4 min
Lesezeit

Kältetechnik ist Wärmetransport
Zeitsprung: Veit Scholl erzählt die Geschichte der Christof Fischer GmbH, Kernen
In den 1920ern sah es so bei Kältetechnik Fischer aus.
Mein Urgroßvater Christof Fischer hat unser Unternehmen 1925 in Bad Cannstatt als Ingenieurbüro für Kälte- und Messtechnik gegründet – als One-Man-Show. Im Rahmen einer USA-Reise deutscher Ingenieure besuchte er die Firma Alco, einen Pionier der Kältetechnik, und er erwarb die Lizenz für die Herstellung und den Vertrieb der Produkte in Deutschland. Von der Reise gibt es sogar noch ein Foto: Darauf sieht man lauter bärtige Männer in schwarzen Anzügen auf einem Schiff.
Von Beginn an sind Handwerker die Kunden
Kältetechnik wurde damals vor allem in Brauereien und Schlachthäusern gebraucht. Allerdings verkaufte der Urgroßvater die Komponenten und Aggregate nicht direkt an die Endkunden, sondern an die Handwerker, die sie installierten. Das ist bis heute so geblieben: Wir sind ein Großhandel, unsere Kunden sind die Kälte-Klima-Fachleute.
Der Beruf ist in den 1950er Jahren entstanden und streng geregelt, wegen des Umgangs mit Chemikalien wie FKW. Nur circa 4000 zertifizierte Firmen gibt es in Deutschland. Der Markt ist also klein, was Fluch und Segen zugleich ist: Fluch, weil das Kundenpotenzial limitiert ist. Ein Schild rauszustellen „Heute frische Kälteanlagen“, würde deshalb nichts bringen und wäre sogar verboten. Segen, weil die Markteintrittsbarriere hoch ist.
„Wir liefern ab Losgröße Eins”
Auch das Internet müssen wir nicht grundsätzlich fürchten, weil wir neben den Produkten auch umfassende Dienstleistungen anbieten. Wir liefern ab Losgröße Eins, bieten umfangreiche technische Beratung, ausgefeilte Logistik und liefern auch individuell vormontierte und getestete Systeme. Statt viele Einzelteile unter Baustellenbedingungen zusammenzubauen, müssen die Handwerker die Anlagen dann nur noch anschließen und in Betrieb nehmen.
Und wir sind vor Ort – mit unserer Logistikzentrale in Fellbach und in 22 Niederlassungen in Deutschland, in der Schweiz und in Dänemark. Das ist wichtig, denn wenn in der Kühlung etwas kaputt geht, kann man nicht lange warten: wenn das Problem nicht schnell gelöst wird, drohen Warenschäden am Kühlgut oder Produktionsausfälle.
Bereits 1980 wurde das erste Computersystem eingeführt
Die Regionalisierung und Gründung unserer Niederlassungen war eines der Hauptthemen meines Vaters Peter Scholl-Fischer. 1963 war er seinem Onkel Günther Fischer nachgefolgt, der seit 1945 die Leitung innehatte. Vaters zweite große Leistung war, dass er schon 1980 ein erstes Computersystem einführte. Die Rechner waren damals noch mannshoch, aber in unserem kleinteiligen Geschäft ein großer Gewinn, der uns sehr nach vorn gebracht hat.
Ich bin 1988 nach einer Ausbildung zum Kälteanlagenbauer und einem BWL-Studium ins Geschäft eingestiegen und habe es noch zehn Jahre lang zusammen mit meinem Vater geführt. Meine Themen waren von Anfang an Wachstum und Internationalisierung. Heute beschäftigen wir 535 Mitarbeiter in der Gruppe und haben mehr als 20.000 verschiedene Produkte von über 400 Lieferanten aus der ganzen Welt im Angebot. Gerade diese schier unerschöpfliche Vielfalt macht uns für unsere Kunden so attraktiv.
Heute liegt der Fokus vor allem auf der Energieeffizienz und Nachhaltigkeit
In der Kältetechnik ging es im Ursprung immer darum, Wärme zu entziehen und da freizusetzen, wo sie nicht stört. Heute liegt der Fokus vor allem auf der Energieeffizienz und Nachhaltigkeit des Gesamtsystems durch sinnvolle Nutzung der Abwärme und den Einsatz umweltfreundlicher Kältemittel. Mit der Haustechnik in unserem Neubau hier in Kernen wollten wir zeigen, was maximal möglich ist und setzen eine hocheffiziente Wärmepumpe aus unserer eigenen Fertigung ein, die mit dem natürlichen Kältemittel Ammoniak betrieben wird. Wir nutzen Erdwärme und Wärme aus der Umgebungsluft und bestreiten einen Großteil des Strombedarfs aus einer großen Solaranlage auf dem Hallendach.
Schwaben, die wir sind, sind wir stets organisch und aus eigener Kraft gewachsen und haben über Generationen einen Großteil unserer Erträge in unsere Firma reinvestiert. Wir denken langfristig und werden dies auch in Zukunft mit Fokus auf angemessenes Wachstum, Stabilität und sichere Arbeitsplätze so halten.
Die 100-jährige Erfolgsgeschichte wird fortgesetzt
Es gibt auch eine fünfte Generation, die jedoch andere Wege geht. Darum habe ich vor zehn Jahren begonnen, das Unternehmen fit zu machen für die Führung durch familienfremdes Management. Außerdem haben die neun Familiengesellschafter ihre Anteile 2023 in Stiftungen eingebracht. Das war für Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten ein positives Signal, dass Fischer auch in Zukunft seine hundertjährige Erfolgsgeschichte fortsetzen wird – auch im aktuell sehr anspruchsvollen und dynamischen Umfeld.
Aufgezeichnet von Dr. Annja Maga für Magazin Wirtschaft, Rubrik Menschen&Ideen
Kontakt

Dr. Annja Maga