IHK-Tourismusausschuss besucht Ostfalia Hochschule

Die Tourismusbranche steht vor einem grundlegenden Wandel. Digitalisierung, verändertes Verhalten nach der Coronapandemie sowie Herausforderungen wie Nachhaltigkeit, Klimawandel und der demografische Wandel beschäftigen Unternehmer in noch nie dagewesenem Maß und führen zu einem erheblichen Anpassungsdruck. Diese und weitere Themen standen Mitte Mai im Mittelpunkt der ersten Sitzung des IHK-Tourismusausschusses im neuen Jahr, die an der Karl-Scharfenberg-Fakultät der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften am Standort Salzgitter-Calbecht stattfand.
Mit seinem Vortrag unter dem Titel „Handlungserfordernisse der Grünen Transformation des Tourismus“ eröffnete Dr. Heinz-Dieter Quack das Treffen. Der Professor für Destinationsmanagement an der Ostfalia Hochschule, zugleich Berater in der touristischen Unternehmensentwicklung und Leiter des Kompetenzzentrums Grüne Transformation des Tourismus, skizzierte darin zentrale Herausforderungen und zukunftsweisende Lösungsansätze für die Tourismusbranche.
Eingangs beleuchtete er die vielfältigen Risiken des Klimawandels – sowohl mit Blick auf unmittelbare Bedrohungen als auch langfristige Entwicklungen. Besonders kritisch sei, so Quack, dass die öffentliche Debatte zunehmend von Fehlinformationen und verzerrten Darstellungen geprägt werde. Dem gegenüber stünden jedoch bereits spürbare Klimafolgen, etwa in Form extremer Wetterlagen wie Hochwasser oder Überschwemmungen. Zwar sei die Niederschlagsmenge nicht generell gestiegen, jedoch konzentrierten sich die Regenfälle häufig über längere Zeiträume auf eng begrenzte Regionen – mit der Folge, dass Böden das Wasser nicht mehr ausreichend aufnehmen könnten.
Neben den klimatischen Aspekten wies Professor Quack auf weitere globale Herausforderungen hin, die direkt oder indirekt mit dem Klimawandel verknüpft seien: staatlich geführte Konflikte, gesellschaftliche Spaltung, Umweltzerstörung, soziale Ungleichgewichte, unfreiwillige Migration sowie geopolitische Spannungen. Ein besonders unterschätztes, jedoch gravierendes Problem sei der dramatische Rückgang der Artenvielfalt. Angesichts dieser komplexen Gemengelage appellierte Quack eindringlich an die Branche, das Tourismusmanagement neu zu denken und als aktives Transformationsmanagement zu begreifen. Im Zentrum der notwendigen Veränderungen stünden dabei drei Schlüsselbereiche: die Energiewende, ein nachhaltigerer Konsum sowie die Umgestaltung der Mobilität.
Dr. Stefan Küblböck, Professor für Tourismus- und Freizeitmanagement sowie Koordinator des Studiengangs Tourismusmanagement, widmete sich in seinem Vortrag zum Thema „Fachkräftemangel im Gastgewerbe“ den aktuellen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt der Tourismusbranche. Trotz der gegenwärtigen Herausforderungen im Ausbildungs- und Beschäftigungsbereich zeigt sich die Branche in der Region nach Einschätzung des Referenten vergleichsweise stabil. Die tiefgreifenden Einbrüche infolge der Coronapandemie konnten in kurzer Zeit kompensiert werden.
In der Region Braunschweig-Wolfsburg ist ein Strukturwandel hin zu weniger, dafür aber größeren Beherbergungsbetrieben zu beobachten. Gleichzeitig verzeichnet der Ausbildungssektor rückläufige Zahlen bei Neueintritten sowie eine Zunahme von Ausbildungsabbrüchen. Das Missverhältnis zwischen altersbedingt ausscheidenden Fachkräften und nachrückendem Personal weist darauf hin, dass die Attraktivität der Ausbildungsberufe im Hotel- und Gaststättengewerbe im Vergleich zu anderen Branchen gesunken ist. Ursachen hierfür sind unter anderem unregelmäßige Arbeitszeiten, begrenzte Aufstiegs- und Verdienstmöglichkeiten sowie ein zum Teil weiterhin „raues Betriebsklima“.
Der bestehende Fachkräftemangel führt zudem zu einer Mehrbelastung des verbleibenden Personals, was die Problematik zusätzlich verschärft und zu einem Teufelskreis führt. Eine nachhaltige Lösung zeichnet sich bislang nicht ab. Mögliche Gegenmaßnahmen umfassen die gezielte Rekrutierung internationaler Arbeitskräfte durch gesteuerte Zuwanderung, die Integration von Quereinsteigenden sowie die Aufwertung der Berufsbilder durch attraktivere Arbeitsbedingungen, was auch eine Preissteigerung für Endkunden nach sich ziehen könnte.
hei/jk
5/2025