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Gemeinsame Erklärung von BDA, BDI, DIHK und ZDH: „Es ist fünf vor zwölf. Es ist Zeit, zu handeln“
Deutschland und Europa müssen agiler und flexibler werden und sich von überbordender Bürokratie befreien. Das fordern die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft in einer gemeinsamen Erklärung. Dem Standort helfe dabei kein kurzfristig angelegtes Krisenmanagement, vielmehr seien grundlegende strukturelle Weichenstellungen nötig.
Die Präsidenten der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft fordern mit Nachdruck grundlegende strukturelle Reformen, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Europas nachhaltig zu stärken. In einer gemeinsamen Mitteilung unterstreichen die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) und der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) die Dringlichkeit einer wirtschaftspolitischen Neuausrichtung.
Die Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten markiere eine Zäsur, die sowohl sicherheits-, handels- als auch wirtschaftspolitische Konsequenzen für Europa mit sich brächte. In diesem Kontext sei es von entscheidender Bedeutung, dass die Europäische Union ihre Wettbewerbsfähigkeit in den Mittelpunkt rücke. Die Ankündigung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, diesen Aspekt zur Priorität zu machen und die globale Zusammenarbeit zu intensivieren, sei ein richtiger Schritt – doch nun müsse es an die konkrete Umsetzung gehen.
Deutschland sieht sich nach wie vor mit anhaltenden konjunkturellen und strukturellen Schwierigkeiten konfrontiert. Seit zwei Jahren befindet sich die deutsche Wirtschaft in einer Rezession, und die Aussichten für 2025 bleiben düster. Die Attraktivität des Standorts hat erheblich gelitten, Kapital wird zunehmend abgezogen, und die Wettbewerbsbedingungen verschlechtern sich kontinuierlich. In ihrer Erklärung betonen die Verbände: „Es ist fünf vor zwölf. Es ist Zeit, zu handeln.“
Wir wissen, dass es gemeinsamen Einsatz bedarf. Deshalb sind wir auch bereit, unseren Teil beizutragen, und stehen für konstruktive Lösungen bereit.
Versäumte Reformen und wachsender Druck
Seit Jahren weisen die Spitzenverbände auf die zunehmend restriktiven Rahmenbedingungen für Betriebe in Deutschland hin. Trotz zahlreicher Vorschläge zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts sei die politische Umsetzung bisher unzureichend geblieben. Die scheidende Bundesregierung habe vielfach beschwichtigt und die Lage der Unternehmen falsch eingeschätzt, indem sie ein übertrieben optimistisches „grünes Wirtschaftswunder“ prognostizierte. Notwendige Reformen wurden immer wieder vertagt, sodass mittlerweile ein akuter Handlungsdruck entstanden sei, der nicht länger ignoriert werden könne. Die Folge: wachsende Unsicherheit und ein zunehmender Vertrauensverlust in die Wirtschaftspolitik.
Wirtschaftliche Stabilität als Basis geopolitischer Handlungsfähigkeit
Die Stärkung der deutschen Wirtschaft ist nicht nur eine innenpolitische Notwendigkeit, sondern auch eine Voraussetzung für geopolitische Stabilität. Politische Handlungsfähigkeit setze wirtschaftliche Leistungsstärke voraus. Zahlreiche Betriebe befinden sich aktuell inmitten zweier tiefgreifender Transformationen – der Dekarbonisierung und der Digitalisierung. Gleichzeitig setzen demografische Entwicklungen die Finanzierung des Sozialstaats unter Druck. Vor diesem Hintergrund betonen die Wirtschaftsverbände, dass eine starke und wettbewerbsfähige Wirtschaft die zentrale Antwort auf diese Herausforderungen sei.
Kurzfristiges Krisenmanagement reiche auch nicht aus, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zukunftsfähig zu gestalten. Die Verbände fordern daher tiefgreifende Reformen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Deutschland muss schneller und dynamischer werden, indem es die überbordende Bürokratie abbaut, die Steuer- und Abgabenlast für Firmen senkt sowie konkurrenzfähige Energiepreise und Planungssicherheit garantiert. Auch der Fachkräftemangel muss mit erhöhter Dringlichkeit bekämpft werden.
Wirtschaftswachstum als Grundlage für gesellschaftlichen Wohlstand
Ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum ist unerlässlich, um den gesellschaftlichen Wohlstand langfristig zu sichern. Es reicht nicht aus, nur darüber zu debattieren, wie wir leben wollen – entscheidend ist vielmehr die Frage, wovon wir leben können. Die Wirtschaftsverbände mahnen eine ehrliche Diskussion an, die sich von unrealistischen Versprechungen löst. Wachstum ist essenziell, um soziale und wirtschaftliche Verpflichtungen erfüllen zu können. Daher muss die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit an oberster Stelle der politischen Agenda stehen.
Doch Unternehmen können nur dann in den Standort investieren, Arbeitsplätze sichern und Ausbildungsmöglichkeiten schaffen, wenn die politischen Rahmenbedingungen dies ermöglichen. Ziel ist es, Deutschland wieder auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zu führen und die wirtschaftliche Erfolgsgeschichte fortzuschreiben. Die Verbände sind sich der Notwendigkeit einer gemeinsamen Kraftanstrengung bewusst: „Wir wissen, dass es gemeinsamen Einsatz bedarf. Deshalb sind wir auch bereit, unseren Teil beizutragen, und stehen für konstruktive Lösungen bereit“, so die Spitzenverbände.
Quelle: DIHK
2/2025