8. September 2023

Wirtschaft um regionale Verkehrsinfrastruktur und Gastronomie besorgt

Zu ihrer Herbstsitzung traf sich die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Kassel-Marburg gestern (Donnerstag, 7. September) im Unternehmen FingerHaus in Frankenberg/Eder.
Auf der Tagesordnung standen Resolutionen zum Kassel Airport, zur Entfristung der Mehrwertsteuerreduzierung auf gastronomische Speisen und zur Stärkung der regionalen Verkehrsinfrastruktur. Die drei Resolutionen wurden einstimmig angenommen. Rechts unter “Weitere Informationen” stehen sie zum Download bereit.
IHK-Präsident Jörg Ludwig Jordan unterstreicht, der Kassel Airport sei ein wichtiger Motor für die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Region. „Er hat sich in den vergangenen zehn Jahren zu einem Standortfaktor entwickelt, der nicht nur Unternehmen und Fachkräfte in der Region hält, sondern sie auch hierherzieht.“ Besonders wertvoll seien die Gewerbegebiete rund um den Flughafen in Calden, die ausreichend Flächen für Unternehmenserweiterungen sowie Um- und Neuansiedlungen böten, so Jordan. „Vergleicht man die Kosten für den Regionalflughafen zum Beispiel mit Zuschüssen des Landes für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), dann handelt es sich im Sinne einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung um ein gut angelegtes Investment.“ Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir hatte kürzlich eine Herabstufung des Flughafens zum Verkehrslandeplatz ins Spiel gebracht und damit eine öffentliche Diskussion ausgelöst. Eine solche Herabstufung würde einer Untersuchung aus dem Jahr 2017 zufolge nur zu geringfügigen Einsparungen führen. Gleichzeitig bringe die Thematik Verunsicherungen mit sich und könne damit Arbeitsplätze gefährden, so der IHK-Präsident. Anstatt immer wieder derartige Diskussionen zu führen, sei es sinnvoller, sich auch seitens der Landesregierung für eine bessere Anbindung an große internationale Airports einzusetzen. „Das würde den Flughafen und den Standort stärken“, unterstreicht Präsident Jordan.
Bei der Aussprache über eine Entfristung der Mehrwertsteuerreduzierung in der Gastronomie erläuterte Fabian von Berlepsch, Vorsitzender des IHK-Ausschusses für den ländlichen Raum und Tourismus, dem „Parlament der Wirtschaft“ die aktuelle Situation seiner Branche. „Restaurants verschwinden seit Jahren in Deutschland vom Markt. Im europäischen Ausland erleben wir einen anderen Trend, was sich mit der deutschen Steuerpolitik erklärt. Bei unseren Nachbarn gelten im Gegensatz zu uns für Fast Food-Anbieter und Supermärkte auch bei Außer-Haus-Verkauf überwiegend gleiche Steuersätze wie für die gesetzte Gastronomie. Die Politik muss sich an diesem Vorgehen orientieren, um steuerliche Gleichbehandlung zu schaffen und damit unsere Branche zu stützen.“ Eine Rückkehr zu einem Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent – insbesondere zum jetzigen Zeitpunkt – träfe die Gastronomie schwer.
Verlässliches Handeln der verantwortlichen Akteure bei der Fertigstellung laufender Projekte fordert die Resolution zur regionalen Verkehrsinfrastruktur. Präsident Jordan hebt hervor, dass bei der Umsetzung von Verkehrsinfrastrukturprojekten ein weitaus höheres Tempo notwendig sei, „damit unser Wirtschaftsstandort seine Bedeutung als wichtige Industrie‐ und Logistikregion in der Mitte Deutschlands behält“, so der IHK-Präsident mit Blick auf die A 44 und die A 49. Hinsichtlich der Bergshäuser Brücke fordert die IHK, kurzfristig zu prüfen, ob eine Sanierung nicht besser und schneller zu realisieren wäre als der geplante Brückenneubau. „Letzteres würde wahrscheinlich deutlich mehr Zeit beanspruchen als eine Ertüchtigung des bestehenden Bauwerkes. Eine Außerbetriebnahme der Bergshäuser Brücke vor Fertigstellung einer neuen Brücke gilt es unbedingt zu vermeiden“, unterstreicht Jordan.
Vor der Sitzung führte Gastgeber Klaus Cronau, Geschäftsführer der FingerHaus GmbH, die Mitglieder der Vollversammlung durch sein Unternehmen und stellte das Produktportfolio von FingerHaus vor.
Neben der Digitalisierung der IHK-Organisation standen auch Maßnahmen zur Fachkräftesicherung und Informationen zu den anstehenden IHK-Wahlen auf der Tagesordnung der jüngsten Vollversammlung. Die IHK-Vollversammlung tauschte sich zudem zum Thema Industriestrom aus. Dabei wurde deutlich, dass für viele energieintensive Unternehmen der derzeit diskutierte Ansatz des Industriestrompreises zu kurz greife. „Die gestiegenen Energiepreise belasten die gesamte deutsche Wirtschaft, insbesondere mittelständische, energieintensive Betriebe“, so IHK-Präsident Jordan. Die aktuellen Modelle eines Industrie-, Brücken- oder Transformationsstrompreises kämen aber nur einem kleinen Kreis an Betrieben zugute. Es müsse jetzt darum gehen, das Angebot auszuweiten und die Zusatzbelastungen aus Steuern und Umlagen auf ein Minimum zu senken. So könnten die Preise in der Breite sinken. Damit wurde ein Vorschlag der IHK-Spitzenorganisation aufgegriffen. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) spricht sich für einen Dreiklang aus: Die Stromkosten sollten von Steuern und Umlagen weitestgehend befreit, gleichzeitig der Ausbau erneuerbarer Energien durch Investitionszuschüsse vorangetrieben und die Wettbewerbsfähigkeit hochenergieintensiver Unternehmen sichergestellt werden.