Unser Startup im Dezember

„Wir haben da mal was vorbereitet...“

Schillers Mitte heißt das Unternehmen, das die Neuberth & Leins Gastro GbR 2019 gegründet hat. Schillers Mitte? „Weil unsere Laube auf dem Stuttgarter Weindorf genau vor dem Schillerdenkmal steht“, ­erklärt Mit-Gründer Alexander Neuberth. Oder genauer gesagt: stand. Denn im ­Corona-Jahr ist ja alles anders.
Kennengelernt haben sich die beiden ­Anfang-Dreißiger als Azubis bei Rolf Straubinger auf Burg Staufeneck. Dort lernten die gebürtigen Stuttgarter nach ­ihrem Abitur Koch und absolvierten gleichzeitig die Zusatzausbildung zum Küchen- und Servicemanagement. Danach trennten sich die Wege: Neuberth, der im elterlichen Gasthaus in Stuttgart aufgewachsen war, schloss Lehr- und Wanderjahre an, wurde 2012 Deutscher Meister beim ­Dehoga-Köche- wettbewerb und landete schließlich als ­Küchenchef im VfB-Clubheim. Als 2015 die Stadt Freiberg einen Pächter für ihre Schwaben- stuben suchte, machte er sich selbständig.

Gastronom aus Leidenschaft

Leander Leins arbeitete noch ein paar Jahre als Chef de Partie und Souschef, bis er 2014 in den elterlichen Betrieb „Leins ­Aktenvernichtung und Dinkel Entsorgung“ einstieg. „Aber er ist ein Gastronom aus Leidenschaft“, weiß Neuberth, und darum fragte er ihn, ob er nicht mit von der Partie sein wollte, als sich die Gelegenheit ergab, die Weindorf-Laube zu übernehmen.
Das erste Weindorf war ein voller Erfolg: „Wir haben viel Spaß gehabt, viele ­schlechte Erfahrungen gesammelt und viele gute. Dieses Jahr wollten wir eigentlich das Erlernte anwenden und das Ergebnis vom ersten Jahr toppen“, erzählt Neuberth. ­Eigentlich. Doch von Corona wollten sie sich den Wind nicht aus den Segeln nehmen lassen. Es wäre auch schade um die Marke gewesen, die sich einen guten Klang erarbeitet hatte. Also ließen sie sich etwas Neues einfallen und kamen so auf Livecooking.

Kochshow wie im Fernsehen

Live-Cooking, das ist eine Art Kochshow, wie man sie aus dem Fernsehen kennt. „Wir ­haben da mal was vorbereitet“, heißt es da oft, wenn es aufwändig oder  kompliziert wird. Neuberth und Leins haben aber tatsächlich etwas für die Zuschauer ­vorbereitet, nämlich ­Boxen, die alles enthalten, was man für das 3-Gang-Menu braucht.  Und im Gegensatz zu TV-Köchen beantworten die beiden Fragen live.
Das Live-Cooking findet jeden zweiten Samstag auf Instagram statt. Die Boxen holt man morgens auf dem Stuttgarter ­Wochenmarkt ab. Konfektioniert werden sie von Neuberth und Leins, vornehmlich aus Produkten, die auch sonst in der  Schwabenstuben zum Einsatz kommen. Gekocht wird bei Neuberth zu Hause, denn die Zuschauer sollen ja sehen, dass man dafür keine Profiküche braucht. Die Botschaft, die die beiden rüberbringen wollen, lautet schließlich, „es ist gar nicht schwer, lecker zu kochen“.  Und sie wollen zeigen, dass man nichts wegschmeißen muss, dass selbst die ­Radieschenblätter und die Knochen der Ente noch als Würze beziehungsweise ­Suppengrundlage genutzt werden können.
Das Format erlaubt ein direktes Feedback  – für die Gründer sehr wichtig: „Wir mussten zum Beispiel erst einmal realisieren, dass die Zuschauer langsamer sind als wir, weil sie uns folgen und gleichzeitig kochen müssen“, erzählt Neuberth. Dann schüttet auch schon mal jemand aus Versehen den Spargelfonds weg. „Das ist dann total spannend für uns, weil wir uns ganz schnell etwas einfallen lassen müssen, wie das Essen trotzdem zu retten ist“, lacht der 31-Jährige.

Auf dem T-Shirt steht “Lebensfreude”

Für den Advent stehen Weihnachtsmenus auf dem Programm. „Wenn die Restaurants dann immer noch geschlossen sind, kann man sich wenigstens ein leckeres Essen zaubern. Das macht zwar Arbeit aber auch Spaß, mit der Familie zusammen zu kochen“, ist Familienvater Neuberth überzeugt.
Wenn Corona vorbei ist, versinkt dann Schillers Mitte bis zum nächsten Weindorf im Dornröschenschlaf? „Im Gegenteil, wir sind dabei, die Marke weiter auszubauen“, erzählt Neuberth und verweist auf die T-Shirt-Serie mit dem Aufdruck ­„Lebensfreude“ und die Weine, die von zwei befreundeten Winzern bezogen und unter der Marke „Völlerei“ vertrieben werden. „Die Ausdrücke haben wir bei Schiller gefunden“, freut sich Neuberth. Und da gibt es ja bekanntlich noch jede Menge gewichtige Worte, die das junge Unternehmen mit
Leben füllen kann.  
 
Dr. Annja Maga für  Magazin Wirtschaft 12.2020, Rubrik Startup