Aufschwung bleibt aus
Hohe Kosten, die schwache Weltkonjunktur und zunehmender Wettbewerbsdruck belasten die Unternehmen. Der wirtschaftliche Aufschwung in Nordhessen und der Region Marburg bleibt aus. Das ist das Ergebnis der aktuellen Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Kassel-Marburg. Der IHK-Klimaindex stagniert mit 96,1 Punkten weiterhin unter der 100-Punkte-Marke (Sommer 2025: 96,2 Punkte), die für eine wachsende Konjunktur steht. 
Investitionsbereitschaft der Unternehmen sinkt
„Die Zahlen zur Investitionsbereitschaft der Region sprechen in diesem Zusammenhang eine deutliche Sprache“, unterstreicht Dr. Arnd Klein-Zirbes, Hauptgeschäftsführer der IHK Kassel-Marburg. Nur 25,1 Prozent der Betriebe planen steigende Budgets, während 32,2 Prozent Kürzungen planen (Saldo: −7,1 Punkte). Zukunftsprojekte, insbesondere in den Bereichen Digitalisierung und Energieeffizienz, werden vertagt oder gestrichen.
Es sei zu hoffen, so Dr. Klein-Zirbes, dass Maßnahmen wie das von der Bundesregierung beschlossene steuerliche Investitionssofortprogramm oder der von der Landesregierung aufs Gleis gesetzte Hessenfonds bald Wirkung zeigten. Damit die erhofften Wachstumsimpulse langfristig wirken, ist es laut Dr. Klein-Zirbes unverzichtbar, die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts durch Infrastrukturmaßnahmen deutlich zu erhöhen. „Wer Wettbewerbsfähigkeit sichern will, muss den Standort Nordhessen und Marburg leistungsfähig halten. Die Bergshäuser Brücke und die Bundesautobahn 44 gehören ganz oben auf die Prioritätenliste, um zwei markante Beispiele zu nennen“, betont Dr. Klein-Zirbes. 
Politische Rahmenbedingungen bremsen Wirtschaft
67,6 Prozent der rund 300 befragten Unternehmen nennen die politischen Rahmenbedingungen als größtes Risiko für ihre wirtschaftliche Entwicklung. Damit rangiert dieser Faktor klar vor der schwachen Inlandsnachfrage (59,2 Prozent) und den hohen Arbeitskosten (53,5 Prozent). Die Unsicherheit über künftige Entscheidungen der Politik lähmt Investitionen und verschärft den Konjunkturstillstand. Die Stimmungslage ist entsprechend gedrückt: 22,9 Prozent der Betriebe bewerten ihre Lage als gut, 54,9 Prozent als befriedigend und 22,2 Prozent als schlecht. Nur 15,1 Prozent erwarten eine Verbesserung in den kommenden Monaten.
Der Einzelhandel steht besonders unter Druck: Der Klimaindex liegt bei 77,8 Punkten, ein Drittel der Händler bewertet die Lage als schlecht. „Das Weihnachtsgeschäft ist für viele Unternehmen von existenzieller Bedeutung, denn es entscheidet oft über das gesamte Jahr“, betont Nina Burlafinger, Inhaberin von New Beat Shoes in Marburg.
Baustellenmanagement beschäftigt Händler
Frank Rohde, Geschäftsführer von Samen Rohde in Kassel, ergänzt: „Kassel und Marburg müssen in der Vorweihnachtszeit gut erreichbar bleiben. Ein kluges, abgestimmtes Baustellenmanagement ist jetzt wichtiger denn je, denn jede Barriere kostet Kunden.“ Ein kostenfreies Online-Werkzeug der IHK Kassel-Marburg hilft sowohl Unternehmen als auch Bürgern dabei, sich auf Baumaßnahmen frühzeitig einzustellen und langfristig vorauszuplanen: das IHK-Baustellen-Portal unter der Internetseite des IHK-Baustellen-Portals. 
Neben der Erreichbarkeit rückt laut Frank Rohde zunehmend das Thema Sicherheit in den Fokus: „Wir müssen offen und ideologiefrei darüber sprechen, wie wir unsere Innenstädte sicherer machen – auch durch intelligente Videoüberwachung.“
Neben der Erreichbarkeit rückt laut Frank Rohde zunehmend das Thema Sicherheit in den Fokus: „Wir müssen offen und ideologiefrei darüber sprechen, wie wir unsere Innenstädte sicherer machen – auch durch intelligente Videoüberwachung.“
Mit der Initiative Heimat shoppen macht die IHK deutlich, dass attraktive Innenstädte ein entscheidender Standortfaktor sind. Sie stärken die Identität einer Region, binden Fachkräfte und stützen die regionale Wirtschaft. Gleichzeitig wächst der Onlinehandel weiter, weshalb stationäre Angebote durch Aufenthaltsqualität, Sicherheit und gute Erreichbarkeit überzeugen müssen. Das unterstreicht auch Nina Burlafinger: „Heimat shoppen“ macht den stationären Handel sichtbar und zeigt, wie wichtig lebendige Innenstädte sind. Wenn sich Menschen gern dort aufhalten, profitieren wir als Händler und die gesamte Region.“
Steigende Belastungen für Industrie, Bau und Gastgewerbe
In der IHK-Konjunkturumfrage zeigt sich der Großhandel mit einem Index von 94,5 Punkten zwar etwas stabiler als der Einzelhandel, doch auch hier fehlt der Impuls nach oben. Auch die Industrie kämpft mit Gegenwind: Der Index sinkt auf 90,4 Punkte. Rückläufige Aufträge, steigende Kosten und zunehmender internationaler Wettbewerbsdruck belasten die Betriebe. 
Die Lage im Baugewerbe hat sich dramatisch verschlechtert. Der Klimaindex fällt auf 88,2 Punkte, Das ist ein Rückgang um 43 Punkte. Fehlende Finanzierungsmöglichkeiten, hohe Zinsen, lange Genehmigungszeiten und wachsende Auflagen bremsen Projekte aus. Mit 68,0 Punkten steht das Gastgewerbe am unteren Ende. Hohe Kosten, verhaltene Nachfrage und kurze Buchungsfristen verschärfen die Lage zusätzlich.
Auch beim Außenhandel spiegelt sich die lahmende Weltkonjunktur wider. Lediglich 12,8 Prozent der Unternehmen erwarten steigende Ausfuhren, während 32,1 Prozent mit Rückgängen rechnen. Zölle, geopolitische Spannungen und schärferer Wettbewerb treffen vor allem exportorientierte Branchen.
Der Arbeitsmarkt verliert an Stabilität: 9,5 Prozent der Unternehmen wollen Personal aufbauen, während 20,7 Prozent Personal abbauen wollen (Saldo: −11,2 Punkte). Standortfaktoren wie sichere, attraktive und gut erreichbare Innenstädte gewinnen weiter an Bedeutung, wenn es darum geht, Fachkräfte zu halten oder neu zu gewinnen.
