Nachhaltiges Bauen

Vielfältig wie die Natur

Begrünte Bauwerke bringen Farbe in graue Betonstädte. Abgesehen von der Optik beeinflussen sie aber vor allem auch das Kleinklima positiv, absorbieren Schadstoffe, schlucken Schallwellen und bieten Lebensräume für Pflanzen und Tiere. Ähnliches gilt für Wildblumenwiesen in den Innenhöfen, Insektenhotels oder Streuobstwiesen. Der Erhalt der Biodiversität ist eine elementare Voraussetzung für Erfolge beim Klimaschutz und bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels.
Nachhaltiges Bauen ist dabei natürlich mehr als grüne Fassaden. Ein wesentlicher Fokus liegt darauf, den Energieverbrauch durch effiziente Gebäudeplanung und den Einsatz von energiesparenden Materialien und Technologien zu reduzieren. Zusätzlich zielt nachhaltiges Bauen aber tatsächlich auch darauf ab, den Einsatz nicht erneuerbarer Ressourcen zu minimieren, indem recycelte Materialien verwendet und langlebige Konstruktionen bevorzugt werden, die weniger Abfall verursachen und Ressourcen verbrauchen.
Sozial nachhaltiges Bauen berücksichtigt auch die Bedürfnisse der Gemeinschaft, indem es eine gute Integration in die Umgebung fördert, barrierefreie Zugänge schafft und die lokale Wirtschaft unterstützt. Letztlich geht es beim nachhaltigen Bauen darum, eine Balance zwischen den Bedürfnissen der Menschen, der Umwelt und der Wirtschaft zu finden.

Naturnahe Firmengelände verbessern das Mikroklima

Das NABU-Projekt „UnternehmensNatur“ verrät fünf Tipps, wie das gelingt

Tipp 1: „Coole“ Flächen durch Entsiegelung

Der Hitzeentwicklung vorzubeugen, gelingt am besten durch möglichst viele (teil-)entsiegelte, begrünte Flächen. So lassen sich und PKW-Stellplätze und Feuerwehrumfahrungen auch mit Rasengittersteinen oder Schotterrasen gestalten. Dort wachsende Pflanzen verdunsten Niederschlagswasser und verbessern so das lokale Mikroklima. Großkronige Bäume auf dem Gelände werfen zusätzlich flächig Schatten und wirken einer Aufheizung von unvermeidbaren Asphaltflächen entgegen.

Tipp 2: Multitalent Fassadenbegrünung

Vertikales Grün an Fassaden verschattet und kühlt das Gebäude, reinigt die Luft und reduziert Lärm. Gleichzeitig ist der grüne Mantel ein Biotop in sich. Wenn die Gewöhnliche Waldrebe blüht, finden Insekten Pollen und Nektar. Im dichten Laub des Wilden Weins können Vögel nisten.

Tipp 3: Dachbegrünung und PV – geht das?

Ja, klar! Hoch oben bieten Dächer viel Fläche für Sedum, Wildblumenwiesen oder Stauden. Die Kombination mit Photovoltaik-Anlagen ist nicht nur möglich, sondern sinnvoll. Die Unterpflanzung der Paneele kühlt die Umgebungstemperatur, was den Wirkungsgrad der Anlage an heißen Tagen verbessert. Zudem erfüllt eine Dachbegrünung eine wichtige Dämmfunktion, sodass während heißer Sommer und kalter Winter an der Gebäudeklimatisierung gespart werden kann.

Tipp 4: Heimische Wildstauden trotzen Trockenheit

Kuhschelle in der Sonne oder Klebriger Salbei im Schatten – für jeden Standort gibt es geeignete heimische Pflanzen. Sie trotzen Frost im Winter, aber auch Trockenheit im Sommer und brauchen weniger Wasser. Gleichzeitig bieten sie Pollen sowie Nektar für Insekten und Sämereien für Vögel.

Tipp 5: Firmengelände als sichere Adresse für Tiere

Wenn ein Firmengelände naturnah gestaltet wird, sollten auch Gefahrenquellen für tierische Besucher entschärft werden: Vogelschutzfolien vermeiden, dass Vögel mit Glasscheiben kollidieren. Mit warmem, gezielt nach unten gerichtetem Licht mit maximal 3.000 Kelvin verhindert man, dass Insekten angelockt werden. Bewegungsmelder oder Zeitschaltuhren sorgen zumindest temporär für Dunkelheit. Für Igel und Amphibien stellen Schächte, Teiche mit steilen Ufern und Regenwassertonnen eine Gefahr dar. Abhilfe schaffen Ausstiegshilfen.
Das Projekt „UnternehmensNatur“ wird gefördert durch das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft und berät Unternehmen in Baden-Württemberg kostenfrei und unverbindlich zu naturnaher Gestaltung.

