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Magische Momente in 3-D
Viele gute Geschäftsideen entstehen, weil sich jemand über ein alltägliches Problem ärgert. So war es auch bei Clemens Rieth während seines Masterstudiums in Pforzheim. Dort hatte der geborene Böblinger Produktentwicklung studiert und – nach zwei Jahren Arbeit bei einem Startup in München – den Masterstudiengang in Industriedesign draufgesetzt.
Automatisierung spart viel Arbeit
Immer wieder fragte er sich, „warum wird so viel per Hand gezeichnet, um es zu 3-D-isieren?“ Das passiert zwar meist auf dem Bildschirm und nicht mehr auf Papier. Trotzdem ist es aber ein riesiger Aufwand, Zeichnung so aufzubereiten, dass daraus ein 3-D-Modell entsteht, das beispielsweise für die CAD-Weiterverarbeitung geeignet ist.
Das liegt daran, dass die digitalen Skizzen, aber auch die eingescannten Pläne in Pixelwolken „übersetzt“ werden. Doch für die Weiterverarbeitung werden Vektoren gebraucht, denn nur sie geben Auskunft über Größen, Längen oder Winkel. Bisher musste deshalb jede einzelne Linie am Bildschirm per Hand nachgezeichnet werden. „Das muss sich doch automatisieren lassen“, dachte sich Rieth und gewann mit der Idee gleich einen Uni-Preis.
Überall im Büro hängen Auszeichnungen
Dieser Preis war der erste von einer ganzen Reihe von Auszeichnungen, die überall im Büro hängen oder stehen. Und der Erfolg ermutigte Rieth, sich um ein Exist-Gründerstipendium zu bewerben. Wieder mit Erfolg, und auch die anschließenden Bewerbungen um das Förderprogramm „Junge Innovatoren“ und die Pre-Seed-Förderung wurden positiv beschieden.
Da hatte sich Rieth schon mit Florian Kopp, einem Kumpel aus Schulzeiten und dessen Studienfreund Nikias Heß zusammengeschlossen.
Offiziell gegründet wurde Celekohr dann im November 2023 als GmbH, die von drei UGs getragen wird. „So lassen sich die Shares besser aufteilen“, erklärt Rieth.
Business Angels helfen beim Start
Wobei Shareholder nicht nur die drei Gründer sind, sondern auch drei Business Angels. Letztere machen es möglich, dass inzwischen fünf Mitarbeiter in Vollzeit angestellt werden konnten.
Celekohr sitzt im AI Express, einem Startup-Hub auf dem ehemaligen Eisenmann-Gelände in Böblingen, getragen vom Softwarecentrum Böblingen/Sindelfingen. Das Büro ist aber oft leer, denn „wir sind eine remote Firma“, wie Rieth erklärt. Wobei oft nicht mit immer verwechselt werden darf, denn eine Woche pro Monat arbeiten die Gründer und ihre Mitarbeiter hier gemeinsam vor Ort – um sich auszutauschen, Strategien zu entwickeln, aber auch um zusammen „Activities“ zu machen, wie Radfahren, Joggen oder Klettern.
» Warum wird so viel per Hand gezeichnet, um es zu 3-D-isieren?«
Das Produkt von Celekohr ist in verschiedenen Branchen einsetzbar. Zunächst wollte das Team Architekten oder Maschinenbauer ansprechen. Doch dann wurde Kopp nach einem Vortrag von einem Energieberater gefragt, ob man mit dem System nicht die Arbeit seiner Branche rationalisieren könne.
Energieberater wurden als erste Zielgruppe identifiziert
„Daraufhin haben wir uns ans Telefon gesetzt und einen ganzen Tag lang einfach mal Energieberater angerufen um zu erfahren, ob die das genauso sehen“, erinnert sich Rieth. Das Ergebnis war ermutigend und bald traf der erste Auftrag ein: „Da haben wir gesehen, dass es Kunden gibt, die tatsächlich bereit sind, für unsere Leistung Geld zu bezahlen“, erzählt der Gründer.
Schon der Test erfolgte unter Marktbedingungen
Bis heute ist er froh, dass dieser Test unter echten Bedingungen am Anfang stand: „Man muss ganz dicht am Kunden operieren, damit man das Richtige entwickelt, für das es wirklich einen Markt gibt“, ist er überzeugt und rät allen Gründern, so vorzugehen.
Und wie funktioniert das System nun? „Wir trainieren neuronale Netzwerke, damit sie die Linien in eingescannten Bauplänen richtig interpretieren, also was ist eine Tür, was ein Fenster, was eine Wand“, erklärt der 34-Jährige. Noch ist viel Vor- Und Nachbearbeitung nötig, aber die Ergebnisse werden immer besser, und in nicht zu ferner Zukunft sollen alle Prozesse vollautomatisch laufen.
Wie in Sekundenschnelle aus einem angegilbten Grundriss ein dreidimensionales Gebäude am Bildschirm entsteht – das ist für Rieth jedenfalls immer noch „ein magischer Moment“ – und für eine ganze Branche ein gelöstes Alltagsproblem.
Dr. Annja Maga, Redaktion Magazin Wirtschaft für Rubrik Menschen&Ideen
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