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Notausgang für die Batterie
Auf den Straßen von Shanghai bis San Francisco und von Kapstadt bis Kornwestheim waren Ende des vergangenen Jahres gut neun Millionen vollelektrische Pkw unterwegs – alle mit Litium-Ionen-Akkus als Antrieb. Dass diese Kraftpakete nicht nur Autos emissionsfrei voranbringen, sondern manchmal auch gefährlich werden können, zeigen Berichte über – glücklicherweise seltene – Fahrzeugbrände.
Tatsächlich ist es nicht ohne, eine große Menge elektrischer Energie in eine Kunststoffkiste einzusperren, weiß Milko Konzelmann. Als Inhaber der Konzelmann GmbH in Löchgau (Kreis Ludwigsburg) hat er dafür gesorgt, dass der Lithium-Ionen-Akku künftig noch sicherer wird. Dafür ist sein Unternehmen im vergangenen Jahr mit dem Innovationspreis des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet worden.
Gasentwicklung sprengt den Akku
Die preisgekrönte Erfindung wirkt eher unspektakulär: Eine kreisrunde Scheibe, dünne Kunststoffmembran in Kunststoffrahmen. Vom Rand aus ragt ein pfeilförmiger Fortsatz in die Mitte. „Das ist unser neu entwickeltes Druckausgleichselement“, erklärt Milko Konzelmann. Es soll verhindern, dass das Batteriegehäuse unkontrolliert platzt, wenn darin wegen eines Funktionsfehlers Gas entsteht. „Da reden wir dann schon über Mengen von 300 Liter pro Sekunde“, sagt Konzelmann.
Natürlich gibt es auch jetzt schon Druckausgleichselemente. Auch sie funktionieren mit einer Membran. Wird der Druck in der Zelle zu hoch, presst er die Membran auf einen Dorn. Sie reißt, und das Gas wird kontrolliert abgelassen. „Geringe Druckschwankungen etwa durch Temperatur- oder Höhenunterschiede sind kein Problem“, so Dr. André Konzelmann, Schwiegersohn von Milko Konzelmann und designierter Nachfolger in der dritten Generation. „Die Membran ist gasdurchlässig, so dass kleine Mengen durch sie hindurch diffundieren.“
Und was ist am neuen Element besser? Es ist der kleine Plastikfortsatz, der den Unterschied macht. „Disruptor“ nennen ihn Konzelmanns. Er lässt die Membran bei zu hohem Überdruck reißen und tritt damit an die Stelle des konventionellen Dorns. Eine mehrteilige Komponente, die eigens vormontiert werden muss, wird durch ein einziges flaches Spritzgussteil ersetzt. „Das spart Platz und reduziert die Kosten“, erklärt Milko Konzelmann. Bereits in diesem Jahr soll das Bauteil deshalb in E-Autos eingebaut werden.
Geeignet für Sportwagen und Bagger
Das ist aber nicht der einzige Vorteil der im Wortsinn disruptiven Erfindung: Über Form und Länge des „Disruptors“ lässt sich viel genauer als bisher bestimmen, bei welchem Druck die Membran bersten soll. Und: Das Bauteil eignet sich auch für die neuen immersionsgekühlten Lithium-Ionen-Akkus, die in zwei bis drei Jahren auf den Markt kommen sollen. „Dabei geht es um Zellen mit sehr hoher Leistungsdichte, etwa für Sportwagen oder Bagger“, so André Konzelmann, der für die Entwicklung des Elements verantwortlich war.
Seit wir mit den Entwicklungen für Automatikgetriebe begonnen haben, ist es uns gelungen, rund vier PS Leistung herauszuholen
Etwas weniger als die Hälfte des Geschäfts macht Konzelmann mit der Automobilwirtschaft, der Rest entfällt auf die Medizintechnik und die Industrie, insbesondere den Maschinenbau. Für seine Kunden baut das 1960 gegründete Unternehmen mit seinen 260 Mitarbeitern Prototypen, montiert Baugruppen und übernimmt die Vormontage der Produkte. Dazu gehören etwa medizinische Infusionspumpen, aber auch verschleißarme Teile und Komponenten für Automobilgetriebe – hier hat Konzelmann ebenfalls eine lange Innovationsgeschichte. „Seit wir 1988 damit begonnen haben, ist es uns gelungen, bei Automatikgetrieben rund vier PS Leistung herauszuholen“, so der Juniorchef stolz.
Klar, dass man in Löchgau auch Pläne für die nahe Zukunft hat. Gearbeitet werde an neuen Dichtungen für Wasserstoffantriebe, lassen sich die Familienunternehmer entlocken. Vielleicht gibt es dann auch wieder einen Innovationspreis?
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Walter Beck