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Karriere mit Lehre: Wahrhaft olympisch
Multi-Unternehmerin Elisabeth Brandau liebt das Moutainbiken
© Elisabeth Brandau
„Pling“, „Pling“, „Pling“ – E-Mails im Sekundentakt gehen auf Elisabeth Brandaus Laptop ein. Und nichts könnte deutlicher zeigen wie umtriebig und vielseitig die junge Frau ist: Coach, Kälteanlagenbauerin mit Meisterbrief, Heilpraktikerin, Bürokauffrau, sie betreibt eine Fahrradwerkstatt, ist Olympiateilnehmerin, Sporttrainerin und Mutter von bald drei Kindern. Sie leitet eine Kinderturngruppe im Verein, trainiert Mountainbiker und nimmt mit ihrem 50-köpfigen Team an Radrennen teil. Ein wahrhaft olympisches Programm also.
Brandau stammt aus einem Kältetechnikbetrieb. Von klein auf faszinierte sie die Tatsache, dass ihre Eltern mit den Händen arbeiteten und am Ende auf ein fertiges Projekt zurückblicken konnten. Sie schmiss das Gymnasium und machte eine Ausbildung zur Kälteanlagenbauerin. Weil sie „immer auch etwas für den Kopf braucht“, setzte sie eine Ausbildung zur Bürokauffrau drauf.
Mehrere Jahre arbeitete sie in unterschiedlichen Bauunternehmen. Doch auf Dauer war ihr das „zu viel Männerwelt“. Außerdem brauchte sie wieder etwas für den Kopf. Also machte sie ihren Meister in Kältetechnik mit dem Ziel, später zu studieren.
Neben Arbeit und Meisterschule fand Brandau noch Zeit für ihr Hobby, das Mountainbike. „Ich war viel unterwegs auf Baustellen. Um die Abende zu füllen, habe ich mein Rad mitgenommen.“ Sie wurde so gut, dass ein Profiteam sie einlud.
Mit dem Mountainbike zu den Olympischen Spielen in Tokio
Profi-Mountainbike – das machte Brandau so viel Spaß, dass sie bald ihren eigenen Rennstall gründete – mit überwältigendem Erfolg. Der Lohn: Ein Start bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio.
Doch der Kopf … Um dem das nötige Futter zu geben, besuchte Brandau eine Fortbildung zur Gebäudeenergiemanagerin. „Ich habe schon sehr viel Geld in Weiterbildung investiert, aber das hat mir auch immer einen Mehrwert gebracht“, freut sie sich. Ach ja, hatten wir schon erwähnt, dass die 37-Jährige sich auch zur Heilpraktikerin ausbilden liess? „Wie wichtig Gesundheit und das richtige Mindset sind, habe ich ja im Leistungssport erfahren“, begründet sie.
All ihre Kompetenzen und Erfahrungen fasste Elisabeth Brandau 2012 in ihrem „EB Performance–Zentrum“ zusammen. EB Sport&Technik GmbH heißt das Unternehmen in Schönaich. Es bietet Training für Amateure und Leistungssportler aus verschiedensten Sportarten, aber auch Fahrradreparaturen. Den größten zeitlichen Anteil hat mit knapp 40 Prozent der Einbau von Wärmepumpen. Außerdem hilft sie als Heilpraktikerin chronisch Kranken, aktuell vor allem bei Long Covid und bei Burnout. Bis zu vier Patienten betreut sie parallel sehr intensiv und erzielt dabei „geile Erfolge“.
Ich kennen kleine Unternehmen von der Chefseite und von der Mitarbeiterseite.Elisabeth Brandau über ihre breitgefächerte Erfahrung
Und es gibt EB-Erfolg. Unter dem Motto „olympisches Konzept“ hat Brandau ein Coachingprogramm entwickelt, das auf all ihren Erfahrungen basiert. „Ich kennen kleine Unternehmen von der Chefseite und von der Mitarbeiterseite. Dabei habe ich erfahren, wie schwer es für viele Ältere ist, zu akzeptieren, dass die heutige Generation anders schwingt und auf einer anderen Ebene motiviert werden muss“, erzählt sie.
Das Programm richtet sich an kleine Mittelständler und ist so konzipiert, dass diese es in ihrem Alltag auch tatsächlich umsetzen können, um „mehr Flow, mehr coole Mitarbeiter und mehr Gewinn zu erwirtschaften“, wie Brandau erklärt. Es entstand auf Initiative von zwei ihrer Sponsorenfirmen als Olympionikin. Es beruht darauf, dass wirklich alle Mitarbeiter einbezogen werden. Brandau sieht sich dabei als Mediatorin in einer Vertrauensposition: „Viele trauen sich ja nicht, Probleme beim Chef direkt anzusprechen.“
Für jeden Mitarbeiter wird ein eigenes Programm erarbeitet, damit er den Kopf freibekommt, um wieder mit Freude arbeiten zu können. „Man muss je nach Aufgabe das Spielfeld wechseln, zum Beispiel von privat zu beruflich. Das geht aber nur, wenn die Probleme auf dem jeweils anderen Spielfeld im Griff sind“, erklärt Brandau. Sechs Monate veranschlagt sie für solch ein Coaching, „damit die Verhaltensänderung von innen heraus geschieht.“
Erst kommt das dritte Kind, denn die nächste Geschäftsidee
Zu ihren Methoden gehören Fragebögen, (Online-)Gespräche, aber auch Sport, Ernährungsberatung, Zeitmanagement bis hin zu Konfliktmanagement. „Dabei geht es darum, was jeder bei sich verändern kann, damit er dahin kommt, wo er hinwill“, beschreibt Brandau.
Die Ideen gehen der 37-Jährigen nicht aus. „Jetzt kommt erst mal das Kind, aber danach plane ich mit einer Kinderphysiotherapeutin und einer Heilpraktikerin eine Gemeinschaftspraxis“, freut sie sich schon. Selbstverständlich will sie auch die anderen Firmen weiter ausbauen und dabei das anzuwenden, was sie als Mentorin vermittelt. Und die Familie soll auch nicht zu kurz kommen. Bedenken hat sie keine: „Als Leistungssportlerin bin ich es gewöhnt, immer die maximale Leistung zu bringen.“
Dr. Annja Maga für Magazin Wirtschaft 1-2.2023, Rubrik Menschen & Ideen
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