Rückentraining wird Lifestyle
Wenn man die Egtive GmbH in Gingen/Fils besucht hat, geht man ein wenig gerader wieder nach Hause – und gefühlt ein paar Zentimeter größer. Das liegt an den Produkten, die das Startup entwickelt hat und nun fertigt: Sportboards, die mit wenig Platzbedarf in Büro oder Teeküche an der Wand befestigt werden und im Vorbeigehen zu kleinen Sporteinheiten auffordern. „Drei bis fünf Minuten reichen“, rechnet Gründer Frank Eger vor, „in der Zwischenzeit lassen Sie sich einen Kaffee heraus“.
Das Tolle: man spürt sofort einen Effekt
Der 49-Jährige führt auch gleich vor – und lässt mitmachen – wie die Übungen funktionieren: Man nimmt die auf dem mitgelieferten Poster aufgezeichnete Haltung ein und zieht dann an den vier straff gespannten Gummibändern oder drückt sie auseinander – je nachdem, welcher Teil des Rückens Kräftigung und Dehnung braucht, damit die Arbeit danach wieder flutscht. Das ist weder anstrengend noch schweißtreibend – maximal muss man kurz das Jackett ablegen. Das Tolle: man spürt sofort einen Effekt.
Die Übungen wurden von Egers Frau Vera entwickelt, die auch die Idee zu Egtive hatte. Sie ist Physiotherapeutin mit eigener Praxis. Täglich behandelt sie Patienten mit Rücken- und Nackenproblemen. Kurzfristig kann sie helfen, doch ein langfristiger Erfolg wird nur daraus, wenn man am Ball bleibt.
Frank Eger führt gern vor, wie sein Egtive-Board funktioniert.
Theoretisch ginge das auch im Büro. Schließlich hat wohl fast jeder so ein elastisches Gymnastikband in der Schreibtischschublade. „Das ist aber leider ziemlich uncool“, weiß Eger. Überhaupt ist ihm wichtig, dass das Board nicht nach Gesundheit aussieht, sondern eher wie ein Lifestyle-Möbel. Außerdem sollte es kompakt sein und simpel in der Bedienung. So war die Idee zu Egtive geboren, einem Wortspiel aus dem Familiennamen und „active“. „Wir sind so, wenn wir eine Chance sehen, wollen wir sie auch nutzen“, erzählt der Familienvater, warum er gleich an die Verwirklichung der Idee ging.
Dabei traf es sich gut, dass der Wirtschaftsingenieur nach einer langen Karriere in der Automobilindustrie die Nase voll hatte von den überlangen Arbeitstagen, den dienstlichen Anrufen im Urlaub und den zahlreichen Geschäftsreisen.
Von der Physio-Praxis auf Herz und Nieren getestet
Frank Eger designte das Board, wobei Form und Name auf seinen 13-jährigen Sohn zurückgehen, einen Snowboardenthusiasten. Vera Eger entwickelte die Übungen. Dann wurde das Board in der Physio-Praxis auf Herz und Nieren getestet und für gut befunden.
Als er sicher war, dass die Idee Potenzial hat, kündigte Eger seinen sicheren Job. „Ich war Projektmanager. Da habe ich Erfahrung gesammelt in Produktion, Qualitätssicherung, Logistik, Kunden- und Lieferantenansprache, das war eine gute Schule“.
Er baute das Untergeschoss seines Hauses zu einer Manufaktur mit Büro um. Das gesamte Equipment, das er für die Konfektionierung der Boards braucht, hat er dort untergebracht. Nur die Rohlinge lässt er in einer Möbelfabrik in der Nähe von Frankfurt pressen, fräsen, bohren und lackieren. Ab da übernimmt er den Rest selber.
Er baute das Untergeschoss seines Hauses zu einer Manufaktur mit Büro um. Das gesamte Equipment, das er für die Konfektionierung der Boards braucht, hat er dort untergebracht. Nur die Rohlinge lässt er in einer Möbelfabrik in der Nähe von Frankfurt pressen, fräsen, bohren und lackieren. Ab da übernimmt er den Rest selber.
Drei Minuten reichen. In der Zwischenzeit lassen Sie einen Kaffee heraus.
Sogar die Aufkleber gestaltet, plottet und montiert Eger (lasergestützt) selber. Das hat den Vorteil, dass sich die Beschriftung individualisieren lässt“, erzählt er und zeigt die Exemplare, die er gerade für den Deichmann Campus in Essen produziert.
Auf dem Markt gibt es nichts Vergleichbares
Seine Kunden findet Eger auf Messen, über Social Media und LinkedIn, über AOK-Gesundheitstage, aber auch per Kaltakquise. Das ist eine besondere Herausforderung, weil es nichts Vergleichbares auf dem Markt gibt und der Erklärungsbedarf entsprechend groß ist. Doch der Erfolg gibt dem Startup Recht. Nicht nur Unternehmen schaffen die Boards im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements an, sondern auch Sportvereine wie Frischauf Göppingen oder der Württembergische Tennisverband.
Eine weitere Idee hat das Unternehmerpaar auch schon: Sie soll Anfang 2026 auf den Markt kommen. Verraten wird noch nichts, aber man darf gespannt sein…
Dr. Annja Maga für Magazin Wirtschaft, Rubrik Rat&Tat