Zeitsprung

Vetter hat einfach alles

Zeitsprung: Ein Leichtathlet mit Warenwirtschaftssystem im Kopf
Geschäftsführer Friedemann Vetter über die Geschichte der Eisen Vetter GmbH in Urbach
Mein Großvater Eugen Vetter hat das Geschäft 1948 gegründet. Damals war die Not groß, so viel war zerstört, und die Menschen brauchten dringend Material, um ihre Häuser und Höfe in Stand zu setzen und zu halten. Als Urbächer eröffnete er das Geschäft hier am Ort in der Gartenstraße, wo wir noch heute zu Hause sind.

Mit 80 noch täglich im Geschäft

1961 ist mein Vater Hans Vetter ins Geschäft eingestiegen. Obwohl er heute 80 Jahre alt ist, kommt er noch jeden Tag in den Laden und arbeitet mit. Meine Mutter, mit der er seit 56 Jahren verheiratet ist, ist auch täglich hier.

Wir drei Kinder sind im Laden groß geworden

Ich habe eigentlich BWL studiert. Doch dann starb mein Bruder Ralf, der eigentlich die Nachfolge übernehmen wollte. So bin ich 1991 eingestiegen. Eine große Umstellung war das nicht, denn wir drei Kinder sind ja quasi im Laden groß geworden. Das ist auch gut so, denn anders wäre es echt schwer, den Überblick über unser riesiges Sortiment zu behalten.
Wir bieten viele Hundert unterschiedliche Eisenwaren an – von winzig bis ganz groß
Wir bieten schließlich viele Hundert unterschiedliche Eisenwaren an – von winzig bis ganz groß und für alle nur denkbaren Verwendungszwecke. Wenn Sie mich nachts wecken und nach einer bestimmten Schraube fragen würden, ich wüsste sofort, wo die zu finden ist. Ein Warenwirtschaftssystem haben wir nicht und brauchen es auch nicht: das ist alles in unseren Köpfen.

Lösungen für knifflige Probleme und hängende Blauregen

Wir verkaufen aber nicht nur Eisen­waren, sondern wir produzieren auch auf Kundenwunsch. Wir schneiden und biegen zum Beispiel Profile und Bleche. Oder gerade war jemand hier, der seinen Blauregen an einem dick mit Styropor ­isolierten Haus neu befestigen möchte. Mein Vater hat extra eine Vorrichtung für ihn ausgetüftelt und hergestellt, ein Einzel­stück. Überhaupt bekommen Sie bei uns alles ab Stückzahl 1.
Unsere Kundschaft ist zweigeteilt. Die ­einen wissen seit Jahrzehnten, dass es bei uns einfach alles gibt, was man in Haus, Garten oder Werkstatt braucht. Viele sind Handwerker. Deswegen öffnen wir morgens schon um 8 Uhr, auch samstags. Da kommen natürlich eher die Heimwerker. Die sind es alle gewöhnt, dass wir wirklich sehr ins Detail gehen und dabei beste Qualität anbieten. Wenn irgend möglich,  „made in Germany“.

Die wöchentliche Zeitungsanzeige lockt Neugierige

Die andere Hälfte ist neugierig, einfach auch, weil wir jeden Montag in den Schorndorfer Nachrichten eine Anzeige schalten mit dem Satz „Vetter hat`s“. Die wollen dann gucken, ob das stimmt und sind oft überwältigt, wenn sie unser Angebot sehen. Zumal sie bei uns alles sofort bekommen.
Unser Laden ist wirklich groß. Sogar eine zweite Etage gibt es. Trotzdem könnten wir locker die doppelte Fläche füllen. Das ist bis zum Obi durchgedrungen. Der hat uns mal angeboten, unter seine Marke zu schlüpfen. Wir wollten das nicht. Dann wären wir nur noch Befehlsempfänger gewesen. So aber sind wir selbständig. Funktionieren tut das allerdings nur, weil die ganze Familie mithilft. Neben meinen Eltern auch noch meine Schwester und eine Cousine.
Mein Vater sagt immer, wir haben Waren für Damen und für Herren.
Mein Vater sagt immer, wir haben Waren für Damen und für Herren. Natürlich ist das schon lange nicht mehr so getrennt. Er meint damit, dass wir auch alles anbieten, was den Haushalt schöner und einfacher macht. Und nicht zu vergessen mein ­Steckenpferd, die Schlüsselwerkstatt.

Als Leichtathlet ist man schnell und zäh

In meiner Jugend war ich deutscher Meister im Stabhochsprung. Als Leichtathlet ist man schnell und zäh. Das hilft mir, das hohe Tempo hier durchzuhalten, denn ständig läutet das Telefon oder neue Kunden stehen Schlange. 80 Prozent von ihnen wollen beraten werden. Viele sind dann sehr dankbar, gerade die, die vorher von A nach B gefahren waren, um etwas zu finden, was nicht mehr so gängig ist oder sehr ausgefallen.
Tatsächlich denke ich manchmal: wir sind ein Naturdenkmal
Ein Vertreter meinte mal, man müsse hunderte von Kilometern fahren, um einen Laden wie unseren zu finden. Entsprechend kommen unsere Kunden von weit her. Gerade Jüngere staunen dann, weil sie so etwas eigentlich nur aus Filmen kennen. Tatsächlich denke ich manchmal: wir sind ein Naturdenkmal.
aufgezeichnet von Dr. Annja Maga für Magazin Wirtschaft, Rubrik Menschen&Ideen