Startup

Mit Plan G zum Erfolg

Wie macht man jungen Leuten das ­Gründen schmackhaft? Und besonders jungen ­Frauen? Schließlich sind nur 20 Prozent aller Startupper weiblich. Die Hochschule für Technik (HFT) in Stuttgart hat vielleicht den Dreh gefunden. Er heißt „Plan G“ und erlaubt es, im ­Praxissemester zum Master gut betreut ein Startup zu gründen.
Von den 20 jungen Leuten, die 2019 ­ihren Master in Wirtschaftspsychologie­ begannen, entschieden sich drei für das Startup. Dabei war es nicht einmal eine Herzensentscheidung: „Wir hatten schon so viele Praktika gemacht, da reizte es uns, mal was anderes zu probieren“, erklärt Ina Haug, eine der drei.
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Startup statt Praktikum

Am Anfang stand die Themensuche: Was für Probleme gibt es, die mit wirtschaftspsychologischer Unterstützung lösbar sind? Damals begann Corona den Arbeitsalltag grundlegend zu verändern.  Viele Unternehmen machten sich Sorgen um die mentale Gesundheit der Belegschaft – zwischen Homeoffice, Kurzarbeit und allgemeiner Krisenstimmung. „Klar haben auch vorher schon viele Unternehmen das Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden auf dem Schirm gehabt, aber woher soll man wissen, ob beispielsweise ein Yogakurs etwas bringt?“, fragt Mitgründerin Marion Riedel.
Riedel hatte einen Bachelor in BWL, Haug und Diana Kovaleva als dritte im Bunde einen Bachelor in Psychologie. Die ­ideale Kombi also, um sowohl das Wohl der ­Belegschaft als auch das der ­Betriebe im Blick zu behalten. Und genug statistisches Knowhow, um ein ­geeignetes Tool zu ent­wickeln, das die mentale Gesundheit in mittelständischen Unternehmen messbar macht.

Mid steht für „mental improvement diagnostics“

ImproveMid nannten sie ihr Unternehmen, wobei Mid für die Anfangsbuch­staben der drei Mitzwanzigerinnen steht. Mid ist aber auch die Abkürzung für „mental improvement diagnostics“, etwa „­Seelische Gesundheitsverbesserungs­diagnose“, ein Begriff, den sie gern etablieren würden. Das Tool entwickelten sie zusammen mit drei Studenten – Männern „wegen der ­Diversität“, wie Riedel augenzwinkernd erzählt.
Erste Kunden fanden sich schon in der Startphase. Diese laden ihre Beschäftigten zu einer Online-Befragung ein, die im Schnitt eine Viertelstunde ­dauert. Die Ergebnisse sind anonym und werden nur auf Gruppenebene ausgewertet.
Das Ergebnis wird automatisiert erstellt und der Führungskraft auf einem selbst­erklärenden Dashboard präsentiert. „Das ist aber nicht der Stopp“, sagt Riedel. Das ­System schlägt auch Maßnahmen vor, wie die Situation verbessert werden kann.
Woher soll man denn wissen, ob ein Yogakurs im Unternehmen etwas bringt?
Am Anfang war ImproveMid eine Studien-leistung, um ECTS-Punkte zu bekommen. „Das Feedback des Marktes war dann aber so gut, dass wir im März 2022 eine UG gegründet haben“, erinnert sich Haug: „ein Traum ist in Erfüllung gegangen.“ Wohl auch, weil sich das Team als Volltreffer erwies, obwohl sich die Frauen vorher gar nicht kannten: „Was haben wir für ein Glück, dass wir so gut zusammenpassen“, freut sich Riedel um gleich zu ergänzen, „da steckt aber auch viel Arbeit drin, wir reflektieren sehr viel“.

Das Frauenpower-Beispiel macht Schule

Noch stehen sie unter dem schützenden Schirm von „Plan G“. Büro und Gehalt wird über die Landesförderung „Junge Innovatoren“ bezahlt. Auf diese Weise konnten die Drei ein finanzielles Polster anlegen, denn dieses Jahr läuft die Förderung aus. Dann müssen sie ­entscheiden,  ob sie Investoren einladen und damit ein Stück ihrer ­unternehmerischen Freiheit preisgeben oder ob sie organisch wachsen wollen.
Und was sagen die Kommilitonen, die damals das Praktikum vorzogen? „Hätten wir doch…“, ­zitiert Haug lächelnd. Die nachfolgenden Semester aber haben sich von ihrem Beispiel begeistern lassen: Viele wählen jetzt nicht mehr das Praktikum sondern Plan G.
Dr. Annja Maga für Magazin Wirtschaft 3-4.2023, Rubrik Menschen und Ideen