Hidden Champion Optitime

Punktlandung der Early Birds

Die OptiTime GmbH & Co. KG entwickelt Software, damit auf der Baustelle die Zeit und Kosten nicht aus dem Ruder laufen. Auch hinter dem eigenen Erfolg steckt gutes Timing: Das Unternehmen war mit seinem Angebot zum richtigen Zeitpunkt am Markt und hält seitdem die Spitzenposition – ein Hidden Champion. (Von Dominik Dopheide)
 „Ich war als kaufmännischer Angestellter damit betraut worden, gestempelte Zeiten in Listen einzutragen“, erzählt Frank Asche, Gründer und Geschäftsführer des in Rheine ans ässigen Unternehmens. Damals fasst er den Gedanken: Sollte er sich jemals selbstständig machen, würde diese Aufgabe nicht von Menschenhand erledigt werden. Asche gründet den „Elter Schaltanlagenbau“ und lässt von der IT-Abteilung eine automatische mobile Zeiterfassung entwickeln, um den Einsatz von Man-Power und Maschinen optimal planen zu können. Zunächst gibt er nur den Monteuren des eigenen Betriebs das notwendige Handy ins Gepäck. Sofort aber melden die Kunden – überwiegend Unternehmen des Baugewerbes und benachbarter Branchen in Deutschland – dass sie selbst großes Interesse an einer mobilen Erfassung von Einsatzzeiten und technischen Daten hätten. Gemeinsam mit Berthold Wedi, Kopf des Technik-Teams, gründet Asche eigens ein Systemhaus, um die Software OptiControl marktreif weiterzuentwickeln – zur Jahrtausendwende, als Handys klein, Funklöcher groß und Smartphones noch Zukunftsmusik waren.
Hidden Champions
690 Unternehmen in NRW gehören laut einer Studie (pdf) des Forschungszentrums Mittelstand der Universität Trier zu den „Hidden Champions“, 73 davon haben ihren Sitz in Nord-Westfalen. Hidden Champions gehören zu den Top-3-Unternehmen auf dem Weltmarkt oder sind Marktführer auf dem Kontinent, erwirtschaften einen Umsatz von weniger als fünf Milliarden Euro und verfügen nur über einen geringen Bekanntheitsgrad. 
„Es war technisch und juristisch kompliziert, die Handys hatten ja noch keine GPS-Funktion“, erinnert sich Wedi. Mit Verhandlungsgeschick bahnen die beiden Geschäftsführer damals den Daten und somit dem Unternehmenserfolg den Weg: Ein Mobilfunknetzbetreiber gibt grünes Licht für die Nutzung seiner standortbezogenen Dienste. „Wir sind im Technologie-Bereich grundsätzlich Early Birds“, sagt Wedi und hat somit wohl einen der Gründe für den kontinuierlichen Aufstieg des Unternehmens genannt. Jedenfalls haben er und Asche mit ihrem Produkt eine Punktlandung im perfekten Markt hingelegt, denn die Digitalisierung sei damals in der Baubranche noch nicht weit gediehen, berichten sie.

Kundenwunsch ein Innovator

Seitdem haben die „Early Birds“ Wedi und Asche manche Idee ausgebrütet, um die Dokumentation planungsrelevanter Daten aus den Büros dorthin zu verlagern, wo die Leistungen erbracht werden: auf die Baustelle. „Wir haben mit der Personalplanung angefangen, danach unter anderem die Planung der Großgeräte und die Materialerfassung eingebunden“, erklärt Asche, der angesichts der hohen Nachfrage nach dem Produkt gemeinsam mit seinem Geschäftsführer-Kollegen ein neues Unternehmen gegründet hat: OptiTime. „Wir liefern keine browserbasierte App, sondern ein natives Komplementär-Produkt
zum ERP-System“, erklärt Wedi, der in diesem Punkt ein Alleinstellungsmerkmal sieht. Vor jedem OptiTime-Projekt stehe eine Prozessanalyse, in der die Bedarfe der Kunden identifiziert werden. Auf dieser Basis werde die Software wunschgemäß angepasst. Die neuen Funktionen finden danach Eingang ins Standard-Produkt. Der Kundenwunsch also ist Co-Regisseur in dieser Erfolgsstory, denn auf seiner Grundlage hat OptiTime die Vielseitigkeit des Programms stetig gesteigert und ein Instrument geschaffen, dass für Steuerung und Controlling von großen komplexen Projekten eingesetzt werden kann. So ist die Referenz-Liste gespickt mit klangvollen Namen aus der Baubranche, aber auch kleinere Unternehmen aus anderen Bereichen werden genannt. Frank Asche ist durchaus stolz darauf, dass die in Aachen ansässige Theod. Mahr Söhne GmbH mit OptiTime arbeitet. Das Unternehmen baue und installiere seit 1841 Kirchenheizungen, und sei damit der älteste Heizungsbauer in Deutschland, sagt er. Mahr nutzt viele Features der Software: optimale Routenplanung für die Monteure, Import von Serviceaufträgen, Datenaufnahme vor Ort, zum Beispiel Zeiterfassung für die Lohnabrechnung, aber auch technische Informationen wie Messdaten der Brenner für den digitalen Servicebericht.
OptiTime GmbH & Co. KG
Branche: Softwarehersteller
Geschäftsfelder: Software für Bauunternehmen
Standorte: Rheine, Nordhorn und Memmingen
Anzahl Mitarbeiter: 38
Räumliche Absatzmärkte: bundesweit
Jahresumsatz: ca. 3 Millionen Euro

