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Buchhandlung trifft Rätselkeller
Mit zwei Escape Rooms, unter anderem über die eigene Familiengeschichte, hat Alexander Terlau seiner traditionsreichen Buchhandlung Sievert in Dülmen zukunftsweisende Impulse gegeben. | Text: Britta Zurstraßen

„Ich hatte schon längere Zeit auf Messen und Veranstaltungen nach einem Alleinstellungsmerkmal für unsere Buchhandlung gesucht“, erzählt Alexander Terlau, Buchhändler in der fünften Generation am Markt in Dülmen. Er öffnet eine Tür hinter den Verkaufsräumen. Der Blick fällt auf rund 100 Jahre alte Requisiten aus einer Druckerei – einen großen Setzschrank, metallene Druckwerkzeuge und ordentlich aufgereihte Bleisatz-Buchstaben. Hier hat der Unternehmer „als weltweit erster Buchhändler“, stellt er hervor, einen Escape Room geschaffen. Spielergruppen tauchen dort tief in die 1920er Jahre ein, um das Geheimnis zweier Familien zu enträtseln. „Meine Vorfahren betrieben hier eine Druckerei und einen Buchhandel und erhielten den Auftrag, Notgeld zu drucken, um der Hyperinflation 1922 entgegenzutreten“, erzählt Terlau. Ihre Freunde, die Hellmanns, führten eine erfolgreiche Brennerei, kämpften jedoch zu dieser Zeit mit explodierenden Alkoholsteuern und verschiedenen Einschränkungen. Gemeinsam schufen die Familien einen versteckten Zufluchtsort, dessen Geschichte die Spielerinnen und Spieler in diesem Rätselraum auf die Spur kommen müssen.
Weltweit erster Buchhändler mit Escape Room
Das Schlüsselerlebnis für sein zweites unternehmerisches Standbein hatte Terlau bereits 2018. „Mit meinem Team besuchten wir auf unserer Weihnachtsfeier einen Escape Room in Münster. Danach war mir klar: Das ist mein Ding“, zeigte er sich begeistert. Zu dieser Zeit verkaufte er in seiner Buchhandlung Sievert erfolgreich Exit Games von einem bekannten Verlag und sah, dass das Interesse an solchen Spielen groß war. Dabei müssen die Spieler möglichst schnell aus einer Situation entkommen und dafür verschiedene Aufgaben oder Rätsel lösen. Terlau machte sich schlau auf Veranstaltungen und in Foren der Escape-Szene und beschloss, einen ersten Rätselkeller in seiner Buchhandlung mit einem Sherlock-Holmes-Krimi einzurichten. „Ich wollte mit einer Detektivgeschichte, die fast jeder kennt, unserem Unternehmen mit dem Escape Room einen modernen Impuls geben“, sagt er. Dafür öffnete er das Souterrain zur Buchhandlung, richtete es im authentischen, englischen Stil ein und setzte die Geschichte um, die die Spieler errätseln müssen.
Die Escape Rooms geben unser traditionsreichen Buchhandlung einen Impuls für die Zukunft.
Während der Coronazeit kümmerte er sich um die Nutzungsänderung und Brandschutzvorgaben und eröffnete Mitte 2022 seinen ersten „und im Kreis Coesfeld einzigen Escape Room“, betont er. 1900 Gruppen mit bis zu sechs Spielern aus einem Radius von rund 120 Kilometern um Dülmen herum haben sich bisher unter der Buchhandlung Sievert im Rätselkeller auf die Spuren des großen englischen Detektivs gemacht. Schöner und geplanter Nebeneffekt: „Die Gäste, die spielen, kaufen auch gern mal ein Buch“, berichtet Terlau. Seine Investition hat sich schon „eingespielt“.
Über 1900 Rätselteams waren bereits in Alexander Terlaus erstem Escape Room auf den Spuren von Sherlock Holmes.
Mit der Vergangenheit in die Zukunft
In Terlaus Kopf spukte jedoch noch immer die Umsetzung der eigenen Familiengeschichte als abenteuerliche Rätselreise. Die Idee wurde real, als auf einer Messe der in der Spiel- und Filmszene bekannte Creator Chris Lattner auf sein erstes Escape-Angebot in Dülmen aufmerksam wurde. „Ich erzählte ihm von der Story über die beiden Familien und er war begeistert “ berichtet Terlau. „Rund ein Jahr lang erarbeiteten wir mit Lattner zusammen die Geschichte. Dann kreierte sein Team über Wochen in unseren Räumen hinter der Buchhandlung eine Zwanzigerjahre-Atmosphäre, in der die Spielergruppen auf eine spannende Zeitreise gehen“, sagt der Buchhändler. Seit Anfang 2025 lassen sich die Geheimnisse der beiden Dülmener Familien erleben und entschlüsseln. „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind an allen Tagen der Woche mit Begeisterung dabei, den Gruppen ein besonderes Erlebnis zu bieten“, freut sich Terlau auch über den Zuspruch in seiner Belegschaft. Unternehmen aus der Umgebung nutzen die Escape-Spiele als innovative Möglichkeit, die Dynamik in ihren Teams und neue Mitarbeiter in lockerem Umfeld zu erleben.
„Unsere Gäste wollen bei den Spielen gemeinsam eine gute Zeit verbringen“, erklärt Alexander Terlau. Neben Firmen kommen vor allem Freunde und Familien in die Rätselräume und machen die Geschichten lebendig. Für den Sommer stehen jetzt auch Outdoor-Rätselspiele für Kinder und Erwachsene auf dem Programm. Terlau sieht sein Traditionsgeschäft in Verknüpfung mit dem Escape-Angebot zunächst erfolgreich für die Zukunft aufgestellt. „Der Bedarf Buch wird mittlerweile auch an anderer Stelle bedient“, weiß er. „Mit den Escape Rooms präsentiere ich mich dem Publikum als modern und perspektivisch denkender Mensch.”
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