Made in the Länd

Straßen aus dem Autoland

„Unsere Maschinen sind sehr groß, aber was wir machen, ist ganz klein“, sagt ­Geschäftsführer Roland Schäfer und zeigt anhand eines Straßenbelags-Querschnitts, was er meint. Seine Schäfer Technic GmbH produziert nämlich fahr­bare Maschinen, die dafür sorgen, dass der Schichten­verbund unter Fahrbahn­decken zusammenhält, Asphalt- und Betonflächen abgedichtet und versiegelt werden oder Straßenschäden ausgebessert.
Besonders stolz ist das Unternehmen auf DSK. Die Abkürzung steht für „Dünne ­Asphaltdeckschichten für den Kalteinbau“. Gemeint sind Maschinen, die einen ­Micro­belag, also eine dünne Asphaltschicht in Kaltbauweise auf reparaturbedürftige ­Straßen auftragen. Das verlängert die ­Lebensdauer um bis zu 15 Jahre. Beim ­Zustand vieler deutscher Straßen ein echter Gewinn!

Die Lebensdauer von Straßen wird um bis zu 15 Jahren verlängert

Das Besondere: Das Kaltmischgut wird ­direkt in der Maschine produziert und kann sehr exakt aufgebracht werden. Das spart viel Material. Ressourcenschonend ist das Verfahren zudem deshalb, weil es mit niedrigen Temperaturen auskommt.
Produziert werden die Maschinen mitten in Fellbach. Nur LKW, Steuerungshardware und Tank werden zugekauft. Und selbst bei zu­gelieferten Teilen achtet Schäfer auf eine Wertschöpfung in der Region. „Dadurch sind die Lieferketten ­sicherer und wir stehen im engen Austausch mit unseren Zulieferern“, erklärt Marketingmann Rafael Cid.

Produziert werden die Maschinen mitten in Fellbach

Genauso eng ist die Zusammenarbeit mit den Kunden, deren Wünsche individuell und passgenau umgesetzt werden können. Dies und die Tatsache, dass das Familienunternehmen mit 80 Mitarbeitern klein und wendig ist, dass „sehr viel selbergemacht wird“, wie Cid sagt, ist der Garant dafür, dass immer wieder Neues entsteht.
So brachten die Fellbacher 2022 die ­erste vollelektrisch arbeitende Vorspritz-
maschine der Welt auf den Markt. Punkten kann Schäfer auch mit der mobilen Service­- technik. Die Straßen sollen ja nicht länger als unbedingt nötig gesperrt werden.

...die Nase in der Branche immer noch vorn

Das alles zusammen führt dazu, dass die Fellbacher die Nase in der Branche immer noch vorn haben. „Der Abstand ist aber kleiner geworden“, resümiert ­Roland Schäfer, der zusammen mit seinem ­Bruder Karl-Heinz seit 1988 die Geschäfte führt. Das Internet sorge dafür, dass Inno­vationen leichter kopiert würden. Problematisch seien aber auch die hiesigen hohen Kosten und die Bürokratie: „Man kommt kaum noch zum eigentlichen Geschäft, dem Entwickeln neuer Ideen“, seufzt der Maschinenbauingenieur.
Doch Schäfers haben schon einige Transformationen überstanden. „Schmilzt das Eis, muss man auf die nächste Scholle springen“, erklärt der Chef und erzählt von seinem Urgroßvater Johannes, der 1898 in Aalen eine Schmiede gründete, die er ein Jahr später nach Fellbach verlegte. Als dann Roland Schäfers Vater Robert das Geschäft in dritter Generation übernahm, ließen eigentlich nur noch Hobbyreiter ihre Pferde beschlagen und Wagenreifen waren längst aus Gummi. Er stellte darum auf Anhänger für die Landwirtschaft und auf Geräte für die Bauwirtschaft um.
Schmilzt das Eis, muss man auf die nächste Scholle springen
Erste Kompetenzen im Maschinenbau kamen damals hinzu, insbesondere in der Hydraulik. Genau diese Kombination war es, die in den 1980er Jahren zur zweiten Transformation führte, eben hin zu den Straßenreparaturfahrzeugen. Dank den Fellbachern weiß man seither in ganz Europa, dass Baden-Württemberg nicht nur Autos produziert, sondern sich auch um die Straßen kümmert. Schäfer-Maschinen kann man aber sogar in Australien sehen - allerdings schwer erkennen, denn die Fahrzeuge sind ja immer im Kunden-CI lackiert. Heiße Gegenden sind übrigesn eine Herausforderung, denn das  Material muss mit höheren Temperaturen ausgebracht werden, damit es der Hitze standhält.
Wie es weitergeht? „Die Automatisierung wird weiter voranschreiten, gerade auch wegen des Fachkräftemangels“, ist Schäfer überzeugt. Schon jetzt brauche man oft nur noch einen Mit­arbeiter, wo früher drei bis vier eingesetzt waren. Und wenn wieder eine Trans­formation nötig werden sollte: Vor vier Jahren ist mit Jens Schäfer die fünfte Generation in die Geschäftsführung eingestiegen.

Dr. Annja Maga, Redakteurin Magazin Wirtschaft, Rubrik Menschen & Ideen