Die Beschränkungen durch Corona sind weggefallen – deshalb gab es wieder die ersten IHK-Jahresempfänge mit spannenden Themen und vielen Besucherinnen und Besuchern.
Zum Frühjahrsempfang der IHK-Bezirkskammer Ludwigsburg begrüßte Bezirkskammerpräsident Julian Pflugfelder die rund 300 Gäste aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung, Bildung und Kultur im Ludwigsburger Urbanharbor-Areal gleich zweimal: Zunächst hatte die KI-Anwendung ChatGPT ihm in wenigen Sekunden eine Variante erstellt, dann folgte seine persönliche. Pflugfelder rief dazu auf, wieder stärker in Kooperationen und Partnerschaften zu denken, Silodenken zu überwinden. Dies gelte sowohl für die Erschließung der wirtschaftlichen Potentiale von künstlicher Intelligenz als auch für innovative Lösungen zur Bewältigung der aktuellen Krisenpakete.
Der Bezirkskammerpräsident mahnte, den Wirtschaftsraum im Hinblick auf die vielschichtigen Herausforderungen attraktiv zu halten und das Klima für Innovationen zu bereiten, die dringend hier am Standort stattfinden sollen. Die staatlichen Verwaltungen müssten die Wirtschaft dabei mit schlanken und beschleunigten Verfahren unterstützen. Sigrid Zimmerling, leitende Geschäftsführerin der Bezirkskammer, bestärkte die Gäste aus den Unternehmen, weiterhin aktiv mit der IHK im Kontakt zu stehen, dies sei elementare Arbeitsgrundlage der operativen Geschäftsführung für di Interessenvertretung bei der Politik auf allen Ebenen.
Unter der Überschrift „Nachhaltig und erfolgreich?!“ folgte ein Impuls von Dr. Ralf Hofmann, Mitgründer, Gesellschafter und Vorsitzender der Geschäftsführung von MHP Management- und IT-Beratung GmbH in Ludwigsburg. Es gelte Innovationen und Technologien zu fördern, die die Menschen im Sinne von wirtschaftlichem Nutzen reicher machten und gleichzeitig nachhaltig seien, so seine erste These. Auf diese Weise sorge man für deren Akzeptanz und Verbreitung. Leider sehe er, dass derzeit eher der Weg über Verbote beschritten werde. Seine zweite These: Wir müssen den CO2-Abbau auch technisch bewältigen, denn allein über den langwierigen Abbau der Emissionen sind die Klimaziele nicht zu erreichen. Die anschließenden intensiven Gespräche und Diskussionen im ansprechenden Ambiente der transformierten Industriefläche bestätigten den Bedarf, sich nach coronabedingter Pause im Rahmen des IHK-Netzwerks vor Ort persönlich auszutauschen.
Klima-fairer Empfang der IHK-Bezirkskammer Rems-Murr
Vor 300 Gästen diskutierten (v.l.) Bezirkskammerpräsident Claus Paal,Moderator Michael Antwerpes und BW-International-Chef Christian Herzog über die Situation der Wirtschaft im Kreis.
Mit über 300 Gästen aus Wirtschaft, Verwaltung und Politik feierte die IHK-Bezirkskammer Rems-Murr ihren ersten Frühlingssempfang. Bezirkskammerpräsident Claus Paal zeigte sich wie alle Gäste erfreut und erleichtert, dass wieder ohne Corona-Einschränkungen gefeiert werden konnte. Besonders auch: es war die erste Klima-faire Veranstaltung in diesem Rahmen, denn Rems-Murr ist die IHK-Pilotkammer in Sachen Klimaneutralität. So werden die verursachten CO2-Emissionen der Veranstaltung, entstanden zum Beispiel bei der Anreise der Gäste zum „Goldbergwerk“ von Bezirkskammermitglied Jörg Rauschenberger, von der IHK über die Klimaschutzstiftung Baden-Württemberg kompensiert.
