Das Ehrenamt im beruflichen Kontext stärken

Seit fast 10 Jahren ist Felix Anselm als Mitarbeiter im Bereich der Arbeitsvorbereitung und Prozessplanung beim weltweit agierenden Technologiekonzern Voith im Werk Salzgitter tätig. Neben seinem umfangreichen Wirken im Hauptamt bringt sich der gebürtige Russlanddeutsche auch im Ehrenamt als engagierte Persönlichkeit mit ein – denn seit November 2022 darf sich Felix Anselm als „Ausbilder der Ausbilder“ bezeichnen und kümmert sich in enger Zusammenarbeit mit anderen Ehrenämtlern um die schriftliche und praktische Ausbildereignungsprüfung bei der IHK Braunschweig. Privat beschreibt sich der 37-Jährige als entspannten und stets gut gelaunten Menschen, was in gewisser Weise auf ein sehr familiäres Umfeld zurückzuführen ist.
Unmittelbar nach seinem Abschluss an der Gottfried-­Linke-Realschule in Salzgitter-Lebenstedt absolvierte Anselm zwischen 2003 und 2006 eine Ausbildung zum Fertigungsmechaniker bei MAN und wurde im Anschluss als Fachkraft im Bereich der Bus-Montage eingesetzt. Kurz nach Erlangen seines Industriemeisters im Jahr 2010 wechselte er zur Voith-Group und füllte dort zunächst eine leitende Rolle im Montage-Bereich aus. 2014 erfolgte schließlich der Wechsel in die Prozessplanung und Arbeitsvorbereitung. Sein Aufgabenbereich umfasst die ganzheitliche Koordination des Montageprozesses unter Einbindung vorgefertigter SAP-Arbeitspläne. Hinzufügend erstellt Anselm Spezifikationen für Vorrichtungen und begleitet neue Projekte zu Produktprototypen vom Projektstart bis zur Erstmontage. Als Mitglied des Betriebsrates vertritt er zudem die Interessen der Belegschaft gegenüber der Arbeitgeberseite und ist zugleich in den Ausschüssen JAV (Auszubildende) und KVP (Verbesserungsvorschläge) involviert.
Auf den ersten Blick war mir dann klar: hier bin Ich richtig.

IHK-Prüfertätigkeit als persönliches Ziel

Den Gedanken eines Tages als Prüfer im industriell-technischen Bereich aktiv zu werden, hegte der dreifache Familienvater bereits seit längerer Zeit, jedoch musste dieses Unterfangen aus Planungsgründen zurückgestellt werden. Im Sommer 2022 war es dann so weit: die IG Metall machte mit einer Rundmail an die großen Metall-Unternehmen auf das Prüferehrenamt aufmerksam. Anselm und weitere Kollegen wurden intern angefragt, ob ein derartiges Engagement für sie infrage käme. Die zugunsten der Prüfertätigkeit getroffene Entscheidung war in letzter Konsequenz selbstredend. „Nach einem ersten telefonischen Austausch durfte ich als Gast an einer praktischen Prüfung teilnehmen. ­Stefanie ­Zimmermann hatte mich hierzu in die IHK Braunschweig eingeladen und mir die Aufgabe des Prüfers genau erläutert. Auf den ersten Blick war mir dann klar: Hier bin ich richtig“, so der betriebsame Vechelder. Das sukzessive Herantasten an die ersten intensiven Prüfungstage des praktischen Teils war keineswegs einfach – um eine entsprechende Eingewöhnungsphase komme niemand herum. Die Anwesenheit erfahrener Prüfer konnte die zu Beginn auftretende Nervosität zumindest lindern. „Bei dieser Stellung kommt man schnell in den Kontakt mit Personen aus anderen Branchen. Bei den Unterweisungen kann einiges dazugelernt werden“, fügt Anselm lobend hinzu.

Persönliches Umfeld enger einbinden

Vom Heidenheimer Maschinenbauexperten erhält er viel Zustimmung und Lob. So wird er für je einen Tag im Monat für Prüfungen freigestellt. Als Vorbild diente hierbei ­sicherlich der Voith-Personalleiter, welcher ebenfalls als IHK-Prüfer im Bereich des Elektromeisters mitwirkt. Gewiss muss sich ­Felix ­Anselm zeitweise auch zu später Stunde mit dem Thema auseinandersetzen und Inhalte aufarbeiten, die prüfungsrelevant sind oder der Wissensauffrischung dienen; die Familie unterstützt ihn dabei so gut es geht. Das ehrenamtliche Handeln beschränkt sich in seinem Fall nicht nur auf die IHK, denn auf einige Kolleginnen und Kollegen nimmt Anselm durch seine Funktion als Schwerbehindertenvertreter in besonderer Form Rücksicht und vertritt die kollektiven und individuellen Interessen ebendieser im Werk. „Hierfür muss einiges an Zeit eingeplant werden. Neben vielen Meetings zur SBV begleite ich die betroffenen Kolleginnen und Kollegen zu Terminen. Firmenübergreifend gibt es Fachtagungen, Schulungen sowie einige Grundlagenseminare, die ich im laufenden Jahr besuchen möchte“, erläutert der 37-Jährige freudig.

Auf das Ehrenamt aufmerksam machen

Aus seiner Sicht scheint das ehrenamtliche Zutun wichtiger denn je zu sein, denn bei Vielen fehle laut Anselm eine erkennbare Motivation sich gesellschaftlich einzusetzen, während im Gegenzug immer mehr freiwilliges Engagement erforderlich wird. „Ich habe das mulmige Gefühl, dass immer weniger Menschen die Bereitschaft entwickeln, sich über die beruflichen und privaten Grenzen hinaus einzubringen und lediglich das eigene Ich in den Vordergrund stellen. Jeder möchte heutzutage alles machen oder erleben, da bleibt für die Ehrenämter natürlich keine Zeit mehr. Ich sage: weniger ist mehr, oder wie es so schön heißt – entschleunigen!“. Was kann jedoch dafür getan werden, damit das Ehrenamt nach außen hin noch sichtbarer wird? „Ein erster und wichtiger Schritt wäre meiner Ansicht nach das intensivere Bewerben dieser Tätigkeit. Würden die Arbeitgeber ihre Mitarbeiter vermehrt auf diese Möglichkeit aufmerksam machen, hätten wir vermutlich weniger damit zu kämpfen diejenigen zu finden, die sich bereit erklären würden, einen besonderen Dienst für das gesamtgesellschaftliche Gemeinwohl zu verrichten. Hier sollte dringend angesetzt werden“, appelliert Felix Anselm zum Schluss eindringlich.
jk