Sorgfaltspflichten in der Lieferkette

Die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR)

Von der EUDR betroffen sind Unternehmen, die bestimmte Rohstoffe (Kaffee, Kakao, Rinder, Palmöl, Soja, Kautschuk und Holz) und daraus hergestellte Erzeugnisse (> 800 Produktgruppen) in der EU in Verkehr bringen und damit handeln. Das Ausmaß wird ähnlich dem von CBAM sein - wenn nicht sogar darüber hinaus gehen.
Mit der EU-Entwaldungs-Verordnung VO (EU) 2023/1115 will die Europäische Union einen Beitrag zur Eindämmung der weltweiten Entwaldung und zur Reduzierung von Waldschädigungen leisten. In der EU ansässige Unternehmen, die in der VO genannte Waren auf dem Binnenmarkt in Verkehr bringen, sehen sich mit umfangreichen Compliance-Pflichten konfrontiert, die ab dem 4. Quartal 2024 für Nicht-KMU (Händler, Produzenten, Importeure) einzuhalten sind. Kleine und mittelständige Unternehmen werden ab dem 2. Quartal 2025 in die Pflicht genommen.
Laut der EUDR dürfen Unternehmen in Zukunft bestimmte Produkte und Rohstoffe in die bzw. aus der EU, nur noch ein- oder ausführen, wenn ihnen vom Lieferanten eine Sorgfaltserklärung vorliegt, die besagt, dass ein Produkt nicht von einer nach dem 31.12.2020 abgeholzten Fläche stammt und nach diesem Datum auch nicht zu einer anderweitigen Schädigung von Wäldern geführt hat. Die Unternehmen müssen außerdem nachweisen, dass die Menschenrechte und Rechte indigener Völker bei der Produktion geachtet werden. Zudem müssen die Erzeuger Geoinformationsdaten zur Verfügung stellen, aus denen hervorgeht, wo sich die jeweiligen Anbauflächen befinden.
Gelistete Güter und Rohstoffe müssen gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt werden, dies betrifft beispielsweise die Einhaltung von Umweltschutzregularien, Arbeits- und Menschenrechten sowie der Steuer-, Antikorruptions-, Handels- und Zollgesetzgebung.
Betroffen sind gem. Anhang I der Verordnung die folgenden Warengruppen:
  • Rinder (HS Code 0102; 0201, 0202, 0206, 1602, 4101, 4104, 4107)
  • Kakao (HS Code 1801 – 1806)
  • Kaffee (HS Code 0901) 
  • Ölpalme / Palmöl ( HS Code 1207, 1511, 1513, 2306, 2905, 2915, 3823)
  • Kautschuk (HS Code 4001, 4005 – 4008, 4010 - 4013, 4015 – 4017)
  • Soja (HS Code 1201, 1208, 1507, 2304)
  • Holz & Holzkohle (Kap. 44 + 49, HS Code 9401, 9403, 9406)
  • Waren die vorgenannte Produkte enthalten, aus ihnen hergestellt wurden oder mit ihnen gefüttert wurden (z.B. Leder, Schokolade, Druckerzeugnisse, Möbel, Paletten)
Detaillierte Warenbeschreibungen entnehmen Sie bitte dem Anhang I. Die Liste wird bei Bedarf noch erweitert.
Relevante Rohstoffe und Erzeugnisse dürfen nur dann in Verkehr gebracht oder auf dem Markt bereitgestellt oder ausgeführt werden, wenn alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 3 der VO):
  1. sie sind entwaldungsfrei,
  2. sie wurden gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt und
  3. für sie liegt eine Sorgfaltserklärung vor.
Die Pflichten für Unternehmer gem. Artikel 2 der VO sind wie folgt:
Unternehmen, die Produkte in den Verkehr bringen oder exportieren, auch KMU und auch Händler, die nicht KMU sind: Sorgfaltsplichten, Sorgfaltserklärung, Meldung von Hinweisen auf mögliche Verstöße.
Händler, die KMU sind: Dokumentation von An- und Verkäufen, Meldung von Hinweisen auf mögliche Verstöße.