„Man muss die Unternehmen machen lassen”
Gastronom Rauschenberger hatte zu Beginn der Veranstaltung seine Fellbacher Eventlocation vorgestellt, die aus einer alten Gießerei hervorgegangen ist. Seine Ausführungen über die bürokratischen Hindernisse, die er überwinden musste, bis er die Location für Produktpräsentation, Messen, Vorträge, Ausstellungen, Kleinkunst- und Konzert-Events bis hin zu privaten Festen nutzen konnte, war für Paal und Moderator Michael Antwerpes das Stichwort für ihre Bestandsaufnahme der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Situation. So beklagte Paal, dass „anpackenden Menschen“ immer mehr Steine in den Weg gelegt würden. Vielmehr sollten sie „Vorfahrt bekommen“: Unternehmen aus der Region und aus Baden-Württemberg böten Lösungen für ganz viele aktuelle Probleme, man müsse nur endlich die Unternehmen machen lassen und Gas geben.
Hilfreich sei auch die Kooperation mit BW International, der Standortförderungsagentur für die Internationalisierung der baden-württembergischen Wirtschaft. Ihr Geschäftsführer Dr. Christian Herzog stellte deren Angebot vor, das von Gemeinschaftsmessen über Ansiedelungsberatung bis zur Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft reicht. Klar wurde dabei, dass die Nachfrage nach Standorten in der Region nicht selten an den verfügbaren Fläche scheitert. Herzog zeigte sich aber überzeugt, dass das nicht so bleiben werde, weil wegen der Transformation zur E-Mobilität in einige Jahren „viele Hallen leer ziehen werden“.
Unsere Werteordnung und unser Wohlstand beruhen auch auf dem freien Miteinander, das müssen wir verteidigen
Claus Paal, Präsident der IHK Bezirkskammer Rems-Murr
Thema war auch China, wo Paal für klare Kante plädierte: „Unsere Werteordnung und unser Wohlstand beruhen auch auf dem freien Miteinander, das müssen wir verteidigen.“ Herzog, dessen Agentur auch eine chinesische Tochter hat, meinte, China werde nie isoliert sein. Er forderte aber mehr Diversifizierung, wobei es jedoch nichts bringe, ein autokratisches System durch ein anderes zu ersetzen.
Ein Enterbrainer verzaubert das Publikum
Bevor Markus Beier, leitender Geschäftsführer der Bezirkskammer, die Gäste zum Netzwerken bei Speisen und Getränken von Rauschenberger bat, wurden sie von „Enterbrainer“ Andy Häussler bestens unterhalten. Er führte vor, was die Kraft der Gedanken vermag – von verblüffenden Rechenkünsten im magischen Quadrat bis zur Überführung von „Schwindlern“ anhand deren Mimik und Gestik und zum Reproduzieren einer zuvor verdeckt gefertigten Zeichnungen allein aufgrund von Konzentration.
Einblick in Tücken des Klimaschutzes beim Empfang der IHK Bezirkskammer Esslingen Nürtingen
Zum Frühjahrsempfang der IHK-Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen begrüßten Präsidentin Heike Kauderer und Geschäftsführer Christoph Nold rund 300 Besucher in den Räumen der Württembergischen Landesbühne Esslingen – darunter viele Gäste aus Wirtschaft, Politik, Schule und IHK.
