Das regionale Start-up-Geschehen, New Work und nachhaltige Energiegewinnung waren die Themen des Industrieausschusses im Dezember

Die Sitzung des Industrieausschusses der IHK Braunschweig im kernsanierten Fachwerkhaus auf dem Gelände der auf IT-Dienstleistungen rund um die digitale Transformation spezialisierten fme AG markierte eine Premiere, war die Zusammenkunft doch die erste Veranstaltung nach der Wiedereröffnung des architektonischen Kleinods.
Gastgeber Dirk Bode, Vorstandsvorsitzender der fme AG, nutzte die Begrüßung für eine kurze Unternehmensvorstellung. Die Eckdaten: 300 Mitarbeiter aus zehn Nationen mit Niederlassungen in Nordamerika, Rumänien und Deutschland. Den Schwerpunkt des Geschäfts bildet als „mit Abstand größte Branche“ die pharmazeutische Industrie, gefolgt von der Automobilindustrie, der Fertigungsindustrie sowie Banken und Versicherungen. „Es war uns immer wichtig, uns breit aufzustellen. Gerade in unserer Region ist die Versuchung groß, verstärkt für einen Kunden zu arbeiten. Aber wir wissen alle, wohin das führen kann. Das ist nicht ganz ohne Risiko“, sagte Bode, der auch unumwunden einräumte, dass er den 2019 unterzeichneten Mietvertrag für das nun kernsanierte Fachwerkhaus aus heutiger Sicht ganz sicher nicht mehr unterschreiben würde.
Alle wollen die Energiewende, aber keiner möchte sie vor der Tür haben.

Sven Streiff

Die neue Arbeitswelt

Schließlich habe Corona die Themen Home­office und Remote Work in einem so starken Maße forciert, dass die Auslastung eines Großteils der stationären Arbeitsplätze entsprechend zurückging, für die zusätzliche Fläche also gar kein unbedingter Bedarf mehr vorhanden sei. Eine Umfrage unter den Mitarbeitenden habe ergeben, dass nur noch 40 Prozent der Büro­fläche gebraucht werde. Lediglich drei verpflichtende Tage im Quartal müssen die Teams bei fme in der Firma physisch zusammenkommen. Der Rest geschehe virtuell. „Das ist die neue Realität“, betonte Bode, der mit seinem Unternehmen zum Thema „neue Arbeitswelt“ berät. Er legte den anwesenden Ausschussmitgliedern nahe, über das Thema nachzudenken. Das charmante Fachwerkhaus will fme derweil für Events und Workshops nutzen, wobei die Immobilie zu diesen Zwecken auch B2B angemietet werden kann.

MO.IN und W.IN werden zusammengeführt

Sabrina Kirchholtes, zuständige Projektleiterin der Braunschweig Zukunft GmbH, informierte hiernach über die Zusammenführung der beiden städtischen Start-up-Förderprogramme MO.IN und W.IN nach Auslaufen der Landesförderung Ende 2022. Statt zwei getrennten Programmen werden alle Start-ups, die es durch den Bewerbungsprozess schaffen, ab 2023 in die „Startup Akademie Wachstum und Innovation“ aufgenommen. Damit ist nun eine fortlaufende Begleitung der Teams über einen Zeitraum von 28 Monaten möglich. Die Geschäftsführer dreier bislang geförderter Start-ups – Kleos GmbH, Recyclingfabrik GmbH und ColdSense GmbH (die IHK Wirtschaft berichtete ausführlich im Rahmen von separaten Unternehmensporträts) – stellten im Anschluss die Geschäftsmodelle ihrer Unternehmen vor.

Energiewende: Schwierigkeiten und Lösungsansätze

Auf Durchstarter-Euphorie folgte sonorer Verwaltungsblues. Ralf Sygusch, Direktor des Regionalverbandes Großraum Braunschweig, informierte über das breitgefächerte Aufgabenspektrum seines Hauses sowie den unterm Strich leider recht überschaubaren Fortschritt beim Thema „Planung und Ausbau von Windenergie“. Seit 2011 ist man dem Ziel von 1400 Megawatt mit einer Bestandsvergrößerung von 580 auf aktuell 750 Megawatt nur geringfügig nähergekommen. Immerhin befinden sich Anlagen für weitere 830 Megawatt in Planung. Das darüber hinaus gehende Ausbaupotenzial beziffert Sygusch mit 430 Megawatt.
„Alle wollen die Energiewende, aber keiner möchte sie in Form von Windrädern vor der Tür haben“, fasste Sven Streiff das grundsätzliche Dilemma zusammen. Dabei sei es in der aktuellen Energie­krise wichtig alle Potenziale auszuschöpfen. Der Vorsitzende des Industrieausschusses regte aus diesem Grund eine Interessensgemeinschaft zur nachhaltigen Energie­gewinnung an. Wie die regionale Industrie unter den aufgezeigten Voraussetzungen direkt in Windkraft investieren und gegebenenfalls die erzeugte Energie hieraus nutzen könnte, welche Hürden es zu nehmen gilt und wer in welcher Form unterstützen könnte, wurde im Gespräch ergebnisoffen eruiert.
pau