Hoher Preis für kurzfristige Stabilität
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Kassel-Marburg bewertet die zwischen der EU und den USA erzielte Zollvereinbarung als kurzfristige Entspannung, aber nicht als tragfähige Lösung.
Zwar sei eine Eskalation des Handelskonflikts abgewendet worden, doch aus Sicht der regionalen Wirtschaft bleibt der wirtschaftliche und politische Preis hoch, insbesondere für die exportorientierten Unternehmen in Nordhessen und der Region Marburg.
„Der sogenannte Deal bringt keine nachhaltige Entlastung, auch wenn die Strafzölle von bis zu 30 Prozent zunächst abgewendet sind“, betont die Präsidentin der IHK Kassel-Marburg, Désirée Derin-Holzapfel.
Der pauschale US-Zollsatz von 15 Prozent auf die meisten EU-Importe belaste die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Viele zukunftsrelevante Branchen seien weiterhin stark betroffen, darunter pharmazeutische Erzeugnisse. Ausgenommen hiervon sind Produkte aus Eisen, Stahl und Aluminium, die weiterhin einem Zollsatz von 50 Prozent unterliegen. Für diese Warengruppe ist perspektivisch ein Zollkontingentsystem in der Diskussion.
Die IHK-Präsidentin macht deutlich, dass die geplante Zollfreiheit für US-Autos beim Import in die Europäische Union zeige, wie unausgewogen die Vereinbarung in Teilen sei. Es werde deutlich, dass an zentralen Stellen nachgebessert werden müsse, wenn Fairness und Gegenseitigkeit Anspruch der transatlantischen Handelspolitik bleiben sollen, um die Handelsbeziehungen auf beiden Seiten auszuweiten.
Dr. Arnd Klein-Zirbes, Hauptgeschäftsführer der IHK Kassel-Marburg, stellt die nachhaltige Verlässlichkeit der Vereinbarung infrage und unterstreicht: „Wir brauchen keine temporären Deals frei nach dem Motto ,es hätte schlimmer kommen können’. Jetzt muss die EU weiter mit den USA verhandeln und an einem umfassenden, fairen und zukunftsgerichteten Handelsabkommen arbeiten. Dass der freie Welthandel zunehmend eingeschränkt wird, ist keine gute Entwicklung und schadet am Ende allen Beteiligten.“
Gerade für den industriell geprägten Mittelstand der Region sei der Zugang zu internationalen Märkten wichtig. Eine strategische Standortpolitik sei ebenso nötig wie Fortschritte bei Freihandelsabkommen – etwa mit Mercosur, Indien oder Australien.