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Fachkräftesicherung beginnt in der Schule
Aha-Moment vor drei Jahren: Der damals 15-jährige Schüler Ole Macher absolviert ein Praktikum bei Rottendorf Pharma und stellt im Ausbildungslabor eine Salbe her. Heute absolviert Macher eine Ausbildung zum Chemielaboranten. | Text: Mareike Scharmacher-Wellmann
Praxiserfahrung haben Ole Macher (l.) und Julian Freitag (r.) zum ersten Mal im Praktikum gesammelt. Ein Aha-Moment für die damaligen Schüler. Heute machen sie eine Ausbildung zum Chemielaboranten und Pharmakanten.
Erfolgsrezepte aus der Praxis
Die Rottendorf Pharma aus Ennigerloh ist seit einem Jahrzehnt dabei. Warum, erklärt Ausbildungsleiterin Johanna Sökeland: „Neue Auszubildende fallen leider nicht vom Himmel. Außerdem wollten wir das Image unserer Ausbildungsmöglichkeiten weiter stärken.“
Als Schüler schnupperte Julian Freitag erste Praxisluft bei Rottendorf Pharma. Heute ist er im 2. Ausbildungsjahr und gibt sein Wissen u.a. an Schulpraktikanten weiter.
Rottendorf Pharma hat Partnerschaft Schule-Betrieb nie als Absichtserklärung verstanden: „Eine Partnerschaft auf dem Papier bringt keine neuen Azubis. Auf die Schüler zugeschnittene Maßnahmen schon“, erklärt die Ausbildungsleiterin. Bei Berufsfelderkundungen und Tagespraktika stellen die Jugendlichen Salben her, pressen an einer Maschine Tabletten oder bauen ein Elektrokabel zusammen. „Ja, das ist aufwendig. Und ja, die Ausbilder brauchen Freiräume“, zählt Sökeland auf. Doch: „Am Ende müssen wir diese Arbeit leisten, denn wir können die jungen Menschen nicht mit einem 08/15-Programm für uns begeistern.“
Nebenbei stärkt „Partnerschaft Schule-Betrieb“ auch das Image nach innen: Regelmäßig geben Kolleginnen und Kollegen ein gutes Feedback zu den Maßnahmen, mit denen Rottendorf Pharma die Vielfalt der Ausbildung zeigt.
Azubis werben für Ausbildung
Julian Freitag (l.) und Ole Macher (r.) sind über das IHK-Projekt Partnerschaft Schule-Betrieb in die Ausbildung bei Rottendorf Pharma gestartet. Für Ausbildungsleiterin Johanna Sökeland ein erfolgreicher Einstieg in den MINT-Beruf.
„Auf Augenhöhe lässt sich die betriebliche Ausbildung viel besser in den Blick von Jugendlichen rücken“, bestätigt Melanie Vennemann, ebenfalls Projektmitarbeiterin der IHK Nord Westfalen. Das erleichtert den Schülerinnen und Schülern den Übergang von der Schule in den Beruf und hilft Unternehmen, Nachwuchs zu finden.
Erfolg – mit Herausforderungen
Auch Surteco setzt seit Jahren auf die Kooperation mit Schulen – mit messbarem Erfolg. „Wir haben die ersten Partnerschaften mit Schulen in Gladbeck und Gelsenkirchen geschlossen, haben Schülerinnen und Schüler eingeladen, ihnen im Betrieb technische Grundlagen erklärt und ihnen Berufe nähergebracht“, erzählt Daniel Schlicht, zuständig für die technische Ausbildung am Standort Gladbeck, wo thermoplastische Kunststoffkanten hergestellt werden.
Heute macht Azis Kaygisiz (Mitte) eine Ausbildung zum Kunststoff- und Kautschuktechnologe. Über das IHK-Projekt Partnerschaft Schule-Betrieb konnte er erste Erfahrungen in seinem jetzigen Ausbildungsbetrieb sammeln. Ein Beispiel dafür, dass sich das Projekt für beide Seiten auszahlt, finden IHK-Projektmitarbeiterin Eva Hild (l.) und Ausbildungsleiter Daniel Schlicht.
Was funktioniert – und was nicht
Nicht immer läuft alles reibungslos: „Manchmal schläft eine Partnerschaft ein, weil engagierte Lehrer die Schule verlassen oder die Schule zu viele Kooperationen hat, um allen gerecht zu werden“, weiß Schlicht. Surteco hat daraus gelernt: „Wir versuchen, die Partnerschaften aufrechtzuerhalten und neue zu knüpfen, wenn es passt. Es muss sich für beide Seiten lohnen.“
Das Unternehmen habe festgestellt, dass ein langer Anfahrtsweg zum Praktikums- oder Ausbildungsbetrieb ein Ausschlusskriterium sein kann. „Darum haben wir uns gezielt auf Partnerschaften mit Schulen in der Nähe konzentriert“, erklärt er.
