirtschaft
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