3 min
Lesezeit

Der rote Teppich ist grün
Ein roter Teppich ist der Inbegriff des Erfolges im Showgeschäft. Wer darüber läuft, hat es geschafft. Aber auch für den Teppichhersteller ist es toll, wenn sein Produkt Stars und Sternchen den ersehnten Auftritt ermöglicht. Der Object Carpet GmbH ist das bei der bei der Berlinale geglückt, denn seit 2019 wird deren Teppich aus recyceltem Garn eingesetzt. Und nächstes Jahr geht es vermutlich mit dem ersten zirkulären und hundertprozent recycelbaren Teppich noch einen Schritt weiter.
„Wir produzieren schon seit Jahren unsere Teppiche aus recyceltem Polyamid“, erzählt Pressechefin Yvonne Schumacher. Die Garne stellt eine italienische Firma aus alten Fischernetzen und Industrieabfällen her. Das spart bis zu 15 Prozent Wasser und es entstehen 80 Prozent weniger organische Abfälle und sogar 85 Prozent weniger Treibhausgasemissionen. Nicht zu vergessen die Entlastung der Ozeane.
Zwei statt 37 Materialien – das macht den Unterschied
„Uns war das nicht genug, denn was passiert nach zehn bis 15 Jahren mit dem Teppich, wenn er erneuert werden muss“, erzählt Schumacher. So entstand die Idee zu „Neoo“, dem ersten zirkulären Teppichboden. Nach dem Ende seines Lebenszyklusses kann er aufgearbeitet werden. Dann wird ein neuer Teppich daraus – unendlich oft, ohne Qualitätsverlust in beliebiger Farbe. Das Geheimnis dahinter: Der gesamte Teppich besteht nur noch aus ein bis zwei Materialien „In der EU sind 37 erlaubt“, erklärt Schumacher den Unterschied. Genau das mache das Recycling schwierig.
Cradle-to-Cradle also. Doch da ist Schumacher vorsichtig, denn das ist der Name eines kostenpflichtigen Siegels. „Wir investieren lieber in nachhaltige Produkte als in Zertifizierung“, erzählt sie und fügt stolz hinzu: „Wenn wir uns zertifizieren ließen, würden wir den Platinstandard erreichen – als weltweit einziger Anbieter“.
Wir investieren lieber in nachhaltige Produkte als in Zertifizierungen.
Produziert wird in Krefeld, denn in der ehemaligen Textilhochburg hat Object Carpet eine Produktionsfirma gegründet. Das war nötig geworden, weil die beiden Gründer Roland Butz und Winfried Loskant zunächst auf Lohnfertigung gesetzt hatten. „Da mussten sie immer wieder feststellen, dass ihre innovativen Ideen übernommen wurden. Deshalb wollten sie eine eigene Fabrik.“
Gegründet wurde das Unternehmen 1972. Inzwischen sitzt die zweite Generation in der Geschäftsführung. Schumacher ist überzeugt, dass familiengeführte Unternehmen solch weitreichende Entwicklungen schneller durchsetzen kann „Dank der flachen Hierarchien geht einfach alles viel schneller und man weiß, die Geschäftsleitung steht dauerhauft dahinter.“
Auch das Firmengebäude ist nachhaltig
Wobei sich die Nachhaltigkeit nicht nur auf die Produkte beschränkt. Auch die Firmengebäude sind so nachhaltig wie möglich, bis hin zu den Bienen auf dem Dach. Gerade wurde in eine hocheffiziente Produktionsanlage für zirkuläre Produkte wie Neoo investiert.
180 Mitarbeiter beschäftigt Object Carpet, je zur Hälfte in Denkendorf und am Niederrhein. Die Kunden kommen aus aller Welt. In erster Linie sind es Architekturbüros, die Firmenzentralen oder Hotels ausstatten. Egal ob im Palm-Hotel in Dubai, in den Porsche-Niederlassungen oder eben bei der Berlinale – überall liegt Teppich der schwäbischen Firma. Und wer weiß, vielleicht läuft man eines Tages in Dubai über den recycelten Berlinale-Teppich? Merken würde es jedenfalls keiner, denn er sähe wieder nagelneu aus.
Dr. Annja Maga, Redakteurin Magazin Wirtschaft, für Ausgabe 5-6.2023
Kontakt
