Regionalvermarktung "in a nutshell"
Rund um Stuttgart erstreckt sich das größte zusammenhängende Streuobstwiesengebiet Europas. Wo früher Obstbäume in dichten Reihen standen, klaffen heute zunehmend Lücken. Ein Verlust, nicht nur ökologisch, sondern auch kulinarisch, findet Anne Haugk-Nürnberger. Mit der Initiative „Die NussSammler“ will sie der Walnuss als regionalem Superfood neues Leben einhauchen.
Anne Haugk-Nürnberger bietet ihre Produkte in ausgewählten Regionalläden an.
Diese Idee kam der 39-jährigen gebürtigen Sächsin aus Liebe zur Region – und aus der Erkenntnis, dass trotz jährlich über 40.000 Tonnen Walnussimporten, vor allem aus Kalifornien, kaum jemand die heimische Nuss vermarktet. Dabei bietet die Walnuss in Zeiten des Klimawandels eine echte Perspektive: Sie gilt als robuster Klimabaum und gedeiht zunehmend besser in Deutschland.
Die Walnuss als Klimabaum und ungenutzter Schatz
Konkret wurde es für die Nuss-Enthusiastin und ihren Ehemann vor sechs Jahren mit 15 Bäumen im Remstal. Der Hain stand zum Verkauf, doch die aufwändige Pflege und Ernte schreckte viele ab. Beispielsweise müssen die herabgefallenen Nüsse im Oktober täglich per Hand aufgelesen werden, damit sie nicht schimmeln.
Trotzdem schlugen Anne Haugk-Nürnberger und ihr Mann ein – die Geburtsstunde der NussSammler. Seither ist die Walnuss als Produkt, Kulturgut und Zukunftsbaum ihre Mission. 2023 begannen sie, Walnüsse aus der Region um ihren Wohnort Herrenberg anzukaufen. „Wir wollen einen Marktzugang für Besitzer von Walnussbäumen schaffen“, erklärt Haugk-Nürnberger.
Vom Baum ins Glas: Kreative Produkte zur Saison
„Die Nachfrage nach regionalen, nachhaltigen Lebensmitteln ist groß. Es fehlt nur das passende Angebot“, weiß die geprüfte Fachwartin für Obst- und Gartenbau. Um die Walnuss auch außerhalb der Erntesaison attraktiv zu machen, setzen die NussSammler auf kreative Verarbeitung. Neben klassischem Walnussöl entstehen mit kleinen Manufakturen Nussmuse, saisonale Pesti mit heimischen Kräutern und Walnussmacarons. Auch vegane Alternativen wie Walnusshack – eiweißreich, fettreduziert und sojafrei – gehören dazu.
Doch auch die Verarbeitung ist aufwändig. Die Ernte wird bei den Lieferanten abgeholt, in einer „Lohnknackerei“ bei Backnang geschält und dann von Hand nachgelesen – in der Küche des Herrenberger Gemeindehauses. Erst danach wird das Öl in einer schonenden Stempelpresse gewonnen. Aus dem Presskuchen entstehen die saisonalen Spezialitäten.
Wissen weitergeben, Kultur erhalten
Weil sich die NussSammler nicht nur als Vermarkter verstehen, geben sie ihr Wissen in Fachvorträgen weiter – zu Sortenvielfalt, Pflege, Verarbeitung und Nutzung. Auch Familien und Kinder werden durch Mitmachaktionen frühzeitig ans Kulturgut Walnuss herangeführt.
Die Produkte der NussSammler sind nicht flächendeckend erhältlich, sondern gezielt auf ausgewählten Regionalmärkten oder in Partnerläden wie dem Regionalgeschäft Silberbrunnen in Tübingen oder im Pop-up-Store „Brycke“ in Stuttgart. Mehr wäre im Nebenberuf auch nicht zu leisten. Anne Haugk-Nürnberger arbeitet hauptberuflich als Senior Consultant in der Intralogistik, ihr Mann im Maschinenbau. Vor allem aber wollen sie authentisch und heimatverbunden bleiben – und so die Wertschätzung für lokal erzeugte Lebensmittel stärken.
Walter Beck für Magazin Wirtschaft, Rubrik Menschen & Ideen
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