Surteco öffnet regelmäßig die Betriebstore für Schülerinnen und Schüler der Partnerschulen. Sechs Auszubildende konnten in den vergangenen Jahren über die Kooperation gewonnen werden - einer davon ist Azis Kaygisiz (r.).
Neben Betriebsbesichtigungen und Tagespraktika bietet das Unternehmen Bewerbungstrainings in Schulen an. „Wir führen fiktive Bewerbungsgespräche – das finden die Schulen gut.“ Besonders die eigenen Auszubildenden unterstützen das Projekt: „Unsere Azubis sind immer dabei. Schüler gehen oft eher auf Gleichaltrige zu, als auf uns ältere Herrschaften“, so Schlicht.
Ein Wunsch für die Zukunft? „Ich würde mir regelmäßige Netzwerktreffen mit Schulen und Unternehmen wünschen. Das gab es vor Corona. Es hilft, sich mit anderen Betrieben und Schulen auszutauschen, Kontakte zu pflegen und die Kooperation lebendig zu halten.“
IHK-Ansprechpartner:

Eva Hild

Melanie Vennemann
Chronik
Die Fotos der einzelnen Kooperationsvereinbarungen zwischen Rottendorf Pharma, Surteco und den Schulen spiegeln das langfristige Engagement der Kooperationspartner. Die jüngsten Fotos stehen zuerst.
2025: Rottendorf Pharma aus Ennigerloh und das Gymnasium Johanneum in Wadersloh kooperieren im IHK-Projekt „Partnerschaft Schule-Betrieb“ (v.l.): Auszubildende Emely Unrau, Oberstufenkoordinator Ingo Schwartze, Chemie-Lehrer Jannis Hinrich Kommnik, Schulleiter Wolfram Wenner, Ausbildungsleiterin Johanna Sökeland, Ausbilder Boris Niehüser sowie IHK-Projektmitarbeiterin Melanie Vennemann.
2024: SURTECO und die Werner-von-Siemens-Realschule in Gladbeck haben eine Kooperationsvereinbarung im IHK-Projekt „Partnerschaft Schule-Betrieb“ unterzeichnet (v. l.): IHK-Projektmitarbeiterin Eva Hild, stellvertretender Schulleiter Dr. Stefan Masberg sowie Vivien Kümmel und Daniel Schlicht von SURTECO.
2018: Kooperation bei der Berufsorientierung vereinbart: (v. l.) IHK-Projektmitarbeiterin Britta Schneider, Schulleiter Holger Pleines, die Ausbildungsleiter Daniel Schlicht und Marc Grabowski sowie Studien- und Berufswahlkoordinator David Krenz.
2018: Kooperation vereinbart: (v. l.) IHK-Projektmitarbeiterin Britta Schneider, Personalleiter Bernd Wening, Ausbildungsleiter Marc Grabowski, Schulleiterin Alrun ten Have sowie Ausbildungsleiter und ehemaliger Schüler Daniel Schlicht.
2017: Rottendorf Pharma und das Gymnasium St. Michael aus Ahlen haben eine Kooperation im IHK-Projekt "Partnerschaft Schule-Betrieb" vereinbart.
2016: Rottendorf Pharma GmbH in Ennigerloh unterstützt die Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Ennigerloh/Neubeckum (v.l.): IHK-Projektbetreuerin Inna Gabler, Studien- und Berufswahlkoordinatorin Sabine Schröder-Himler, Rottendorf-Ausbilder Olaf Zurstrassen und Dirk Burgholz, Schulleiterin Ellen Greiwe, Chemielehrer Matthias Heuckmann und Studien- und Berufswahlkoordinatorin Natalie Wagner.
2015: Die Rottendorf Pharma GmbH in Ennigerloh unterstützt die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Laurentianum in Warendorf künftig bei der Berufsorientierung. Ausbilder Dirk Burgholz und Schulleiterin Marllis Ermer unterzeichnen die Kooperationsverträge.
2014: Sandra Beer (IHK-Projektmitarbeiterin, l.), Jens Dunkel (Rektor, 3.v.l.), Dirk Burgholz (Ausbilder, Rottendorf Pharma, 5.v.l.), Olaf Zurstrassen (Ausbilder, Rottendorf Pharma, 8.v.l.) und Klaus Schlepphorst (Berufswahlkoordinator, Realschule, 9.v.l.) freuen sich mit Auszubildenden und Realschülern auf die Zusammenarbeit.
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Redaktion Wirtschaftsspiegel