Agil in die Zukunft

Seit 2011 ist OptiTime stetig gewachsen, hat Team und Umsatz vergrößert und zwei weitere Standorte gegründet. Der nächste Schritt der Unternehmensentwicklung vollzieht sich auf einer anderen Ebene: „Es geht um die Umsetzung innovativer Arbeitsmethoden, wir haben die Abteilungsstruktur komplett aufgelöst“, erklärt Asche, der den Umbruch von einer externen Beratungsfirma begleiten lässt. Je nach Anforderung der Aufgaben stellen er und Wedi jetzt sogenannte cross-funktionale Teams zusammen – interdisziplinäre Gruppen, die mit Ideen und Instrumenten des agilen Arbeitens die Projekte nach vorn treiben. Zuvor hatten die beiden Geschäftsführer viele Gespräche geführt, um die Kompetenzen ihrer Belegschaft noch besser auszuloten. Das sei für die Zusammenstellung eines perfekten Projektteams der erste und wichtigste Schritt, erklärt Asche. Vertrauen in die Kompetenzen des anderen: Darin liegt auch das Erfolgsgeheimnis des cross-funktionalen Teams Wedi/Asche. Grundlage der gemeinsamen Unternehmensführung sei, dass die Zuständigkeiten geklärt sind. „Berthold Wedi ist der Software-Architekt, ich bin der Kaufmann“, erläutert Asche und fügt an: „Wir haben die Bereitschaft und Fähigkeit, Konflikte zu lösen, die aus den Perspektiven unserer Kompetenzbereiche entstehen können.“ Kompromisse gibt es dabei nicht, da sie für beide mit Abstrichen verbunden wären. Stattdessen fällt, nach einem Meinungsaustausch, derjenige die Entscheidung, der für das Thema zuständig ist. „Erweist sich die Lösung als suboptimal, halten wir uns nicht mit der Frage auf, wer es verbockt hat, sondern konzentrieren uns darauf, den Zustand zu verbessern“, erläutert Wedi eine Fehlerkultur, die auch in den Projektteams gelebt werden soll. Immer weiter wollen die Geschäftsführer das Unternehmen für modernste Arbeitsmethoden öffnen. Noch höher werde somit die Wirkungskraft des Teams, noch größer die Anziehungskraft für Fachkräfte. „Im B-to-B ist es normal, von der breiten Öffentlichkeit nicht wahrgenommen zu werden, deshalb machen wir uns als Arbeitgeber immer attraktiver und vermitteln das über Social-Media-Kanäle“, sagt Asche. Er verweist darauf, dass OptiTime vom Kreis Steinfurt in der Kategorie „New Work“ als „Top-Arbeitgeber der Region“ und vom Arbeitgeberportal kununu als „Top-Company“ ausgezeichnet worden ist. Zudem habe das Magazin Focus das Unternehmen als „Top-Arbeitgeber Mittelstand“ nominiert. Die Person zu wertschätzen, nicht nur die Arbeitskraft: Dieser Führungsstil sei der entscheidende Faktor für den Erfolg ihres Unternehmens, sind er und Wedi überzeugt. Genauso soll es weiter gehen. OptiTime soll seinen familiären Charakter behalten. Eine Übernahme durch einen Konzern kommt für die Gründer, allen Anfragen zum Trotz, nicht in Frage. Selbst wenn weitere Niederlassungen entstehen: Der Hauptsitz soll in Rheine-Mesum bleiben. „Weil das unsere Heimat ist“, sagt Frank Asche.