Magazin Wirtschaft

Café und Couture

Die Schönaicher Unternehmerin Yvonne Morgenthaler kombiniert Café und Secondhandshop
Kaffee und Kuchen oder lecker frühstücken und dabei hoch­wertig aber auch nachhaltig schoppen – das klingt doch nach einem perfekten Freizeitvergnügen! Das Schöne: Das gibt es wirklich, und zwar in Schönaich im „Morgenthaler 2nd hand & Cafe“.
Der großzügige Laden in der Schwabenstraße bietet Platz für rund 7000 ­Kleidungsstücke. Gründerin Yvonne ­Morgenthaler ­präsentiert sie sorgfältig sortiert und einladend dekoriert an langen Stangen – direkt neben den Tischen jeder Größe für bis zu 40 Gäste, bei Events sogar 60. In einem Nebenraum kann man im „Himmelreich für Träume“ zwischen mehr als 200 Brautkleidern wählen.

Aus einem Supermarkt wird eine Shop-Café-Kombi

Wie großzügig das Ladenlokal ist, kann man ermessen wenn man weiß, dass hier früher ein Supermarkt war. So gibt es nicht nur genug Platz für Gäste und Ware, sondern auch für eine vollwertige ­Küche. Die erfüllt die Bedingungen für eine Gastro-Volllizenz, die es Morgen­thaler erlaubt, richtig zu kochen, wenn sich ­geschlossene Gesellschaften anmelden.
Hier entstehen auch die appetitlich aussehenden Kuchen, die die 45-Jährige täglich frisch anbietet, dazu das Frühstück am ­Wochenende und die australisch-neuseeländisch angehauchten Sandwiches, die auf der Karte stehen.

Australien-Fans kommen kulinarisch auf ihre Kosten

Die Rezepte dafür brachte Morgenthaler von ihrem Aufenthalt „down under“ mit, wo die ­gelernte Hotelfachfrau drei Jahre Land, Leute und Küche erforschte. Nach ihrer Rückkehr führte sie zwölf Jahre lang das Irish Pub in Böblingen. „Doch ich wollte aus der Nachtarbeit rauskommen“, erklärt sie den Wechsel.
Gastro ist ihre Berufung. Deshalb sollte es wieder etwas mit Gästen sein. Weil ihr Nachhaltigkeit wichtig ist, kam der ­Secondhand-Gedanke dazu. Der lag auch deshalb nahe, weil Morgenthaler „quasi im Secondhand-Laden aufgewachsen“ ist, wie sie erzählt. Ihre Mutter führt nämlich seit Jahrzehnten den„Kinder­laden“ in Herrenberg, der Familien mit „preloved“ Ware versorgt.
Nachhaltigkeit - da würde man meinen, dass vor allem umwelt- und preisbewussten Teens und Twens den Großteil der ­Besucher von „Morgenthaler 2nd hand & Cafe“ ausmachen. Tatsächlich sind es ­jedoch eher „Frauen zwischen 30 und 60, die Lust an Mode haben und ihren eigenen Stil suchen oder schon gefunden haben“, wie die Unternehmerin festgestellt hat.
Die Leute kommen regelmäßig, um ihre Garderobe durchzutauschen.
Ihre Zukunftsvision: „Die Leute kommen regelmäßig, um ihre Garderobe immer mal wieder durchzutauschen.“ Doch für viele der über 3000 Lieferantinnen ist ­Secondhand noch „eine Einbahnstraße“, erzählt Morgenthaler: „80 Prozent wollen nur etwas bringen aber nichts kaufen.“

Nur wer kauft darf auch liefern

Deswegen hat sie ein doppeltes Limit eingeführt: Neulieferanten dürfen 20 Teile bringen, alle anderen zehn – außer es handelt sich um Größen ab 42. Und man kann Ware nur noch in Kommission geben, wenn man auch etwas kauft.
Wichtig ist Morgenthaler auch, dass die Teile nicht nur einwandfrei, sondern auch hochwertig sind, „denn sonst lege ich drauf“, rechnet die Unternehmerin vor. Schließlich müsse sie jedes einzelne Stück sichten, einsortieren, registrieren, beschreiben, auspreisen, aufhängen und natürlich verkaufen oder bei Unverkäuflichkeit zurückgeben.

Die Kunden kommen aus einem Umkreis von 30 Kilometern

Der riesige Laden, die vielen Sitzplätze, zu denen im Sommer noch die Außengastronomie kommt: ein Wagnis! Zumal die Vorzeichen wirklich ungünstig waren: Als Morgenthaler 2020 eröffnen wollte, ­machte ihr Corona einen Strich durch die Rechnung und danach auch noch eine ­schwere Erkrankung. „Finanziell habe ich ganz schön Federn gelassen und drei Jahre lang mehr investiert als verdient“, seufzt sie, um dann aber nachzu­schieben: „Aber jetzt geht es langsam richtig los.“
Kundinnen aus einem Radius von 30 ­Kilometern zieht „Morgenthaler 2nd hand & Cafe“ an. Kein Wunder: Die Unternehmerin hat einen Ort geschaffen, der Mode, Genuss und Nachhaltigkeit harmonisch verbindet.
Dr. Annja Maga, Redaktion Magazin Wirtschaft für die Rubrik “Menschen&Ideen”.