Positionspapier „Kommunale Steuern nach Maß“
Einstimmig hat die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Kassel-Marburg am 16. Juni das Positionspapier „Kommunale Steuern mit Maß“ verabschiedet, das vor einer wachsenden finanziellen Belastung der regionalen Unternehmen durch Steuererhöhungen und neue kommunale Abgaben warnt.
„Unsere Unternehmen brauchen in diesen wirtschaftlich anspruchsvollen Zeiten Stabilität und Planbarkeit. Was sie nicht brauchen, sind weitere Steuererhöhungen und noch mehr Bürokratie“, betonte IHK-Präsidentin Désirée Derin-Holzapfel während der Sitzung. „Die Auffüllung der Haushalte der Kommunen darf nicht zu einem Dauerproblem für die Wirtschaft werden. Es geht dabei um nicht weniger als die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standortes.“
Im Zentrum der Aussprache der IHK-Vollversammlungsmitglieder stand die Analyse aktueller Entwicklungen in der Kommunalfinanzierung. So ging es unter anderem im Zusammenhang mit der Grundsteuerreform darum, dass viele hessische Kommunen die vom Land empfohlene aufkommensneutrale Umsetzung nicht einhalten. Des Weiteren kam zur Sprache, dass die geplante Anhebung des landesweiten Nivellierungshebesatzes von 357 auf 380 Punkte voraussichtlich weitere Kommunen zur Erhöhung der Gewerbesteuerhebesätze veranlassen könnte. „Das würde besonders dem ländlichen Raum schaden“, warnt Désirée Derin-Holzapfel. „Denn für Unternehmen steht die Höhe des Hebesatzes im Zusammenhang mit der Qualität der Infrastruktur einer Kommune. Erfolgt eine Anhebung, ohne dass es Verbesserungen im Hinblick auf die Bedingungen vor Ort gibt, verschlechtert sich die Standortqualität. Dadurch erhöht sich die Gefahr, dass Unternehmen in die Ballungszentren abwandern, da dort die Infrastruktur besser ist.“
Kernforderungen des Positionspapiers:
- Aufkommensneutrale Umsetzung der Grundsteuerreform: Kommunen sollen sich an den vom Land empfohlenen Hebesätzen orientieren.
- Reform des Kommunalen Finanzausgleichs: Wirtschaftlich verantwortungsvolle Hebesätze dürfen nicht benachteiligt werden. Die geplante Anhebung des Nivellierungshebesatzes lehnt die IHK ab.
- Verzicht auf neue kommunale Abgaben: Übernachtungs- oder Verpackungssteuern bringen kaum Lenkungswirkung, aber hohe Belastung und Bürokratie.
- Stärkung des Konnexitätsprinzips: Neue Aufgaben für Kommunen müssen grundsätzlich durch Land und Bund vollständig gegenfinanziert werden.
- Kooperation statt Konfrontation: Die IHK Kassel-Marburg bietet an, gemeinsam mit Kommunen und Land tragfähige, wirtschaftsfreundliche Lösungen zu erarbeiten.
Wirtschaft braucht faire Rahmenbedingungen
Um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, ist die Wirtschaft in Nordhessen und der Region Marburg auf investitions- und wachstumsfreundliche Standortbedingungen angewiesen. Dazu zählt insbesondere eine Entlastung bei Steuern und Abgaben. IHK-Präsidentin Desirée Derin-Holz mahnte deshalb: „Viele unserer Betriebe sind bereits an ihrer Belastungsgrenze. Wer jetzt einseitig an der Steuerschraube dreht, riskiert Investitionen, Arbeitsplätze und die Erholung der Innenstädte.“
Welcome Center: Anlaufstelle für internationale Fachkräfte
Darüber hinaus beschloss die Vollversammlung, im Haupthaus der IHK Kassel-Marburg in Kassel ein WELCOMECENTER Hessen für internationale Arbeits-, Fach- und Führungskräfte einzurichten. Diese Anlaufstelle soll ab Spätherbst Informationen rund um das Leben und Arbeiten in Hessen bieten. Dies beinhaltet unter anderem die Unterstützung bei Fragen zu Visa, Arbeit, Wohnen, Sprachkurse und Integration. „Ziel ist es, Fachkräften den Start zu erleichtern und die Willkommenskultur vor Ort zu stärken“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Arnd Klein-Zirbes. Mit der Einrichtung der Anlaufstelle leiste die IHK einen weiteren Beitrag zur Fach- und Arbeitskräftesicherung in der Region.
Dr. Achim Dercks berichtet aus Berlin
Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Dr. Achim Dercks, richtete in seinem Beitrag den Blick auf die ersten Reformmaßnahmen der Bundesregierung für den Wirtschaftsstandort. „Die Koalition hat den Startschuss für erste Entlastungen der Unternehmen gegeben. Das ist ein positives Signal, das hoffentlich schnell im Betriebsalltag ankommt”, so Dercks. „Dazu zählen neben der Senkung der Energiekosten die Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren, die Abschaffung des Lieferkettengesetzes sowie die Sonderabschreibungen.“ Gut sei, dass im steuerlichen Investitionsprogramm auch die geplante Unternehmenssteuerreform mit sinkenden Steuersätzen gleich mit verankert wurde. „Auch wenn diese ersten Maßnahmen allein noch nicht für einen tragfähigen Wachstumskurs ausreichen, zeigt es den Willen, die Bedingungen für die Wirtschaft zu verbessern. Diesen Kurs muss die Bundesregierung konsequent fortsetzen.“