Magazin Wirtschaft

Verhandeln in Asien

Während der deutsche Geschäftsmann sagt: „Warum sollten wir befreundet sein? Wir wollen doch Geschäfte miteinander machen“, heißt es in Asien hingegen: „Warum sollten wir Geschäfte machen? Wir sind ja nicht einmal befreundet.“
Erfolg in Asien erfordert mehr als nur wirtschaftliches Know-how, sondern Verständnis für die fremde Geschäftskultur, in der persönliche Beziehungen, Höflichkeit, Hierarchien und das Wahren des Gesichts eine große Rolle spielen.

Langfristige Beziehungen sind das Fundament für Geschäftliches

Eine langfristige Beziehung ist das Fundament, auf die das Geschäftliche folgt. Private Einladungen und gemeinsame Abend­essen dienen dem Aufbau und der Pflege dieser Vertrauensbasis, stellen Sie sich dabei auch auf sehr private Fragen ein.

Unterschiede in der ­Kommunikation werden spätestens bei Vertragsverhandlungen deutlich. Indirekte Kommunikation und nonverbale ­Signale sind häufig. Ein klares Nein ist unhöflich und wird vermieden, während ein „Ja“ nicht immer Zustimmung bedeutet, sondern lediglich signalisiert, dass das Gesagte gehört, aber möglicherweise weder verstanden noch akzeptiert wurde. Stellen Sie daher am besten keine geschlossenen, sondern offene Fragen. Die Qualität Ihrer persönlichen Beziehung und die ­Gesprächs­-
atmosphäre sind entscheidend für das Erreichen der Verhandlungsziele.

In Indonesien muss man Zeit und Geduld mitbringen

Wer in Indonesien Geschäfte machen will, muss Zeit und Geduld mitbringen. Das gesprochene Wort gilt bisweilen mehr als ein Vertrag. In Verhandlungen muss man allerdings die Zwischentöne erkennen und den „Musyawarah“-Ansatz verstehen, der auf Konsens und gemeinschaftlicher Entscheidungsfindung basiert. Daher sollte ausreichend Zeit für Diskussionen und Meinungsaustausch eingeplant werden, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten ihre Standpunkte einbringen können. Interesse an der indonesischen Kultur kann man signalisieren, indem man ein hochwertiges Batikhemd mit Anzughose und feinen Lederschuhen kombiniert. Dieser Dresscode hat sich sogar bei hochoffiziellen Veranstaltungen eingebürgert.

Malaysias ethnische Vielfalt erfordert Fingerspitzengefühl.

Malaysias ethnische Vielfalt erfordert Fingerspitzengefühl. Die malaysische Kultur ist stark familienorientiert, sogar die Beziehung zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten wirkt familiär, ist aber dennoch hierarchisch und respektvoll. Meetings dienen dem Informationsaustausch und der Präsentation von Ergebnissen, Diskussionen und Auseinandersetzungen hingegen sind unüblich.

In Thailand hat Religion im Alltag großen Einfluss

Im Thailand-Geschäft sind Aufrichtigkeit und Offenheit wichtige ­Tugenden, Höflichkeit und Respekt sind essenziell. Religion hat im Alltag großen Einfluss, neun von zehn Thais sind Anhänger des Buddhismus. Die thailändische Kultur ist entsprechend konservativ, sittsam und stark harmonieorientiert. Im persönlichen Miteinander gelten „sanuk“ (Spaß) und „sabai“ (Wohlbefinden). Sprechen Sie Ihren thailändischen Gesprächspartner nach der Vorstellung mit dem Wort „Khun“ (Herr/Frau) gefolgt vom Vornamen an. Bei Vertragsverhandlungen sollten Sie für Ihren Verhandlungspartner „gesichtswahrende“ Zugeständnisse einkalkulieren.

Kleider machen in Vietnam Leute

In Vietnam gilt „Kleider machen Leute“. Im geschäftlichen Kontext wird auf konser­vative Kleidung Wert gelegt. Lediglich im Süden kann man mal den ­Blazer oder das Jackett weglassen. Schwitzen gilt als ­unschicklich und kann die ­Autorität untergraben. Nordvietnamesen sind eher zurückhaltend und traditioneller, der Süden hingegen gilt als flexibler, aufgeschlossener und ist privatwirtschaft­licher orientiert. Hektik und Zeitdruck sind ­landesweit verpönt. Wer andere mit ­Ad-hoc-Entscheidungen unter Druck setzt, ist grob unhöflich und riskiert einen „Gesichtsverlust“. Vietnamesische Ver­- handlungspartner sind interessenorientiert und wissen in der Regel sehr genau, was sie wollen, ob nun realisierbar oder nicht. Verhandlungen dürfen daher in der Sache hart sein, sollten im Stil aber zurückhaltend und leise geführt werden.
Die Qualität Ihrer persönlichen Beziehung und die Gesprächsatmosphäre sind entscheidend für das Erreichen der Verhandlungsziele.


Typisch für Südkorea ist die Can-Do-Kultur

Obwohl Südkorea auf den ersten Blick sehr westlich wirkt, hat es eine eigene ­Geschäftskultur. Typisch ist ein schnelles, ungeduldiges Agieren und eine „Can Do“-Mentalität. Projekte werden nicht bis ins kleinste Detail geplant, sondern schnell gestartet und während des Prozesses angepasst. Kontakte zu Personen oder Unternehmen entstehen oft über Dritte, die den Vorgestellten „empfehlen“. Das ­erste Treffen dient dem Aufbau einer Beziehung und Vertrauensbasis. Denn diese wiegen mehr als schriftliche Vereinbarungen. Koreaner sind hartnäckige Verhandlungspartner in punkto Preise bei gleichzeitig höchsten Ansprüchen an die Produktqualität. Man sollte die eigenen Grenzen kennen und überdenken, ­inwieweit man Kompromisse eingehen kann. Entscheidungen werden meist nicht in Verhandlungen direkt getroffen, sondern vorher oder im Nachgang ­außerhalb von Besprechungsräumen. ­Interesse an einer Zusammenarbeit zeigen Koreaner oft durch die Teilnahme vieler Personen an Verhandlungen und Besprechungen.

In Indien ist nach der Verhandlung vor der Verhandlung

Auch in Indien gilt „nach der Verhandlung ist vor der Verhandlung“. Es ist durchaus üblich, mit überzogenen Preisen in die Verhandlungen zu gehen. Bringen Sie entsprechend viel Zeit und ­Geduld mit. Setzen Sie viele kleine Etappenergebnisse anstelle von großen Projekt­zielen. In Indien ist die persönliche Be­ziehung und damit einher­gehend der stetige Kontakt wichtig. Faustregel: Zu jeder E-Mail gehört ein Anruf.
Interkulturelle Kompetenz ist ein un­verzichtbares Werkzeug für langfristigen Erfolg in diesen Märkten. Wir unterstützen Sie gerne dabei, sich auf den Umgang mit Ihren ausländischen Geschäftspartnern vorzubereiten und Sie vor manch einem Fettnäpfchen zu bewahren.
Stella Metzger, IHK-Länderreferentin Asien für Magazin Wirtschaft, Rubrik Rat&Tat