KI im Mittelstand
Die hohe Präsenz von immer neuen Werkzeugen und Anwendungsbereichen der künstlichen Intelligenz (KI) schafft vielversprechende Möglichkeiten. Längst ist sie in Form von Chatbots, automatischer Bilderkennung oder als Prozessautomatisierung Teil des wirtschaftlichen Alltags. Gleichzeitig schrecken viele Unternehmen vor den potenziell hohen Anfangsinvestitionen zurück. Dabei ist mit dem richtigen Vorgehen ein pragmatischer, schrittweiser Einstieg in KI-Lösungen sehr gut möglich.
Schritt 1: Die häufigsten Missverständnisse ausräumen
Neue Technologien werden bei ihrer Einführung oft mit bestimmten Stereotypen in Verbindung gebracht. Das erschwert einen offenen und konstruktiven Umgang mit ihnen. Das ist bei KI nicht anders. So hält sich beispielsweise hartnäckig die Annahme, dass sie nur mit riesigen Datenmengen funktioniert. Dabei gibt es längst praxiserprobte Anwendungen mit kleineren, strukturierten Datensätzen, etwa zur Texterkennung oder zur Einordnung von Produktdaten. Eine andere Annahme ist, dass KI in großem Stil Mitarbeitende ersetzen wird. Zwar ist es richtig, dass viele Routinetätigkeiten durch Automatisierung und KI übernommen werden können. Wenn es jedoch um wertschöpfende Tätigkeiten geht, bleiben diese oft Menschen vorbehalten oder es wird eine ergänzende Kombination aus technologischen und menschlichen Fähigkeiten genutzt. Deshalb ist es wichtig, Vorbehalte und Sorgen zunächst konstruktiv zu adressieren und kommunikativ auszuräumen.
Schritt 2: Voraussetzungen klären
Der Einsatz von KI ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Dies betrifft keinesfalls nur die technologische Ebene, die beispielsweise den Datenzugang oder die IT-Infrastruktur mit Cloud und lokalen Systemen umfasst. Mindestens genauso wichtig ist eine klare Zielvorstellung, die definiert, welche Verbesserungen durch KI erreicht werden sollen. Die Lösungen müssen zum Geschäftsmodell des Unternehmens passen und von den Mitarbeitenden mitgetragen werden. Deshalb beginnt eine gute KI-Strategie nicht mit der Bewertung von Technologien und Tools, sondern mit einer seriösen betriebswirtschaftlichen Potenzialbetrachtung. Einfache Checklisten helfen dabei, die Entwicklungsstufe des Unternehmens zu ermitteln, und geben Hinweise darauf, wie die „KI-Reise” weitergehen sollte.
Schritt 3: Voraussetzungen schaffen
Die meisten Unternehmen können abseits von (teuren) Standardangeboten wie Microsoft Copilot, DeepL, HubSpot oder Manychat keine KI-Anwendung aus dem Stand aufsetzen oder gar in Betrieb nehmen. Die Marketing-Sprache der Anbieter wirkt zudem oft verwirrend und es werden viele Versprechungen gemacht. Täglich wiederkehrende Prozesse oder z. B. häufige Probleme mit den Lieferketten können als Ansatzpunkte dienen, die wirklich ertragreichen Anwendungsfälle für KI zu finden. Erst wenn der Nutzwert bestimmt wurde, sollten Lücken bei den eigenen Kompetenzen, z. B. bei wesentlichen KI-Grundlagen wie dem Datenmanagement oder der Dateninfrastruktur, geschlossen werden.
Schritt 4: Einen Piloten bauen
Aus der Menge der möglichen KI-Anwendungsfälle muss jener mit dem besten Verhältnis zwischen Kosten (Zeit und Aufwand) und Nutzen gewählt werden. Das Ziel ist eine Pilotanwendung, mit der sich die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes bestätigen oder widerlegen lässt. Es geht darum, das Problem aus der Sicht der Möglichkeiten einer KI (z. B. Texterkennung, Prognose, Klassifikation) zu verstehen und in einer einfachen Testumgebung zu lösen. An dieser Stelle sollte auf Software-as-a-Service zurückgegriffen werden, um das finanzielle Reisiko im Falle eines Scheiterns gering zu halten. Der Test erfolgt dann in einem abgegrenzten Teilbereich der etablierten Prozesse, also z. B. für eine Teilstrecke der Lieferkette des Unternehmens.
