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"Dadurch entstehen massive Existenzängste und Sorgen"
Markus Winter ist Geschäftsführer der IDS Holding GmbH, Vorsitzender des Arbeitskreises Ausbildung und Migration beim Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) und jemand, der über sein eigenes Unternehmen hinaus Verantwortung übernimmt. Seit Jahren bildet er junge Menschen aus, darunter viele aus dem Ausland. Dabei erlebt er hautnah, wie groß die Hürden sein können, selbst nach einer erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung in Deutschland bleiben und arbeiten zu dürfen.

Herr Winter, Sie haben bereits mehrere junge Menschen, auch aus Drittstaaten ausgebildet. Was sind Ihre Erfahrungen mit dem Übergang zum Ausbildungsende in die Beschäftigung?
Wir haben seit 2014 jährlich ein bis zwei gewerbliche Lehrlinge ausgebildet. Von denen waren alle keine deutschen Staatsbürger und nicht ganz die Hälfte aus Drittstaaten. Das Problem ist, dass der Aufenthaltsstatus und die Arbeitserlaubnis nur für die Zeit der Ausbildung gelten. Mit dem Stichtag der Beendigung der Ausbildung muss dann mit den Abschlussdokumenten ein neuer Antrag gestellt werden, der in der Regel auch immer genehmigt wird. Erst nach dem Zeitpunkt der Abschlussprüfung werden die Abschlussdokumente-, beziehungsweise Zeugnisse erstellt. Erst mit diesen kann der neue Status beantragt werden. Dann kommt noch die Bearbeitungszeit dazu. Je nach Landkreis und Behörde kann dieser Prozesse mehrere Wochen dauern. Manchmal funktioniert das sehr schnell, in anderen Fällen kann das auch bis zu zwei Monate dauern.
In dieser Zeit hat der oder die Ausgebildete kein Einkommen und keine Arbeitserlaubnis. Dadurch entstehen massive Existenzängste und Sorgen. In der Praxis muss man sich Geld borgen oder wird vielleicht sogar in die Schwarzarbeit getrieben. Das ist absolut unnötig! Außerdem geht in dieser Zeit die nun endlich ausgebildete Fachkraft verloren.
Sie haben sich für eine befristete Karenzzeit ausgesprochen. Wie könnte diese konkret aussehen?
Mit einer sechsmonatigen Karenzzeit für die Bereitstellung der Dokumente und Bearbeitungszeit für die Behörden würde bei allen Beteiligten Druck aus dem Thema genommen. Da bei Berufstätigen, gut integrierten Personen, kaum ein Risiko besteht, ist das in der Regel bei Verlängerungen von Aufenthalts- oder Arbeitsgenehmigungen kein echtes Problem. Auch die Prüfungen durch die Agentur für Arbeit sind in diesem Zusammenhang völlig überzogen und nicht notwendig. Hier sollte man in den üblichen Prozess zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter oder Mitarbeiterin vertrauen.
Was erwarten Sie konkret von der Politik und den Behörden, um praxisnahe Lösungen zu ermöglichen?
Hierzu sollte es auf Landesebene eine Verordnung geben, damit die Ausländerbehörden einheitlich agieren. Heute schon machen das einige auf eigenes Risiko und ohne erkennbare Probleme.
Die IHK Region Stuttgart setzt sich für eine pragmatische Übergangslösung für ausländische Auszubildende ein, deren Aufenthaltstitel mit dem Ausbildungsende erlischt. In einer aktuellen Pressemitteilung fordert IHK-Hauptgeschäftsführerin Susanne Herre, dass junge Fachkräfte nach der Abschlussprüfung sofort weiterarbeiten dürfen – auch wenn der neue Aufenthaltstitel noch in Bearbeitung ist. Weitere Infos und Veranstaltungen rund um das Thema Fachkräftesicherung und Ausbildung finden Sie hier
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Sigrit Walsdorff