„Wenn es die IHKs und AHKs nicht schon gäbe, müsste man sie jetzt erfinden”

Ein Interview mit IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Guido Glania

Herr Glania, Mitte 2018 haben Sie die Hauptgeschäftsführung der IHK Karlsruhe übernommen. Im kommenden Jahr steht bei Ihnen ein beruflicher Wechsel an. Wie bewerten Sie Ihre Dienstzeit?

Es hat Spaß gemacht, die IHK Karlsruhe in diesem Zeitraum mitzugestalten. Wir haben einen großen Digitalisierungsschub unternommen und auch die Führungs- und Kommunikationskultur massiv verändert. Mir war es wichtig, zwischen allen Hierarchieebenen einen ehrlichen und konstruktiven Austausch auf Augenhöhe zu kultivieren. Denn dies ist die Grundlage für die Lern- und Veränderungsfähigkeit einer Organisation. Das alles war schon ein großes Change-Management-Programm, das wir insgesamt erfolgreich bewältigt haben.

Seit Anfang 2020 bis in dieses Frühjahr hinein herrschte mit Corona ein Ausnahmezustand, der die Mitglieder der IHK und natürlich auch die IHK selbst stark gefordert hat. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Die Corona-Maßnahmen waren natürlich ein schmerzhafter Einschnitt in die Wirtschaft, besonders in Branchen, die vorher schon stark unter Arbeitskräftemangel und Konkurrenz durch Onlineangebote gelitten haben. Die Wirtschaft in unserer Region hat sich insgesamt als robust erwiesen, aber jede coronabedingte Geschäftsaufgabe war bitter.
In den IHKs mag man besonders gründliche Vorbereitung und langfristige Planung. Die Coronakrise traf uns völlig überraschend. Wir haben innerhalb von 48 Stunden unsere gesamte Arbeitsweise umgestellt und innerhalb weniger Tage eine neue Mammutaufgabe, nämlich die Abwicklung des Antragsverfahrens der Corona-Soforthilfe, in Angriff genommen. Dies hat gezeigt, dass unsere Mitarbeitenden Improvisationstalent besitzen und auch bei neuen Aufgaben ein hohes Tempo auf die Straße bringen können. Das haben uns so manche gar nicht zugetraut.

Was macht die IHK jetzt anders als vor Corona?

Wir sind alle viel digitaler geworden. Videokonferenzen und virtuelle Veranstaltungen gehören zu unserem Arbeitsalltag. Gleichzeitgig wissen wir die Präsenzformate, sei es bei Beratungen, Gremien oder Matchingveranstaltungen viel mehr zu schätzen als vorher. Und gerade diese Vor-Ort-Formate zeichnen die IHK besonders aus.
Gleichzeitig arbeiten wir seit Corona noch intensiver mit den Gemeinden und Gewerbevereinen zusammen, um Konzepte für attraktive Innenstädte zu entwickeln. Die meisten Akteure in den Innenstädten haben durch Corona erkannt, dass sie in einem Boot sitzen und nur gemeinsam ein attraktives Umfeld gestalten können. Die Zukunftssicherung der Innenstädte erfordert einem langen Atem. Wir sind bereit und in der Lage, diesen Weg auch langfristig zu unterstützen.

Im August wurden die IHKs Opfer einer Cyberattacke. Welche Konsequenzen werden daraus gezogen?

IT-Sicherheit war bereits vor der Cyberattacke in der IHK-Organisation ein wichtiges Thema. Aber natürlich erhält IT-Sicherheit jetzt eine ganze neue Dimension. Alle Mitarbeitenden in sämtlichen IHKs wissen jetzt: IT-Sicherheit ist nicht nur wichtig, sondern überlebenswichtig. Uns ist vor Augen geführt worden: Die gemeinschaftliche Digitalisierung der bundesweit 79 IHKs kann nur dann gelingen, wenn wir auch gemeinschaftlich sehr hohe Sicherheitsstandards haben. Wir in Karlsruhe haben in den letzten Monaten zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um uns vor solchen Vorfällen in Zukunft noch besser zu schützen.

Welche Herausforderungen werden in den kommenden Jahren auf die IHK-Organisation zukommen?

Die Politik belastet die Wirtschaft mit immer mehr Regeln und Auflagen. So kommen zum Beispiel aus dem Umwelt- und Klimaschutz immer neue Anforderungen auf die Betriebe zu. Der Fachkräftemangel wird sich noch weiter zuspitzen und jeder Betrieb muss einen Weg finden, die richtigen Menschen zu gewinnen und zu halten. Unsere international aktiven Mitglieder stehen vor Herausforderungen: Internationale Lieferketten müssen neu geordnet und robuster werden. Außerdem gilt es, Marktchancen und Standorte neu zu bewerten.
Bei all diesen Herausforderungen sind KMUs auf sich allein gestellt schnell überfordert. Sie brauchen passgenaue Information, kompetente Beratung und mehrwertbringenden Austausch. Die IHKs bieten genau das. Unser Ansatz ist: Gemeinsam sind wir stärker.
Und durch das Netz der deutschen Auslandshandelskammern (AHKs) erhalten unsere Unternehmen auch auf allen wichtigen Märkten vor Ort kompetente Unterstützung. Dieses starke Tandem von IHKs und AHKs ist einmalig in der Welt. Wenn es die IHKs und AHKs nicht schon gäbe, müsste man sie angesichts der Herausforderungen, die vor uns liegen, jetzt erfinden.
„Herr Glania hat die IHK Karlsruhe mit großer Gestaltungskraft modernisiert und genießt sowohl im Ehrenamt als auch bei den Beschäftigten großen Respekt. Auch wenn der Abschied von Herrn Glania noch nicht heute ansteht, ist es mir wichtig, ihm für seine erfolgreiche Arbeit schon jetzt zu danken.“ 
IHK-Präsident Wolfgang Grenke

Neuer IHK-Hauptgeschäftsführer

Präsidium spricht sich für Dr. Arne Rudolph aus

Nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens für die Nachfolge von Dr. Guido Glania hat das Präsidium der IHK Karlsruhe einstimmig entschieden, den derzeitigen stellvertretenden Hauptgeschäftsführer, Dr. Arne Rudolph, der Vollversammlung als neuen Hauptgeschäftsführer vorzuschlagen. Präsident Wolfgang Grenke: „Dr. Arne Rudolph verfügt über hervorragende Kenntnisse der Region, eine gute regionale und bundesweite Vernetzung und ein Gespür für wichtige Themen. Er ist seit 13 Jahren für die IHK Karlsruhe tätig und kennt die Kammer damit sehr genau. Das Präsidium ist sich sicher, dass es ihm gelingen wird, die vielfältigen Herausforderungen zu bewältigen und für die Unternehmen in dieser schwierigen Zeit ein kompetenter Ansprechpartner zu sein.“
Dr. Rudolph ist promovierter Jurist und Master of Business Law and Taxation. Nach dem Vorschlag des Präsidiums soll der 47-jährige in der Vollversammlung am 10. November gewählt werden und die hauptamtliche Führung der IHK Karlsruhe zum 1. Januar 2023 übernehmen.