„Jedes Material ist Rohstoff“
Baustoffe wiederverwenden, Material in den Stoffkreislauf zurückführen - Fischer Weilheim arbeitet seit Jahren daran, die Ökobilanz der Bauindustrie zu verbessern.
In der Bodenbehandlungsanlage
Dröhnend schiebt der Schaufellader Tonnen schwarzbrauner Erdmassen an ihren Platz. Sie sind mit Resten von Mineralöl verunreinigt, die hier in der Bodenbehandlungsanlage von Fischer Weilheim über Tage und Wochen mikrobiologisch saniert werden. Ventilatoren saugen die Luft aus der Halle und blasen sie durch Biofilter, in denen Bakterien und Pilze die restlichen
Schadstoffe abbauen.
Schadstoffe abbauen.
Steigende Kosten stoßen Investiotionen an
Rund 130.000 Tonnen Boden sind hier seit Inbetriebnahme vor zwei Jahren gereinigt worden. Sie können jetzt problemlos wiederverwendet werden – zum Beispiel im Landschaftsbau. „Früher hätte man die kontaminierte Erde direkt auf die Deponie bringen müssen“, erklärt Jörg Czischek, Bereichsleiter Entsorgungs- und Kreislaufwirtschaft bei Fischer Weilheim. Doch steigende Preise für Energie, Deponiefläche und CO2-Emissionen haben auch in der Bauwirtschaft Innovationen angestoßen.
Czischek ist stolz, dass seine Firma zu den Vorreitern gehört: „Ob Erdaushub oder Bauschutt - jedes Material ist Rohstoff. Indem wir es wiederverwenden, sparen wir Primärrohstoffe wie Kalkstein, Kies und Zement.“
Recycling-Verträge mit der öffentlichen Hand
Die Bodenbehandlungsanlage in Weilheim a. d. Teck ist in der Region einmalig, sagt Czischek. Fischer hat mit mehreren Landkreisen Verträge über die Abnahme und Reinigung kontaminierter Erde abgeschlossen. Die fällt zum Beispiel da an, wo früher einmal eine Tankstelle oder eine chemische Reinigung stand. „In vergangenen Jahrzehnten hat man nicht so sehr darauf geachtet, was alles in den Erdboden sickert.“
Zunehmend reinigt Fischer hier auch mineralisches Material von eigenen Projekten. Denn als Projektentwickler bietet das Unternehmen seinen Kunden „schlüsselfertige Baugruben“ an. Dabei fallen große Massen an Boden an und müssen recycelt und gegebenenfalls gereinigt werden.
Aus Erdaushub wird neuer “Flüssigboden”
Doch auch in anderen Bereichen geht man bei Fischer voran. So stellt das Unternehmen als einziges in der Region so genannten Flüssigboden her. Das ist ein zeitweise fließfähiges Gemisch aus Erdaushub und bestimmten Zusatzstoffen. Verwendet wird es, um im Tiefbau Hohlräume zu füllen – etwa Gruben und Arbeitsräume für Fundamente oder Reparaturen an Leitungen. Wenn er trocknet, wird der Flüssigboden tragfähig. „Auch das ist ein Weg, Material im Stoffkreislauf zu halten“, sagt Czischek.

In Stuttgart-Münster hat Fischer die erste vollelektronische Brecheranlage Deutschlands in Betrieb. Um genügend „grünen“ Strom vorzuhalten, sind alle Standorte mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet – 6100 Quadratmeter allein in der Weilheimer Zentrale. Die Flotte von 100 Lkw und 130 Baumaschinen soll nach und nach auf Wasserstoffantrieb umgestellt werden – zwei Transporter mit den emissionsfreien Motoren sind bereits in Betrieb.
Für eine Firma wie Fischer ist all dies eine Herkulesaufgabe, räumt der Manager ein. „Wir haben in der Gruppe rund 450 Mitarbeiter und bewegen Massen von bis zu 35.000 Tonnen am Tag“, sagt er. „Neben Standorten am Container-Terminal Horb und im Stuttgarter Hafen betreiben wir mehrere Steinbrüche und die einzige private Deponie im Regierungsbezirk.“
Wir bewegen jeden Tag bis zu 35.000 Tonnen
In einer Verwertungsanlage nahe Ulm wollen die Weilheimer künftig auch zurückgebaute Straßenbeläge recyceln. „Bei rund 600 Grad wird das Teer-Bitumen-Gemisch vollständig thermisch verwertet“, erklärt Czischek. „Zurück bleibt der mit über 90 Prozent größte Teil: Kies, Splitt und Sand, die dann in Primärrohstoffqualität wieder zur Verfügung stehen.“ Wird die Anlage wie geplant im kommenden Jahr genehmigt, kann sie 2029 in Betrieb gehen.
Freuen darf sich dann auch die Gemeinde, denn die freiwerdende Wärme fließt in ein Nahwärmenetz - Recycling auch auf energetischer Ebene.
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Walter Beck