Schritt 5: KI-Nutzung ausweiten
Wenn der Pilot erste positive Ergebnisse liefert, gilt es, die Anwendung gezielt weiterzuentwickeln. Zunächst steht die Bewertung an: Hat die Lösung tatsächlich das gehalten, was sie versprochen hat? Entscheidend sind hier nicht nur technische Kennzahlen, sondern messbare Wirkungen auf Qualität, Effizienz oder Kosten. Auch Rückmeldungen aus dem Alltagseinsatz helfen, Stärken und Schwächen der Lösung besser einzuordnen.
Fällt die Bilanz positiv aus, kann die Anwendung auf andere Abteilungen, Prozesse oder Produktbereiche ausgeweitet werden. Dies sollte schrittweise erfolgen und eng mit der Fachseite abgestimmt sein, um Reibungsverluste zu vermeiden. Gleichzeitig sollte das im Pilotprojekt aufgebaute Wissen im Unternehmen verankert werden. Dazu kann man Mitarbeitende in drei Rollen einteilen: „Beobachter“, die verstehen wollen, was mit KI möglich ist; „Anwender“, die KI aktiv in ihrer täglichen Arbeit nutzen; und „Entwickler“, die das nötige Know-how besitzen, um bestehende KI-Lösungen anzupassen oder neue Use Cases zu identifizieren. So entsteht nach und nach eine lernende Organisation, in der Künstliche Intelligenz nicht als Fremdkörper, sondern als Werkzeug im Alltag verankert ist.
Fällt die Bilanz positiv aus, kann die Anwendung auf andere Abteilungen, Prozesse oder Produktbereiche ausgeweitet werden. Dies sollte schrittweise erfolgen und eng mit der Fachseite abgestimmt sein, um Reibungsverluste zu vermeiden. Gleichzeitig sollte das im Pilotprojekt aufgebaute Wissen im Unternehmen verankert werden. Dazu kann man Mitarbeitende in drei Rollen einteilen: „Beobachter“, die verstehen wollen, was mit KI möglich ist; „Anwender“, die KI aktiv in ihrer täglichen Arbeit nutzen; und „Entwickler“, die das nötige Know-how besitzen, um bestehende KI-Lösungen anzupassen oder neue Use Cases zu identifizieren. So entsteht nach und nach eine lernende Organisation, in der Künstliche Intelligenz nicht als Fremdkörper, sondern als Werkzeug im Alltag verankert ist.
Fazit: Der KI-Einstieg ist machbar – auch für den Mittelstand
Für kleine und mittlere Unternehmen braucht es keine umfassende High-End-Lösung, um von Künstlicher Intelligenz zu profitieren. Entscheidend ist ein klarer, praxisnaher Einstieg, der sich an den eigenen Herausforderungen orientiert – nicht an abstrakten Technologietrends. Wer gezielt dort ansetzt, wo Zeit verloren geht oder Prozesse stocken, kann mit überschaubarem Aufwand spürbare Verbesserungen erzielen. Angebote der IHK, Förderprogramme wie der KI-Transfer-Hub oder Kooperationen mit Hochschulen oder Tech-Start-ups bieten weitere Unterstützung. Schritt für Schritt lässt sich so ein Verständnis für den Nutzen von KI im eigenen Betrieb entwickeln – mit klarem Mehrwert
Christof Niemann-Mall, Unternehmensberater, Medienwissenschaftler und Soziologe. In seinem Buch “Data Business - Das 851-Milliarden-Geschäft” schildert er unter anderem, wie digitale Transformation und eine wertsteigernde Datennutzung auch für mittelständische Unternehmen gelingt.
Christof Niemann-Mall, Unternehmensberater, Medienwissenschaftler und Soziologe. In seinem Buch “Data Business - Das 851-Milliarden-Geschäft” schildert er unter anderem, wie digitale Transformation und eine wertsteigernde Datennutzung auch für mittelständische Unternehmen gelingt.
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Claudia Nehm
IHK Karlsruhe
Bereich Kommunikation
Presse, Chefredaktion WIMA, Vereinbarkeit von Beruf und Familie