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Eine saubere Sache
Die nächste größere Stadt ist Schorndorf, und dahin sind es auch an die 20 Kilometer: Ländlicher als in Kaisersbach-Cronhütten kann man in der Region Stuttgart kaum wohnen. „Aber wir wollen gar nicht so oft in die Stadt“, erklärt Kathrin Marotta. Die 36-Jährige kennt auch das Mainstream- Stadtleben, schließlich ist sie in Schorndorf aufgewachsen und hat „ganz old school“ das Bankgeschäft gelernt. Doch je länger sie dieses Leben führte, desto klarer wurde ihr, dass das nicht ihre Welt war. Hinzu kam der Stress, der ihre ohnehin vorhandenen Hautprobleme verschlimmerte.
Kathrin Marotta in ihrer Werkstatt in Kaisersbach
© IHK Region Stuttgart
Stress macht krank
Als ihr Mann 2006 seinen Meister in der Tasche hatte, gründete das junge Paar in Kaisersbach einen Zimmermannsbetrieb. Kathrin Marotta machte das Büro und war zusätzlich als Maklerin tätig. Doch der Stress wurde so nicht gerade weniger, Neurodermitis und Schuppenflechte auch nicht. Weil ihr die Schulmedizin nicht dauerhaft helfen konnte, fing sie an „mit Naturseife herumzuexperimentieren“.
Bald zeigten sich erste gesundheitliche Erfolge, die sich schnell bei Leidens-
genossen herumsprachen: „Immer mehr Leute wollten Seife bei mir kaufen“, erinnert sie sich. Zwei Kinder später beschloss Marotta, Bank und Immobilien endgültig gegen die Büroarbeit im Zimmermanns-
betrieb und die Seifensiederei zu tauschen.
genossen herumsprachen: „Immer mehr Leute wollten Seife bei mir kaufen“, erinnert sie sich. Zwei Kinder später beschloss Marotta, Bank und Immobilien endgültig gegen die Büroarbeit im Zimmermanns-
betrieb und die Seifensiederei zu tauschen.
Den Hausfrauen-Kosmos verlassenKathrin Marotta über ihre Rolle als Gründerin
Wobei die Seife zunächst ihr Hobby blieb. Doch nach dem großen Erfolg auf dem Weihnachtsmarkt 2018 beschloss sie zum Jahresbeginn 2019 den „Hausfrauen-Kosmos“ zu verlassen“ und ein Unternehmen zu gründen. Mit Erfolg: Schon im ersten Jahr sprengte der Umsatz die Kleinunternehmer-Grenze.
Kronseifen heißt das Unternehmen, benannt nach dem Dörfchen, in dem sich die Familie vor ein paar Jahren ein Fachwerkhaus aus dem 18. Jahrhundert gekauft hat. Im Souterrain hat Marotta ihre Siedeküche installiert, außerdem das Lager und einen stimmungsvoll-urigen Raum für ihre Kurse. Denn das Angebot umfasst nicht nur die Seifen selber, sondern auch Workshops, zum Beispiel als Teambildungsseminare für Firmen, für Junggesellinnenabschiede oder einfach für Interessierte.
Möglichst kleiner CO2-Fußabdruck und Bio-Qualität der Zutaten
Die Kunden findet „Kronseifen“ wie heute üblich über Facebook und Instagram. Doch auch die gute alte Mundpropaganda spielt eine wesentliche Rolle: „Ich habe eine Karte aufgehängt, auf der ich mit Stecknadeln die Bestelladressen markiere“, erzählt sie, „um jede Nadel bildet sich immer ganz schnell eine Art Spinnennetz“. Verschickt wird die Seife übrigens in Naturwolle verpackt, denn Marotta legt viel Wert auf einen möglichst kleinen CO2-Fußabdruck und auf die Bio-Qualität ihrer Zutaten.
Natürlich kann man die Produkte auch offline kaufen – vor allem in Bio- und Unverpacktläden und auf Märkten aller Art. Viele Patienten, wie Marotta ihre Kunden nennt, kommen aber persönlich vorbei, wenn sie freitagnachmittags ihre Manufaktur öffnet: „Sie wollen über ihre Hautprobleme reden oder einfach mal gesehen und ernst genommen werden“. Nicht wenige kämen direkt aus der Hautklinik zu ihr.
Probleme inspirieren zu neuen Rezepturen
Die Probleme, die sie schildern, inspirieren Marotta zu neuen Rezepturen. Wobei das gar nicht so einfach ist, wie die Gründerin erfahren musste: „Die Krux ist, dass alle Seifen nach EU-Kosmetikrichtlinie lizensiert werden müssen. Das kostet pro Rezept zwischen 900 und 1100 Euro.“ Wobei das Geld das eine ist, das andere ist der bürokratische Aufwand. Gerade wartet sie auf Unterlagen aus dem Oman, um den Weihrauch in der Seife „Wüstenkönigin“ zertifizieren zu lassen.
Vier Wochen muss eine gute Seife lagern, bis sie fertig ist: „Wie Champagner muss ich sie in der Zeit mindesten zehnmal in die Hand nehmen“, erzählt Marotta. Ihre Produkte sind deshalb auch teurer als Industrieseife: „Was sie kostet, kostet sie eben“. Der Bedarf sei da, denn das Bewusstsein für Ökologie und Qualität wachse und auch das Wissen, dass das nicht zum Nulltarif zu haben sei.
Und wie geht es weiter? „2020 ist das Jahr, in dem ich mir beweisen muss, dass es wirklich klappt“, sagt die junge Mutter, aber „da mache ich mir keine Sorgen“.
Dr. Annja Maga für Magazin Wirtschaft 4.2020, Rubrik Startup
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