Die Sorgfaltspflichtenerklärung muss vor einem Import beim Zoll eingereicht werden. Sie ist Voraussetzung für Einfuhren ("Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr") und Ausfuhren sowie für den Handel innerhalb des Unionsmarktes. Im Rahmen der Umsetzung richtet die EU-Kommission dazu ein Register für die Erfassung ein. Die VO definiert den Inhalt der Sorgfaltspflichtenerklärung folgendermaßen:
  • Name und Anschrift des Marktteilnehmers, Identifikation mit EORI Nummer
  • HS Code, Warenbeschreibung + Handelsbezeichnung, Menge in kg Eigenmasse oder einer vorgeschriebenen Maßeinheit
  • Erzeugerland und Geolokalisierung aller Grundstücke, auf denen die relevanten Rohstoffe erzeugt wurden, sind verschiedene Grundstücke relevant, sind ALLE anzugeben
  • wird gemäß Artikel 4 Absätze 8 und 9 auf eine bestehende Sorgfaltserklärung Bezug genommen, die Referenznummer jener Sorgfaltserklärung
  • Folgende Erklärung: „Durch Übermittlung dieser Sorgfaltserklärung bestätigt der Marktteilnehmer, dass die Sorgfaltspflicht gemäß der Verordnung (EU) 2023/1115 durchgeführt wurde, und dass kein oder lediglich ein vernachlässigbares Risiko dahingehend festgestellt wurde, dass die relevanten Erzeugnisse gegen Artikel 3 Buchstaben a oder b dieser Verordnung verstoßen”
  • Unterschrift im Format: „Unterzeichnet für und im Namen von: Datum, Name und Funktion, Unterschrift.
Nicht zu unterschätzen sind die geforderten Sorgfalts- und Nachforschungspflichten, deren Umsetzung umfangreich dokumentiert und im Sorgfaltsbericht dargestellt werden muss. Dies umfasst gem. Art. 9 beispielsweise neben der Beschreibung der Erzeugnisse eine Liste der relevanten Rohstoffe die enthalten sind oder unter deren Verwendung die Herstellung stattfand.  Es müssen schlüssige und überprüfbare Informationen verwendet werden, dass die Produkte entwaldungsfrei erzeugt wurden und die entsprechenden Geokoordinaten der Produktion. Leider gibt die VO keinerlei Hinweise wie überprüft werden soll. Eine Handhabe in den Drittländern scheint nahezu unmöglich: wenn aufgrund des Territorialitätsprinzips keine Hoheitsakte in anderen Ländern durch den Staat möglich sind, wie soll es dann für Unternehmen möglich sein? Ähnliches erfahren wir aktuell am Beispiel CBAM - die Daten aus den Drittländern sind äußerst schwierig bis gar nicht zu beschaffen.
Der große Unterschied zwischen CBAM und EUDR:
Bei CBAM dürfen Sie die Daten aus dem Erzeugerland erstmal einfach verwenden, bei der EUDR sollen Sie sie überprüfen und verifizieren!
Verstöße gegen die EUDR können mit hohen Bußgeldern, z.B. bei Kapitalgesellschaften 4% des Jahresumsatzes, bestraft werden. Produkte die den Vorgaben nicht entsprechen, müssen öffentlich zurückgerufen werden.
Es besteht noch viel Informationsbedarf. Ähnlich wie bei CBAM gibt es noch viele offene Punkt und – wieder einmal – noch keine offiziell bestätigte Zuständigkeit. Aktuell ist die EUDR weit entfernt von jeglicher Umsetzbarkeit und Praxistauglichkeit.
Den aktuellen Stand sowie die notwendigen ToDo’s jetzt und in Zukunft wollen wir in unserem Kurzformat LunchBriefing International: Die EU-Entwaldungsverordnung am 28.05.2024 von 12:00 – 13:00 Uhr beleuchten. Melden Sie sich gerne an und wir briefen Sie mit den wichtigsten Infos rund um die EUDR.
Zusätzliche Informationen können Sie auch den FAQ's der EU-Kommission zur EUDR entnehmen.