Arbeitsrecht

Viertagewoche: So ist die Rechtslage

Immer mehr Menschen wünschen sich eine bessere Work-Life-Balance. Weil Fachkräfte aktuell sehr gesucht sind, überlegen viele Unternehmen, ob eine Viertagewoche bei der Mitarbeiterbindung und -gewinnung helfen könnte.
Freitags frei?
Zunächst ist dabei immer zu klären, wie eine Viertagewoche im Hinblick auf die Bedürfnisse des  Unternehmens ausgestaltet werden kann. Gleichzeitig müssen mühsam erarbeitete Konzepte vor  ihrer Umsetzung im Betrieb stets auf rechtliche Risiken überprüft werden. In diesem Beitrag wird auf die verschiedenen arbeitsrechtlichen Implikationen eingegangen, die bei der Einführung einer  Viertagewoche zu beachten sind.

Fall 1: Arbeitszeitverdichtung

Sofern die Viertagewoche nur durch eine Umverteilung des vertraglich vereinbarten Arbeitszeitumfangs eingeführt wird, besteht für den Arbeitgeber regelmäßig kein gesonderter vertraglicher Gestaltungsbedarf. Gemäß § 106 S. 1 GewO kann er die Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochenarbeitstage nach billigem Ermessen festlegen und sie schlicht von fünf auf vier Tage umverteilen.
Allerdings können arbeitsvertragliche Vereinbarungen ebenso wie Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge einer solchen Umverteilung entgegenstehen. Außerdem wird sich eine entsprechende Verdichtung nur anbieten, wenn die regelmäßige Wochenarbeitszeit der betroffenen Mitarbeiter 36 Stunden nicht übersteigt. Andernfalls würde der durch die Viertagewoche bezweckte Motivationseffekt schnell durch einen Zehn-Stunden-Arbeitstag zunichte gemacht. Selbstverständlich darf auch die gesetzliche Höchstarbeitszeit von zehn Stunden pro Tag gemäß § 3 ArbZG nicht überschritten werden.

Fall 2: Absenken der vertraglichen
Arbeitszeit

Soll die Viertagewoche durch eine Reduzierung des rechtlichen Arbeitszeitumfangs erfolgen, lässt sich dies in der Regel nur durch eine einvernehmliche Vertragsänderung mit den Mitarbeitern erreichen. Im Zuge dieser Vertragsänderung sollten Unternehmen dringend darauf achten, Flexibilisierungsvorbehalte vorzusehen, die eine kurzzeitige Erhöhung der Arbeitszeit in Phasen hoher Auslastung möglich machen.
Auch eine möglicherweise gewünschte Rückkehrmöglichkeit für den Fall, dass sich die Viertagewoche im Betrieb nicht bewährt, muss hier geregelt werden. Ohne entsprechende (vertragliche) Vorkehrungen können Mitarbeiter gegebenenfalls nicht mehr einseitig zu einer dauerhaften Erhöhung ihrer Arbeitszeit bewegt werden.

Lohnausgleich als Incentive?

Soll die Viertagewoche zusätzlich dadurch attraktiver gemacht werden, dass sie bestimmten Mitarbeitern bei vollem Lohnausgleich gewährt wird, kann dies weitreichende Folgen für den Rest der Belegschaft haben. Denn Mitarbeiter, deren Wochenarbeitszeit zugunsten der Viertagewoche reduziert wird, sind arbeitsrechtlich Teilzeitarbeitnehmer im Sinne des TzBfG. Der bei dem Wechsel in die Viertagewoche gewährte Lohnausgleich stellt dann häufig eine ungerechtfertigte Besserstellung gegenüber anderen Kollegen mit geringer Arbeitszeitquote dar. Diese können dann gemäß § 4 Abs. 1 TzBfG ebenfalls eine entsprechende Anhebung ihrer Vergütung fordern.
Um diesem Übergreifen des gewährten Lohnausgleichs auf andere Teilzeitmitarbeiter entgegenzuwirken, ist daher stets eine umsichtige Vertragsgestaltung notwendig. Sofern die konkrete Tätigkeit der Mitarbeiter dies zulässt, bietet es sich an, entsprechende Vergütungsanreize für die Viertagewoche durch variable Vergütungsregelungen anstelle statischer  Vergütungsanhebungen umzusetzen.
Fazit: Bei der konzeptionellen Ausgestaltung einer Viertagewoche im Unternehmen sind der Kreativität kaum Grenzen gesetzt. Personalverantwortliche müssen aber bereits in der Konzeptionsphase die individuellen Belange des Unternehmens im Blick haben und sollten gewünschte Gestaltungskonzepte vorab rechtlich überprüfen, um für spätere Auseinandersetzungen gerüstet zu sein.
Dr. Michael Frank, Rechtsanwalt, BRP Renaud, Stuttgart
www.brp.de