Best-Practice

dm-dialogicum - Nachhaltigkeit und soziale Aspekte

Das moderne dm-dialogicum in Karlsruhe-Durlach verkörpert die Philosophie von Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung. Der wabenförmige Bau und das natürliche Licht durch 12.700 Quadratmeter Glasfläche schaffen eine angenehme Arbeitsatmosphäre. 338.000 Recyclingziegel an den Fassaden, begrünte Innenhöfe und das mit Obstbäumen bepflanzte Parkhausdach, zeichnen das Gebäude stilistisch aus.
Neben der offen gestalteten Architektur wurden zahlreiche Aspekte des nachhaltigen Bauens berücksichtigt. Für eine zukunftsfähige und effiziente Energieversorgung sorgen auf dem Dach installierte Fotovoltaikanlagen (optional) mit 229 Kilowattstunden Leistung und ein Anschluss ans umweltfreundliche Fernwärmenetz zum Beheizen des Gebäudes.
Eine besondere Eigenschaft des dm-dialogicums ist die dm eigene Zertifizierung der Raumluftqualität, die in Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro IKL aus Karlsruhe entwickelt wurde. Diese Zertifizierung bescheinigt eine schadstoffarme Bauweise und sorgt somit für eine gesunde Arbeitsumgebung. Dank modernster Belüftungssysteme und der Verwendung nachhaltiger Baumaterialien erfüllt das dm-dialogicum höchste Standards in Bezug auf Raumluftqualität. Dies wirkt sich unmittelbar auf das Wohlbefinden und die Gesundheit der Mitarbeitenden aus. Eine verbesserte Luftqualität schafft eine angenehme Arbeitsumgebung, in der sich die Mitarbeitenden wohl fühlen und produktiv arbeiten können.
Das dm-dialogicum ist nicht nur ein Ort des Dialogs und der Innovation, sondern auch ein speziell und ganzheitlich an die Bedürfnisse der Mitarbeitenden ausgerichteter, moderner Arbeitsplatz. Die Philosophie von Nachhaltigkeit sowie Ideen sozialer Verantwortung und einer neuen Arbeitswelt flossen allesamt in das Gebäude ein und ließen das dm-dialogicum zu dem inspirierenden Unternehmenssitz werden, der es heute ist.

Philosophie des dm-dialogicums

Im Wort „Dialog“ steckt der Begriff „Logos“. Der Mensch ist „das Lebewesen, das einen Logos hat“ (Aristoteles). Logos steht für das Denken, welches die Sinnperspektiven erschließt, die den Menschen mit der Welt verbinden.
Ein „Dialog“ beschreibt die Begegnung zwischen denkenden, erkenntnis- und handlungsfreudigen Menschen. Dialog ist ein Denken, das die denkenden Menschen verwandelt und eben dadurch auch zur Humanisierung der Ökonomie beiträgt – und dies in einer Welt, die gerade die Menschlichkeit des Menschen immer wieder vor neue Herausforderungen stellt.
Infos unter www.dm.de.

evohaus GmbH

Neue Maßstäbe mit Baumaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen

„Das Energiethema haben wir auf einem Top-Level weitestgehend gelöst“, sagt Heinz Hanen sichtlich zufrieden. Doch das reicht dem innovativen Quartiersplaner und Geschäftsführer der Karlsruher evohaus GmbH noch lange nicht. „Wir müssen noch wesentlich mehr beim Bauen ändern, und zwar jetzt“, verlangt der Architekt.
Im badischen Ötigheim entsteht gerade das jüngste evohaus-Quartier mit rund 108 Wohnungen und Einfamilienhäuser. Zum ersten Mal wird das Unternehmen so genannte pflanzenbasierte Baumaterialien als Ersatz für fossile Rohstoffe nutzen und dadurch signifikant Treibhausgasemissionen bereits bei der Erstellung der Häuser vermeiden.
Zum Bau des Ötigheimer „Quartier am Federbach“ werden Kalksteine aus Hanf oder Miscanthus (Chinaschilfgrass) zur Dämmung eingesetzt. Diese ungewöhnlich robusten Baustoffe, Lebensdauer über 100 Jahre, weisen eine überragende Ökobilanz auf und entlasten die Umwelt als CO2-Speicher. 100 kg Faserkalkstein speichern ca. 75 kg CO2. Außerdem kann er zu 100 Prozent kompostiert oder wiederverwendet werden. Ein Meilenstein für die Bauindustrie auf ihrem Weg zu einer Kreislaufwirtschaft.
Hanf- und Miscanthuskalksteine können für die Bauwirtschaft an Bedeutung gewinnen. Sie haben zahlreiche Vorteile gegenüber anderen Materialien. Sie sind feuchtigkeits- und temperaturregulierend, schimmelresistent, diffusionsoffen, schallabsorbierend, sehr schwer entflammbar und leicht zu verarbeiten.
Mit dem Einsatz der neuen Bio-Baumaterialien setzt evohaus einmal mehr neue Maßstäbe beim ökologischen, nachhaltigen Bau von Wohnquartieren. Hanen will in den kommenden Jahren den Einsatz nachwachsender Rohstoffe weiter steigern. „Wir müssen auch hier schneller und konsequenter werden“, sagt er.
Während es in einigen europäischen Ländern für die Verwendung von Bio-Bausteinen bereits einschlägige Normvorschriften gibt, fehlen diese in Deutschland. Deshalb werden diese Baumaterialien nur sehr zögerlich verwendet. „Wir brauchen hier dringend Rechtssicherheit, mindestens eine politische und administrative Absicherung“, fordert Hanen. Petra Jung-Erceg, die Koordinatorin Strategieentwicklung bei der TechnologieRegion Karlsruhe sieht auch große wirtschaftliche Chancen: „Wir sollten die Bioökonomie als viertes wichtiges Standbein der Wirtschaft in der TRK ausbauen“
Infos unter www.evohaus.com oder Telefon 07211838910

