Chancen und Hürden in Nahost und Nordafrika

Koenig & Bauer zählt zu den weltweit führenden Druckmaschinenherstellern und ist seit vielen Jahren auch in der MENA-Region aktiv. Im Interview mit den Außenwirtschafts-Nachrichten erläutert Sven Strzelczyk, Vice President Sales, warum dieser Markt für das Unternehmen an Bedeutung gewonnen hat, welche Länder derzeit besonders dynamisch sind und wie man den technischen Support vor Ort organisiert. Zudem spricht er über regulatorische Hürden und gibt praxisnahe Tipps für deutsche Unternehmen, die den Schritt in die Region wagen möchten.
Wann und warum hat Ihr Unternehmen den Schritt in die MENA-Region gewagt?
Ich arbeite schon seit 1991 bei Koenig & Bauer, damals noch KBA-Planeta. Diese Märkte wurden schon immer aktiv bearbeitet. Vor der Wende durch das Außenhandelskombinat in Berlin und danach dann in den Vertriebsbereichen in unserem Hause. Es ist generell unsere Philosophie, weltweit vertreten zu sein. Die MENA-Region macht da keine Ausnahme. Jedoch hat die Zusammenarbeit in den letzten fünf Jahren eine Beschleunigung erfahren. Zum einen durch einen gestiegenen Bedarf, zum anderen durch eine geschickte Auswahl der Vertriebspartner.
Gibt es Länder, die besonders dynamisch sind?
Da würde ich zwei Länder oder Regionen nennen wollen. An erster Stelle Saudi-Arabien, das sich wirtschaftlich und politisch öffnet. Hinzu kommt, dass Saudi Arabien eine andere Kostenstruktur hat als zum Beispiel die V.A.E., weshalb Anwender gezwungen sind, anstelle auf billige Arbeitskräfte in eine bessere Automatisierung zu investieren. Koenig & Bauer kann da voll seine Vorteile ausspielen. Als zweites möchte ich eine Region nennen: die Maghreb-Staaten. Auf unserer großen Branchenmesse, der Drupa 2024 in Düsseldorf, wurden für diese Länder spürbar mehr Projekte angebahnt.
Wie organisieren Sie Ihren Vertrieb vor Ort – über Partner, Agenten oder eigene Niederlassungen?
Unsere Herangehensweise ist, dass wir in großen, umsatzstarken Ländern mit eigenen Tochtergesellschaften arbeiten. In der MENA-Region arbeiten wir mit Vertriebspartnern, die zum Beispiel durch den Verkauf von Verbrauchsmaterialien (Papier, Farbe etc.) bereits einen direkten Kundenzugang haben.
Wie stellen Sie sicher, dass Kunden vor Ort schnell technischen Support erhalten?
Technischer Support ist heute ein Muss, und zwar nicht nach Tagen, sondern sofort oder noch besser präventiv. Dazu haben wir ein dreistufiges System entwickelt. In einer ersten Stufe unterstützen wir per Hotline, wir können uns auf die Kundenmaschine aus Radebeul quasi aufschalten. Damit werden an die 80 Prozent der Fragen gelöst. Die zweite Servicestufe sind die Servicemitarbeiter der Vertriebspartner, die bei uns im Campus geschult wurden. Letztlich bleibt die Anreise eines Technikers aus dem Werk, was aber eher die Ausnahme bildet. Bei der Ersatzteilversorgung ist es für uns von großem Wert, dass DHL in Leipzig nur 80 Kilometer vom Werk entfernt ist.
Welche regulatorischen Hürden (Zoll, Zertifizierungen, Importbeschränkungen) sind besonders relevant?
Importbeschränkungen gibt es zum Glück nicht. Für einige Länder benötigen wir für die Einfuhr so genannte SGS-Zertifizierungen. Dafür gibt es aber Ansprechpartner in Deutschland. Was uns wirklich zu schaffen macht, sind Hürden bei der Visabeschaffung. Die deutschen Auslandsvertretungen sind zum Teil restriktiv und auch unsere Versuche der Intervention über politische Vertreter haben keinen wirklichen Erfolg gebracht. Es ist manchmal frustrierend, dass wir Endkunden nicht von unseren Maschinen begeistern können, weil wir sie nicht in unser Vorführzentrum einladen können.
Welchen Rat würden Sie einem Unternehmen geben, das auch in die MENA-Region exportieren möchte?
1. Suchen Sie sich starke Vertriebspartner vor Ort, da kommen z.B. die AHKs in den Zielländern als Ratgeber in Frage. Wenn Sie mehrere Optionen für Vertriebspartner haben, nehmen Sie diese bereits in der Findungsphase zu potentiellen Kunden mit, um einen Eindruck zu gewinnen, wie kompetent sie sind und wie sie von den Anwendern aufgenommen werden.
2. Versuchen Sie, Marktbearbeiter zu finden, die entsprechend dem Marktgebiet sozialisiert sind. Interkulturelle Kompetenz als Puffer zwischen der Firma und dem Endkunden ist hilfreich.
3. Nehmen Sie sich Zeit für den persönlichen Kundenkontakt vor Ort. Deutsche Firmen haben einen guten Ruf. Da die Firmen oft inhabergeführt sind, entsteht gegenseitiges Vertrauen aber bei einem persönlichen Besuch.

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Die MENA-Region Region ist weit mehr als nur ein Absatzmarkt: Sie ist eine strategische Drehscheibe im Handel zwischen Europa, Asien und Afrika. Für Deutschland ist sie gleichermaßen Beschaffungsquelle für Rohstoffe wie Zukunftspartner in Fragen der grünen Transformation. Die aktuellen Außenwirtschaftsnachrichten (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 3108 KB) stellen attraktive Märkte und Branchen in der Region vor und geben Tipps und nennen Fakten für den richtigen Markteinstieg.
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