Energiewende bleibt für Unternehmen weiter herausfordernd
Die Unternehmen in Deutschland können die Transformation nur stemmen, wenn sie dadurch nicht ihre Wettbewerbsfähigkeit einbüßen. Das ist ein zentrales Ergebnis des Energiewende-Barometers der IHK-Organisation 2025.
Die Umfrage, an der sich etwa 3.600 Unternehmen über Branchen und Regionen hinweg beteiligt haben, zeigt das aktuelle Stimmungsbild der Betriebe zur Energiewende.
In vielen Betrieben dominieren aktuell Skepsis und Verunsicherung beim Stichwort Energiewende
, sagt Achim Dercks, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK).
Hohe Kosten, untragbare Bürokratie und die insgesamt herausfordernde wirtschaftliche Situation führen dazu, dass weniger Kapazitäten und finanzielle Mittel für Klimaschutz zur Verfügung stehen.
Viele Industrieunternehmen verließen schrittweise den Standort berichtet Dercks – bei großen Industriebetrieben sogar mit weiter steigender Tendenz.
Hinzu kommt Unsicherheit darüber, welchen Kurs die neue Regierung in der Energiewende einschlägt. Die Folge: Die Unternehmen warten ab. Die Energiewende steht vielerorts auf Standby.
Unternehmen weiterhin skeptisch
Auf einer Skala von minus 100 (sehr negativ) bis plus 100 (sehr positiv) beurteilen die Betriebe die Energiewende 2025 im Schnitt mit einem Wert von minus 8,3. Damit ist die Sicht auf die Energiewende zwar nicht mehr ganz so skeptisch wie im Vorjahr (minus 20), sie liegt aber weiterhin im negativen Bereich.
Auch mit Blick auf die sächsische Wirtschaft liegt der Wert mit minus 2,3 noch im negativen Bereich. Besonders kritisch dabei die Einschätzung der Industrie mit minus 15.
Die Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit treibt viele Unternehmen um. So beurteilt mehr als jeder dritte Umfrageteilnehmer (36 Prozent) die Auswirkungen der Energiewende auf die eigene Wettbewerbsfähigkeit negativ, nur jeder vierte positiv.
Das DIHK-Energiewende-Barometer zeigt aber auch: Die Mehrheit der Betriebe steht grundsätzlich zu dem Ziel, klimaneutral zu werden. So setzen sich 89 Prozent der Unternehmen und damit die ganz überwiegende Mehrheit ein eigenes Ziel in Bezug auf die Klimaneutralität bis spätestens 2045. Viele von ihnen wollen sogar früher klimaneutral werden: 43 Prozent der Betriebe planen dies schon bis zum Jahr 2040, 26 Prozent sogar bis zum Jahr 2030. 6 Prozent der Teilnehmer gaben an, bereits klimaneutral zu sein.
Als größtes Hemmnis auf dem Weg zur Klimaneutralität sehen die meisten Unternehmen die ausufernde Bürokratie, gefolgt von unzureichenden Informationen und fehlender Planungssicherheit. Als weitere große Hürde werden lange Genehmigungsverfahren sowie fehlende Infrastruktur wahrgenommen.
In Sachsen zeigt sich ein ähnliches Bild, wobei unzureichende Informationen und fehlende Planungssicherheit mit Abstand am kritischsten eingeschätzt werden – ein klares Signal in Richtung aktuelle Energiepolitik.
Hohe Energiepreise belasten die Betriebe
Die hohen Energiepreise sind für die Betriebe weiterhin ein Thema. Etwa die Hälfte berichtet von gestiegenen Preisen für Strom und Wärme in den vergangenen zwölf Monaten.
Unternehmen in Deutschland zahlen deutlich mehr für Strom und Wärme als ihre Wettbewerber in anderen Ländern
, erklärt Achim Dercks.
Geld, das an anderer Stelle fehlt, nicht zuletzt bei den Investitionen in Transformation der Industrie.
Wenngleich der Anteil der sächsischen Unternehmen mit gestiegenen Preisen etwas geringer – bei etwa einem Drittel – liegt, so bleibt der Gesamtblick auch hier ähnlich.
Fragestellung: Wie beurteilen Sie die Auswirkungen der hohen Preise für Energie auf Investitionen? Die höheren Ausgaben aufgrund der Stromkosten und/oder Gaspreise führen insgesamt zu: (Mehrfachnennungen möglich)
Tatsächlich stellen die Betriebe laut Energiewende-Barometer Investitionen besonders in Klimaschutzmaßnahmen gegenüber dem Vorjahr zurück. Ebenso kritisch ist die Zurückhaltung im Bereich der Kernprozesse zu beurteilen. 41 Prozent aller Unternehmen und sogar 63 Prozent der Industriebetriebe sehen sich durch die hohen Energiepreise vor allem gegenüber ihren internationalen Konkurrenten benachteiligt.
Weniger Bürokratie, mehr Verlässlichkeit in der Infrastruktur
Die Befragten haben klare Vorstellungen dazu, was passieren muss, damit die Energiewende in den Betrieben wieder in Schwung kommt: 82 Prozent der Unternehmen fordern, dass die Politik die Steuern und Abgaben auf den Strompreis senkt. Auch bessere Rahmenbedingungen für Eigenversorgung und Direktlieferverträge (PPAs) sind für vier von fünf Unternehmen (81 Prozent) wichtig. Aktuell spielen PPAs keine nennenswerte Rolle bei der Energieversorgung. Fast drei Viertel der Unternehmen (72 Prozent) fordern eine verlässliche Infrastruktur. Jeweils rund die Hälfte der Unternehmen befürwortet einen Rechtsrahmen für die CO2-Abscheidung und -Speicherung sowie einen breiten Zugang zu Wasserstoff. Die Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Nutzung von Wasserstoff führen auch dazu, dass dessen Nutzung zur Wärmeversorgung (Prozess- und Raumwärme) in 90 Prozent der Unternehmen in keine Planungsmaßnahmen einfließt.
Dercks:
Dercks:
Die Rückmeldungen aus den Unternehmen zeigen deutlich: Es braucht dringend eine Generalüberholung der deutschen Energiepolitik. Die erfolgreiche Transformation der Wirtschaft ist nur möglich mit praktikablen und attraktiven Rahmenbedingungen für die Unternehmen.
Das Stimmungsbild des Barometers basiert sowohl in Sachsen als auch auf Bundesebene auf einer begrenzten Zahl teilnehmender Unternehmen und bildet damit nur einen Ausschnitt des gesamten wirtschaftlichen Spektrums ab. Dennoch ist davon auszugehen, dass die identifizierten Herausforderungen in weiten Teilen stellvertretend für zentrale Entwicklungstendenzen in der Wirtschaft stehen. Die konkrete Ausprägung und Gewichtung einzelner Themenfelder kann je nach Unternehmensgröße, Branche, Standort sowie internationaler Wettbewerbssituation erheblich variieren.
Quelle: DIHK