Magazin Wirtschaft

Energie: Lastspitzen verhindern spart Geld

Sie haben einen Stromverbrauch von mehr als 100.000 kWh oder einen Gasverbrauch von mehr als 1.500.000 kWh? Dann sind Sie ein ­sogenannter RLM-Kunde. RLM, das bedeutet Registrierende Leistungsmessung. Sie ­haben einen Zähler im Haus, der nicht nur Ihre verbrauchten Kilowattstunden, sondern auch die Leistung misst. Diese ­Daten zu analysieren kann sich lohnen.

RLM-Kunden sollten ihren Stromverbrauch analysieren

Unternehmerin X staunte nicht schlecht, als sie Ihre ausgewerteten Lastgangdaten sah. Im Januar 2023 war die Spitzenlast viermal so hoch wie normalerweise. Während sonst maximal 15 Kilowatt benötigt werden, betrug an drei Wintertagen die bezogene Leistung 66 Kilowatt. Woran das lag, war schnell klar - die Heizung war defekt und ihr Heizungstechniker stellte eine Stromheizung zur Verfügung. Die Folgen: bei einem Stromtarif mit Leistungspreis stiege die zu bezahlende Spitzenlast von normalerweise 4.000 Euro auf fast 16.000 Euro pro Jahr. Hinzu kommen die verbrauchten Kilowattstunden.

Das ist der Unterschied zwischen Arbeitspreis und Leistungspreis

Was genau ist der Unterschied zwischen Arbeitspreis und Leistungspreis? Unter Arbeit versteht man die Menge an Energie, also Strom, Gas oder Wärme, die an einen Energiekunden geliefert wird, gemessen in Kilowattstunden, kurz kWh. Hierfür fällt der Arbeitspreis an, der beim Strom laut dem Spitzenverband der Energie- und Wasserwirtschaft BDEW für kleine bis mittlere ­Industriebetriebe im ersten Halbjahr 2023 für Neuabschlüsse durchschnittlich bei 24,96 Cent lag.

Alle 15 Minuten wird der Leistungspreis ermittelt

Der Leistungspreis bezieht sich ebenfalls auf die bezogene Energie, setzt diese jedoch ins Verhältnis zur Zeit, also Arbeit pro Zeiteinheit. Beim Strom wird dieser Wert alle 15 Minuten ermittelt, beim Gas ein Mal pro Stunde. Grund für die Erhebung ­eines Leistungspreises: je höher die Leistung ist, desto besser muss die öffentliche Infrastruktur ausgebaut sein. Es braucht Kraftwerke, die schnell angefahren werden können und die Leitungen müssen auf das Maximum an Energie­entnahme ausgelegt sein. All das kostet Geld.

Was sind Lastspitzen?

Und wie entstehen Lastspitzen? Das kommt immer auf das Unternehmen an. Im Allgemeinen entstehen Lastspitzen dann, wenn viele Maschinen gleichzeitig eine hohe Energieleistung beziehen. Beispiele sind das gleichzeitige Anfahren von Anlagen oder das schnelle Aufheizen und Herunterkühlen von Gegenständen. Oft sind es die jährlichen Wartungen, bei denen alle Anlagen auf Funktionsfähigkeit geprüft werden oder die Kantine, die Öfen, Herde, Abluftanlagen und Spül­maschinen parallel einschaltet, was schon beim erstmaligen Überschreiten mehrere tausend Euro kosten kann.

So behalten Sie Lastgangdaten ganz einfach im Blick

Daher ist es wichtig, seine Lastgangdaten im Blick zu behalten. Gut zu wissen: man kann dadurch nicht nur teure Stromrechnungen vermeiden, sondern auch seine ­eigenen Potenziale erkennen. Angefangen bei der Höhe der sogenannten Grundlast, also dem Energieverbrauch, der rund um die Uhr stattfindet, bietet es sich ebenso an, sein Lastprofil zu nutzen, um zu erkennen, ob es sinnvoll ist, seinen eigenen Strom zu produzieren.
Über die Energieportale der Energieanbieter lässt sich außerdem zeitnah verfolgen, ob Optimierungen im Unternehmen Auswirkungen auf die Last und den Energieverbrauch haben. So muss man nicht erst ein ganzes Jahr auf die Stromrechnung warten oder seinen Verbrauch durch regelmäßiges Ablesen selbst ermitteln.

Spitzenlastmanagement-Softwarelösungen ermitteln Potenziale

Diese manuelle Lastganganalyse ist der erste Schritt. Spitzenlastmanagement-Softwarelösungen gehen noch einen Schritt weiter und können das Verhalten analysieren sowie Potenziale ermitteln. Wenn gewünscht, können sie sogar in nicht-relevante Anlagen eingreifen. Zum Beispiel kann der Ladevorgang von Elektrofahrzeugen verzögert werden oder die Klimaanlagen in Büros vorübergehend gedrosselt werden. Das spart Zeit, Geld und schont die Netze. Außerdem leisten Sie mit einem Spitzenlastmanagement einen Beitrag zur Energiewende, da das Kappen von Lastspitzen das Leitungsnetz entlastet und der Leitungsausbau auf wichtige Übertragungsstrecken fokussiert werden kann. Deshalb fördert das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle den Erwerb von Lizenzen zur Nutzung solcher Software­lösungen mit bis zu 50 Prozent.
Alles in allem hat die Unternehmerin Glück im Unglück: sie hat den RLM-­Zähler, der die Leistung misst, freiwillig einbauen lassen, verbraucht weniger als 100.000 kWh Strom im Jahr und zahlt ­daher einen Arbeitspreis und einen ­pauschalen Grundpreis. Die hohe Leistung fällt ihr nicht zur Last.

Dennis Seiler, IHK Region Stuttgart, für Magazin Wirtschaft, Rubrik Rat&Tat