Wie eine globale Energiewende ökonomisch bewältigt werden kann – das war das Thema des Gastredners Prof. Franz Josef Radermacher, Mitglied des Club of Rome und Leiter des Forschungsinstituts für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung in Ulm. Radermacher ist Vordenker einer weltweiten Transition zu einer klimaverträglichen Wirtschaft, kritisiert aber die Energie- und Klimapolitik in Deutschland als ideologisch und selbstbezogen. „Wir geben Unsummen aus, um als Land klimaneutral zu werden. Dabei verbrauchen wir Geld, das für den globalen Klimaschutz fehlt und beschädigen unseren eigenen Wohlstand.“
Für arme Länder zu teuer
Radermacher sieht in diesem kostspieligen Weg kein realistisches Vorbild. „Unsere Aufgabe kann es nicht sein, zu zeigen, was man mit sehr, sehr teuren Maßnahmen in einem sehr, sehr reichen Land machen kann.“ Indien mit seiner Bevölkerung von fast eineinhalb Milliarden wachse derzeit wirtschaftlich mit Raten um sieben Prozent. Um die dadurch verursachten Mehremissionen an Kohlendioxid zu kompensieren, müssten mehrere Billionen Euro ausgegeben werden, schlüge das Land den gleichen Weg ein wie wir. Da Indien und andere arme Länder über diese Mittel nicht verfügen, hätten sich die Industrienationen im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens zur Mitfinanzierung verpflichtet
Insbesondere kritisierte Radermacher die Fixierung auf regenerativen Strom. Elektrischer Strom mache überhaupt nur ein Fünftel der globalen Energieerzeugung aus. Viele Länder verfügen gar nicht über ein nennenswertes Stromnetz und zwei Drittel der weltweiten Primärenergie stammen aus fossilen Quellen. Wasserstoff aus grünem Strom zu erzeugen sei ineffizient und werde noch lange extrem teuer bleiben, auch weil der Aufbau der Erzeugungskapazitäten Jahrzehnte benötige. Als preisgünstige und schnell wirkende Maßnahme sieht der Energieexperte dagegen das so genannte Carbon Capturing an. Dabei wird Kohlendioxid am Entstehungsort, etwa einem Kraftwerk oder Stahlwerk, abgefangen und in ehemalige Gas- oder Öllagerstätten verpresst.
Diese Technik könne sofort eingesetzt werden und sei mit Kosten von etwa 100 Euro pro Tonne Kohlendioxid auch gut finanzierbar, sagte Radermacher. „Der Einsatz von Carbon Capture würde den ärmeren Ländern eine Vervierfachung ihres Bruttoinlandsproduktes erlauben.“ Und helfen, den Wohlstand der Industrienationen zu erhalten. „Das ist notwendig für uns und weil wir der Welt helfen wollen.“
Neben der Energieversorgung sind der Fachkräftemangel und der Bedarf an Gewerbeflächen wichtige Standortbedingungen, die den Unternehmen in der Region zu schaffen machen. IHK-Bezirkskammerpräsidentin Heike Kauderer nahm die Bildungspolitik als entscheidenden Faktor für den Fachkräftenachwuchs in den Blick. „Wir müssen die Schulen stärken und in Kita und Kindergarten dafür sorgen, dass die Kinder schon mit einer ausreichenden Sprach- und Sozialkompetenz in der Grundschule ankommen.“ Die derzeitigen Kürzungen der Kommunen bei den Kindergärten seien fatal. Kauderer forderte die Betriebe auf, jungen Leuten die Gelegenheit zu Betriebspraktika zu geben. „Die Mühe lohnt sich, machen Sie das bitte zur Chefsache!“
“Squeeze-out” bei Gewerbegebieten?
Christoph Nold, leitender Geschäftsführer der Bezirkskammer, wies darauf hin, dass die Transformation der Automobilindustrie und der Energiewirtschaft auch Flächen brauche. „Doch die Hälfte der Gewerbeansiedlungen in der Region in den letzten drei Jahren ist am Widerstand der Bürger gescheitert.“ Zäh seien vor allem auch die Grundstücksverhandlungen mit zum Teil mehreren hundert Eigentümern, von denen im Prinzip jeder Einzelne das Vorhaben zu Fall bringen könne. Nold brachte hier den Gedanken ins Spiel, eine gesetzliche Regelung analog zum „Squeeze-out“ im Aktienrecht zu schaffen. Dies würde es erlauben, einen Rest von Eigentümern zwangsweise abzufinden, wenn die große Mehrheit freiwillig verkauft hat.
Im Anschluss an das Programm nutzten die Gäste die Gelegenheit zum zwanglosen Austausch. Für den musikalischen Rahmen sorgte die Groovin‘ High Big Band der Musikschule Esslingen.