Magazin Wirtschaft

Booster für Rosen und Tomaten

Düngemittel können zum Problem werden – zum Beispiel dann, wenn sie zum Beispiel in das Grundwasser ausgeschwemmt werden. Mit Hilfe von Nanotechnik versucht die Firma B+H Solutions, eine umweltfreundlichere Alternative zu etablieren.
Mitarbeiter der B+H Solutions GmbH auf einem Feld
Hundert Milliliter fasst das braune Kunststofffläschchen, das Laura Wieler zwischen Daumen und Zeigefinger hält - so viel wie ein  Fläschchen Magenbitter. „Diese Menge reicht aus, um einen Hektar landwirtschaftliche Kulturen zu düngen“, sagt die promovierte Biologin von der B+H Solutions GmbH. Das wäre mehr als ein Fußballfeld.

Winzige Teilchen, riesige Oberfläche

Das Geheimnis dieser schier unglaublichen Ausbeute haben sich die Erfinder aus Remshalden-Geradstetten europaweit patentieren lassen. Das Fläschchen enthält Milliarden und Abermilliarden winziger Silberkörnchen, jedes kleiner als ein Zehntausendstel Millimeter. „Kolloidales Silber“ heißt das Gemisch im Fachjargon. „Weil die Nanopartikel so klein und so zahlreich sind, ist die Gesamtoberfläche aller Teilchen in der Suspension riesig“, erklärt Laura Wieler.
Entsprechend viele Stoffe können dort andocken - zum Beispiel Kalium, Stickstoffverbindungen, Eisen, Kupfer und andere Nährsalze, die Pflanzen zum Wachsen brauchen. Durch die Bindung an die Silberpartikel seien die Nährstoffe für die Pflanzen besser verfügbar, als wenn sie frei in einer herkömmlichen Düngerlösung auf Gemüsebeeten oder Blumenfeldern ausgebracht würden, so Wieler. Es  bestehe auch nicht die Gefahr, dass beispielsweise Ammonium oder Nitrat aus dem Boden ausgewaschen werden und das  Grundwasser belasten – ein großes Problem bei der konventionellen Düngung in der Landwirtschaft.
Gärtnereien in aller Welt setzen auf den Nano-Dünger aus Geradstetten
Gärtnereien in aller Welt setzen auf den Nano-Dünger aus Geradstetten © B+H Solutions GmbH
Doch damit nicht genug: Der Nanodünger stärkt laut B+H-Solutions die Gesundheit und Stressresistenz der Nutzpflanzen, so dass deutlich weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden müssen. „Einige unserer Kunden konnten sogar ganz auf Fungizide verzichten“, sagt Laura Wieler. Auch die Erträge seien messbar höher als bei üblicher Düngung. Lediglich den Pflanzennährstoff Phosphat müssen Gärtner und Landwirte noch auf herkömmlichem Weg zuführen, weil er sich von den Nanopartikeln zu schlecht löst.
Doch nicht alle Produkte des Unternehmens enthalten Silber. So bieten die Remstäler auch kolloidale Kupfer-, Eisen-, und  Mineraldünger an, die andere Nanopartikel, etwa auf der Basis des chemischen Elements Bor, enthalten.

Gelernt durch Versuch und Irrtum

Gegründet wurde B+H Solutions 2011 von Prof. Martin Heinisch und Elmar Buder. Beide haben ursprünglich nichts mit Chemie oder  Agrarwissenschaften zu tun: Heinisch ist Inhaber eines Bauingenieurbüros. Elmar Buder war Qualitätsmanager in der Industrie, kam aber über seinen Bruder, der einen landwirtschaftlichen Betrieb führt, mit der Düngeproblematik in Berührung. Zunächst testeten die Gründer kolloidale Düngemittel nach der Methode „Versuch und Irrtum“. Später gingen sie systematischer vor, finanzierten die Forschung aber weitgehend mit eigenem Geld.

Kunden von Ecuador bis Kasachstan

Heute hat B+H mehrere tausend Kunden in 80 Ländern von Ecuador bis Kasachstan. Auch der weltgrößte Rosenzüchter, De Ruiter in den Niederlanden, setzt auf den Nanodünger aus Geradstetten. Sechs Mitarbeiter arbeiten in der Remstäler B+H-Zentrale, die  Produktion ist an „einen Lohnhersteller in Deutschland“ vergeben. Seit neuestem werden auch Produkte für Privatanwender über  Gartenmärkte verkauft – denn die Nanodüngung hilft auch Geranien und Gummibaum.

Beliebt bei Blumenzüchtern

Dass Blumenzüchter unter den Kunden stark vertreten sind, erklärt Laura Wieler mit den Vorbehalten, die dem Einsatz der Nanotechnologie im Nahrungsmittelbereich manchmal begegnen. So ist kolloidale Düngung zum Beispiel nicht in der Biolandwirtschaft zugelassen. Für die Remstäler ist das nicht ganz nachvollziehbar, denn die Menge der Nanopartikel, die auf Ackerflächen ausgebracht werden, sei minimal. Ungleich größer sei der Nutzen durch die verbesserte Pflanzengesundheit. Diese reduziere den Einsatz von Pestiziden und sorge dadurch letztlich dafür, dass die Tomaten und Radieschen nicht mehr mit nachweislich problematischen Substanzen belastet sind.