Unser Startup im Mai

Sexy Wäsche mit Gewissen

„Lingerie for those who care“, steht auf der Visitenkarte von Gründerin Corinna Borucki. Auf Deutsch wäre das vielleicht zu übersetzen mit „Wäsche für Menschen, denen die Welt nicht egal ist“. Solche ­Wäsche gibt es freilich schon lange. Sie ist aus Wolle oder ungebleichter Baumwolle, und das gute ökologische Gewissen des Trägers blinzelt aus jeder Masche. Doch wer heute die Welt retten will, möchte das Gute mit dem Schönen verbinden, toll aussehen und sich doch ökologisch und sozial korrekt verhalten.
Borucki zum Beispiel suchte nachhhaltige Spitzenunterwäsche. Die 32-Jährige hatte auch eine Idee, wo sie suchen muss. Schließlich betreibt die junge Frau aus der Vulkaneifel seit Jahren einen Blog namens „­Kissen und Karma“, der vor allem Leserinnen zu einem gleichzeitig schönen wie fair und nachhaltig ausgestatten Leben verhelfen will. Doch Wäsche? Fehlanzeige!

Ein IHK-Seminar lieferte das Rüstzeug für den Start

Das brachte die 32-Jährige auf die Idee, diese Lücke selber zu füllen. Fünf Jahre hatte sie nach ihrem BWL-Studium mit Schwerpunkt Marketing in einem Unternehmen für ökologische Waschmittel gearbeitet. Sie beschloss, ihre Arbeitszeit zu reduzieren und im Nebenerwerb ein Unternehmen aufzubauen. Ein IHK-Seminar zum Thema lieferte ihr das nötige Rüstzeug für den Start. Doch der Arbeitgeber konnte sich mit dem Teilzeitmodell nicht anfreunden. Kurz entschlossen kündigte Borucki, worüber sie im Nachhinein froh ist, denn „sonst hätte alles 1000 Jahre ­länger gedauert“, ist sie überzeugt. „Eine Existenzgründung ist doch eine weite Reise!“
Dank Erspartem und dem Gründungszuschuss des Arbeitsamtes muss sie „nicht unter der Brücke schlafen“. Als sehr hilfreich erwies sich auch die Unterstützung durch das Social Impact Lab, das unter anderem von der Caritas und der Karl Schlecht Stiftung getragen wird und das Gründer in der Startphase mit dem ­Stipendienprogramm „Wirkungsschaffer“ inklusive Coaching, Beratung und Arbeitsplatz im Co-Working-Space hilft.
Es kam doppelt so viel zusammen wie ich erwartet hatte

Corinna Borucki über den Erfolg ihrer Crowdfounding-Aktion

Weil das alles aber nicht reichte, um die ­30 000 Euro für die Produktion ihrer ­ersten Kollektion zusammenzubringen, startete Corinna Borucki eine Crowdfounding-Aktion. Der Erfolg überwältigte sie: „Es kam doppelt so viel zusammen wie ich erwartet hatte“, freut sie sich noch jetzt. Insgesamt 570 Unterstützer bestellten mehr als 700 Teile.
Die Designentwürfe für die Wäsche zeichnete Borucki selber und schickte sie dann an eine portugiesische Firma, die ihre sozialen und ökologischen Ansprüche teilt. Dort werden die Entwürfe umgesetzt und schließlich genäht. Verwendet wird dabei nur Material, das in­Europa hergestellt wird.  Das findet sie auf speziellen Messen, vor allem auf der ­Lingeriemesse in Paris. Der Stoff ist aus einem relativ neuen Material namens­Tencel, das  aus geschreddertem Holz her- gestellt wird.
Angefangen hat die Gründerin mit je drei BHs, Slips und Hemdchen. Die erste Kollektion ist längst weg und auch von der zweiten sind nur noch wenige Teile da. Ziel ist es, jedes Jahr etwas Neues auf den Markt zu bringen: „Slow Fashion“, wie Borucki sagt. Kaufen kann man die Stücke hauptsächlich im Internet, aber auch ­erste Fair-Fashion-Boutiquen haben ihre ­Wäsche ins Sortiment aufgenommen.

Der Markenname funktioniert international

Coco Malou ist ein Fantasiename. „Gut klingen sollte er und das Coco kommt ja von Corinna“, erklärt die Gründerin. Wichtig bei der Namenswahl war außerdem, dass er international leicht aussprechbar ist, auch wenn sie zunächst nur den deutschsprachigen Raum anvisiert.
Seit 2019 ist Coco Malou auf dem Markt. Schon Anfang 2020 musste das Startup umziehen, weil die erste Fläche zu klein geworden war. Eine Werkstudentin und eine Praktikantin unterstützen sie beim „daily business“. Außerdem arbeitet sie mit einer befreundeten Visagisten und ­einem Fotografen zusammen.
Zielgruppe sind Frauen, die ähnlich ­„ticken“ wie sie, nämlich authentisch aber gleichzeitig entspannt, die ohne Moral- keule etwas Gutes für unsren Planeten tun wollen. Davon gibt es viele, wie ihr Blog und ihr Instagram-Account beweisen, wo sie sagenhafte 55800 Follower hat.  Viele potenzielle Kundinnen also.

Dr. Annja Maga für Magazin Wirtschaft 5-6.2020, Rubrik Startup