Magazin Wirtschaft

Klima retten und Kleinbauern fördern

Bäume pflanzen als Ausgleich für Emissionen von Treibhaus – Die Firma Stihl und die Nachhaltigkeits-Organisation Fairventures setzen dabei auf Transparenz.
Projektteilnehmer bei der Beratung in einem Sekundärwald
Staaten, Unternehmen, Privatpersonen – alle wollen klimaneutral werden. Doch in vielen Bereichen ist es noch nicht möglich, ganz auf  den Ausstoß des Treibhausgases zu verzichten. Deshalb ist in den vergangenen Jahren ein ganzer Markt entstanden, der es Firmen   erlauben soll, ihre Emissionen auszugleichen – indem sie in Maßnahmen investieren, die CO2 aus der Luft entfernen.

Transparenz mit App und KI

Bäume pflanzen gegen den Klimawandel – das klingt schlüssig, ist aber nicht immer transparent. Wer kontrolliert, ob die  Kompensationsmaßnahmen dem CO2-Ausstoß tatsächlich entsprechen? Wie lange bleiben diese bestehen? Und wie wird verhindert,  dass die Projekte als Alibi dienen, um umso bedenkenloser Urwälder abzuholzen?
Junger Segon-Baum
Junger Segon-Baum © Fairventures
Eigentlich müsste man nicht nur jeden einzelnen gepflanzten Baum erfassen, sondern auch regelmäßig sein Wachstum messen, erklärt Rainer Lang von der gemeinnützigen Stuttgarter Organisation Fairventures. Erst dann kommt man zu einer verlässlichen Bilanz  von CO2-Kompensationsmaßnahmen. „Und genau das leisten wir mit der Einzelbaum-Monitoring-App TREEO.“ Mit dem Handy fotografieren Mitarbeiter des Unternehmens jährlich Baum für Baum in den betreuten Gebieten. Eine KI-Anwendung errechnet dann  den Zuwachs an Biomasse und das aus der Atmosphäre gebundene CO2.

Bäume – es gibt nichts Besseres fürs Klima

Auf der indonesischen Insel Borneo und im ostafrikanischen Uganda initiiert Fairventures mit seinen mittlerweile 90 Mitarbeitern Wiederaufforstungsprojekte, an denen viele Hundert örtliche Kleinbauern teilnehmen. „Die bei weitem effektivste Methode, CO2 aus  der Luft zu entfernen, ist es, Bäume zu pflanzen“, betont Lang. Das gilt besonders für tropische Baumarten wie Sengon oder Musizi, die  dreimal so schnell wachsen wie unsere Weißtannen oder Rotbuchen.
Die Bauern pflanzen die in Baumschulen angezogenen Setzlinge und profitieren, indem sie die ausgewachsenen Stämme maßvoll  nutzen, erklärt Lang. Das Holz wird zum Beispiel als nachhaltiges Baumaterial, aber auch zur Konstruktion im Fahrzeug- und  Flugzeugbau verwendet. Im Schatten der Bäume bauen die Kleinlandwirte Früchte wie Mango und Papaya an, ebenso Gemüse oder Kakao. So entstehen aus verödeten ehemaligen Palmöl-Wüsten wieder grünende Landschaften, die von den Menschen gepflegt und  erhalten werden, weil sie wirtschaftlichen Nutzen bringen.
Reportage zur Arbeit von Fairventures in Indonesien
Reportage zur Arbeit von Fairventures in Indonesien © Christof Krackhardt
Das Geld für dieses „Agroforst-System“ wie es im Fachjargon heißt, kommt von Unternehmen aus Deutschland, insbesondere aus der  Region Stuttgart. Mit dem Motorgerätehersteller Stihl in Waiblingen arbeitet Fairventures schon seit 2017 zusammen, auf Borneo  haben die beiden Partner zusammen im vergangenen Jahr 60.000 Setzlinge pflanzen lassen, in Afrika waren es 450.000. „Wir arbeiten intensiv an unserem Ziel, weltweit keinen CO2-Fußabdruck mehr zu hinterlassen“, sagt Dr. Michael Prochaska, Vorstand Personal,  Recht und Nachhaltigkeit bei Stihl. „Indem wir die Aufforstungsprojekte von Fairventures unterstützen, stellen wir Emissionen, die aktuell noch nicht vermeidbar sind, einen positiven Klimabeitrag entgegen.“ Innerhalb weniger Jahre wollen die Waiblinger so erreichen, dass rund 120.000 Tonnen CO2 gebunden werden. Das ist etwa so viel wie 11.000 Deutsche pro Jahr erzeugen.

Stiftungen und Firmen mit im Boot

Als Kunden hat Fairventures unter anderem Stiftungen von Unternehmen aus der Region gewinnen können, etwa Vector, Bauder, Leitz  oder die Heidehof-Stiftung. Überzeugt haben dürfte dabei die TREEO-App, für die das Unternehmen 2018 mit dem Google-Award  ausgezeichnet worden ist. Mittlerweile wurde TREEO als eigenes Unternehmen ausgegliedert.
Eine regelmäßige Überprüfung der Projekte durch Mitarbeiter der Stuttgarter Organisation wie auch durch die Partner soll nachvollziehbar machen, dass hier kein Greenwashing betrieben wird. So waren im vergangenen Jahr Stihl-Mitarbeiter auf Borneo, um sich die Projekte von Fairventures selbst anzuschauen und mit den Beteiligten ins Gespräch zu kommen. „Transparenz gegenüber den Kunden ist eine wichtige  Voraussetzung für den Erfolg unserer Projekte“, sagt Rainer Lang. „Eine weitere ist die Unterstützung der Menschen vor Ort und der  lokalen Behörden.“ Beides sei sowohl in Indonesien
als auch in Uganda gegeben.