Bundestariftreuegesetz – mehr Bürokratie, weniger Effizienz!

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Kassel-Marburg kritisiert den vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurf für ein Bundestariftreuegesetz.
Aus vergaberechtlicher Sicht drohen zusätzliche Nachweispflichten, höhere Kosten und weniger Angebote – insbesondere zulasten kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU). „Statt neuer Vorschriften braucht es einen praxisnahen Impuls zur Vereinfachung des Vergaberechts – für mehr Effizienz, Transparenz und faire Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen“, sagt die Präsidentin der IHK Kassel-Marburg, Désirée Derin-Holzapfel.
„Öffentliche Aufträge dürfen nicht zum Instrument für immer neue politische Zielvorgaben werden“, Schon heute seien Ausschreibungen so komplex, dass vor allem kleine und mittlere Unternehmen kaum noch Chancen hätten. Zusätzliche gesetzliche Pflichten seien unnötig, betont sie: „Vorgaben müssen zum Auftrag passen und auch kontrollierbar sein – sonst schaden sie Wirtschaftlichkeit und Wettbewerb.“ Die Präsidentin warnt eindringlich davor, das EU-Prinzip „Think small first“ aus den Augen zu verlieren: „Wir dürfen nicht zulassen, dass KMU durch überzogene Auflagen systematisch von Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.“ Aus Sicht der gewerblichen Wirtschaft schwächt eine solche vergaberechtliche Regulierung den Standort insgesamt.
Kernpunkte auf einen Blick
  • Mehr Bürokratie bei Unternehmen und Auftraggebern: Unternehmen müssten umfangreiche Einzelnachweise zu Löhnen, Arbeitszeiten, Urlaubsansprüchen und weiteren Bedingungen pro Mitarbeiter führen – oft bis auf Stundenbasis.
  • Weniger Beteiligung, höhere Preise: Viele Unternehmen, insbesondere KMU und Start-ups, würden sich aus dem öffentlichen Vergabewesen zurückziehen. Auch Unternehmen, die über Tariflohn zahlen, und Unternehmen, die schon tarifgebunden sind, werden unter den bürokratischen Nachweispflichten leiden. Die Folge: weniger Angebote, teurere Beschaffungen.
  • Wettbewerb leidet: Die Tariftreuepflicht kann verhindern, dass das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag erhält. – mit Mehrbelastungen für öffentliche Haushalte.
  • Neue Prüfstelle schreckt ab: Die geplante Prüfstelle bei der Deutschen Rentenversicherung erhöht das Prüfungsrisiko und mindert die Bereitschaft, überhaupt Angebote abzugeben.
„In wirtschaftlich angespannten Zeiten braucht es mehr Flexibilität und weniger Regulierung. Dieses Gesetz sendet das falsche Signal in einer Phase von Stagnation, Dauerkrisen und fehlender Aussichten auf schnelle Besserung“, betont Oskar Edelmann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Kassel-Marburg.
Die IHK Kassel-Marburg schließt sich der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) an und fordert, auf das Bundestariftreuegesetz zu verzichten.
Hintergrund
Der Entwurf sieht vor, dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge die Einhaltung tariflicher Arbeitsbedingungen verpflichtend nachzuweisen ist. Nach Einschätzung der IHK erhöht dies die formalen Anforderungen deutlich und belastet Unternehmen wie öffentliche Auftraggeber gleichermaßen.