Projekt des KIT - Holz trifft Stahl

Holz als nachwachsender Baustoff könnte dabei helfen, herkömmliche CO₂-intensive Rohstoffe zu ersetzen. Um große Gebäude in Holzbauweise zu realisieren, sind jedoch meist sehr große Bauteilquerschnitte erforderlich. Im Projekt HoStaBau haben Forschende des KIT nun Holz mit Stahl kombiniert. So könnten die erforderlichen Querschnitte deutlich reduziert und die Werkstoffe Holz und Stahl entsprechend ihrer jeweils vorteilhaften Eigenschaften synergetisch und effizient eingesetzt werden.
Die Forschenden haben einen klebtechnischen Verbund zwischen den Materialien hergestellt und über 30 solcher hybriden Biegeträger mit einer Spannweite von 2,4 Metern experimentell untersucht. „Indem wir die Werkstoffe so kombiniert haben, konnten wir die Biegetragfähigkeit um bis zu 120 Prozent und die Biegesteifigkeit um bis zu 250 Prozent gegenüber einem reinen Holzträger steigern“, sagt Peter Haase von der Versuchsanstalt für Stahl, Holz und Steine des KIT.
Bisher gelte Holz als unendlich verfügbare Ressource. In der Realität ist die vorhandene Holzmenge jedoch begrenzt. Um künftig mehr Gebäude aus diesem Material zu realisieren, müsse der Holzverbrauch pro Gebäude reduziert werden. „Verbinden wir Holz und Stahl, sparen wir Material und können gleichzeitig die positiven Eigenschaften beider Baustoffe gezielt nutzen und die Schwächen des jeweils anderen ausgleichen“, so Haase. Als energieintensiver Rohstoff müsse Stahl optimal genutzt werden. In Hybridbauteilen könne er dort zum Einsatz kommen, wo er am stärksten beansprucht werde.
Das Projekt „Holz-Stahl-Hybridbauweisen am Beispiel biegebeanspruchter Tragelemente“ (HoStaBau) wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert.
Infos unter www.kit.edu/kit/202405-effizientes-bauen-holz-trifft-stahl.php

InZiBau - Zirkuläres Bauen

Der Bausektor ist der größte Verbraucher von Ressourcen in Deutschland. Im Jahr 2021 wurden allein für diesen Sektor rund 75 Prozent der abgebauten, nicht nachwachsenden Rohstoffe in Deutschland benötigt . Der Sektor bietet auch den größten Hebel für die Einsparung von Ressourcen und der mit Ressourcenabbau verbundenen Eingriffe in die Natur sowie ein erhebliches Potential für die Reduzierung von Treibhausgas-Emissionen.
Eine dauerhafte und effiziente Nutzung von Ressourcen im Bau lässt sich durch das Schließen der Material- und Produktkreisläufe - Zirkuläres Bauen - erreichen. Seit der Verabschiedung des EU-Circular Economy Action Plan im Jahr 2020 ist ein Wandel vom linearen hin zum zirkulären Wirtschaften europäischer Konsens. Dieser wurde durch rechtliche, europäische Vorgaben wie das im November 2023 in die EU-Taxonomie ergänzend aufgenommene Ziel der Transformation zur Kreislaufwirtschaft und die im April 2024 verabschiedeten Novellierungen der Bauproduktenverordnung und der Gebäuderichtlinie konkretisiert.
Die praktische Umsetzung Zirkulären Bauens, beispielsweise die Nutzung von rezyklierter Gesteinskörnung im R-Beton oder die Wiederverwendung von Bauprodukten wie Türen oder Bodenbelägen, erfordert zusätzlich zu rechtlichen Änderungen auch eine Transformation der Planungs-, Bau- und Nutzungsprozesse sowie die Erweiterung der ursprünglich linearen Nachhaltigkeitsbewertungssysteme.
Um die Teilhabe an der notwendigen Transformation zu erleichtern, hat die Landesregierung Baden-Württemberg im Jahr 2022 das „Innovationszentrum Zirkuläres Bauen“ (InZiBau) eingerichtet. Das InZiBau an der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) versteht sich als Plattform für Vernetzung und Information zum Zirkulären Bauen. Herbst 2024 auch die geplante Veröffentlichung „Leitfaden Zirkuläres Bauen“. Bei Fragen und Anregungen können sich Akteure aus Verwaltung, Wirtschaft, Forschung und interessierten Fachkreisen gerne per E-Mail an InZiBau@lubw.bwl.de wenden.
Quellen: Umweltbundesamt, Europaparlament