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Braunschweiger Innovationsforum: Welchen Nutzen hat 5G für die Wirtschaft?
Rund 70 interessierte Gäste aus Wissenschaft und Wirtschaft trafen sich auf Einladung der IHK Braunschweig, der Braunschweig Zukunft GmbH, der Ostfalia und der Technischen Universität Braunschweig im Haus der Wissenschaft. Nach der Begrüßung durch Gerold Leppa, Geschäftsführer der Braunschweig Zukunft, und Mario Schlömann, Referent der IHK Braunschweig, führte zunächst Dr. Johannes Springer von T-Systems in die 5G-Technologie und deren Anwendungsnutzen ein.
Gerold Leppa, Braunschweig Zukunft GmbH
© Josip Karacic/IHK Braunschweig
Was ist 5G und welchen Nutzen stiftet es für die Industrie?
Die Terminologie um 5G hat ihren Ursprung in den Bezeichnungen 2G und 3G, mit 3G ist die erste weltweit standardisierte Mobilfunktechnologie auf den Markt gekommen. Dahinter existiert eine Standardisierungsgruppe, die 3Gpp. Die aus mehreren tausend Mitarbeitenden bestehende Gruppe entwickelt ständig die Mobilfunkstandards weiter, alle 18 Monate kommt ein neues 3Gpp-Release raus, das dann in die Mobilfunkinfrastruktur implementiert wird.
Mit 4G wurden die physikalischen Grenzen erreicht, was die Reduzierung von Bandbreiten und Frequenzen und Ähnlichem angeht. Bei 5G sind höhere Bandbreiten der Luftschnittstelle, der Verbindung zwischen dem Endgerät und dem Funkmasten sowie Funktionalitäten, die sich im Kernnetz abbilden, hinzugekommen. Mobilfunknetze sind heute vom gesamten Management und der Infrastruktur sowie von cloudbasierter Software abhängig. 5G hat also ganz viel damit zu tun, was sich im Netz und im Netzmanagement in den Kernnetzen aber auch auf der Radioschnittstelle abspielt.
Anna Schieben, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).
© Josip Karacic/IHK Braunschweig
Wo findet 5G physikalisch statt? Eine wichtige Rolle spielen dabei die zur Verfügung stehenden Frequenzen: Die Telekom zum Beispiel bewirtschaftet 5G bei 2,1 GHz, damit werden relativ große Flächen abgedeckt, und bei 3,6 GHz, wobei die Zellengrößen maximal einen Kilometer, oft nur 100 m umfassen. Somit sind diese Zellenstrukturen auf Hotspots wie zum Beispiel den Braunschweiger Hauptbahnhof, mit vielen Nutzern die viel Bandbreite benötigen, beschränkt: Ländliche Gegenden mit großer Fläche und wenig Nutzern werden dagegen mit 700, 800 oder 900 MHz abgedeckt.
Was bietet 5G nun für den Nutzer? Höhere Datenraten, niedrigere Latenzen und eine höhere Energieeffizienz sind maßgebliche Vorteile. Die wesentlichen Schlagworte sind Edge Computing (hier werden die Zugriffszeiten deutlich reduziert auf bis zu 50 ms), Quality of Service, Low Latency-Anwendungen sowie Narrowband IoT-Anwendungen. 5G ist stark geprägt durch das Thema Sicherheit.
5G = Höhere Datenraten, niedrigere Latenzen und eine höhere Energieeffizienz
Quality of Services ist ein wichtiger Punkt, hier kann mit LTE aber auch mit 5G sichergestellt werden, dass bei hoher Bandbreitennutzung erfolgsrelevante Applikationen stabil oder bei großen Nutzeraufkommen die Verbindungen stabil bleiben.
5G lässt zwischen einzelnen Geräten Datenaustausch zu, ohne dass zwingend ein Mobilfunknetz vorhanden sein muss.
5G-Reallabor Anwendungsbeispiele aus der Mobilitätsregion Braunschweig Wolfsburg
Anna Schieben, Konsortialleiterin des 5G-Reallabors beim Institut für Verkehrssystemtechnik am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), stellte Anwendungsfälle des 5G-Reallabors vor.
Dr. Johannes Springer, T-Systems.
© Josip Karacic/IHK Braunschweig
Ein Reallabor ist ein zeitlich und räumlich begrenzter Experimentierraum, in dem neue Technologien in der Realität erprobt werden, hier laufen die Versuche seit 2019 und enden im Juni 2023. Im Reallabor werden verschiedene 5G-Anwendungsfälle im Kontext einer Smart City als Schlüsseltechnologie elaboriert. Man versteht sich hier als offenes Reallabor, das heißt, es wird vom Austausch mit Experten und unterschiedlichen Stakeholdern profitiert. Dabei soll das Reallabor auch nach Ende der Förderperiode im Sinne eines Innovationsnetzwerkes in der Region erhalten bleiben. Insgesamt hat das Reallabor 12 Teilprojekte, von denen ein Anwendungsbeispiel, die Rettungsmobilität, hier genauer vorgestellt wurde. Diese wird sowohl in Wolfsburg wie auch in Braunschweig erprobt. Bei einem eingehenden Notruf wird die Route zum Einsatzort im Smart Traffic-Center in der 5G Mobile Edge-Cloud, die eine dezentrale Datenverarbeitung erlaubt, berechnet. Der große Vorteil von 5G ist die Freischaltung einer grünen Welle für das Einsatzfahrzeug, immer dann, wenn sich das Fahrzeug der Signalanlage nähert. Hier ist es wichtig, geringe Latenzen zu gewährleisten, damit die Ampel im richtigen Moment auf Grün schaltet. Zwei klassische Szenarien: Das Einsatzfahrzeug steckt im Verkehr fest oder begibt sich in Gefahr, wenn Fahrzeuge beim Überqueren von Kreuzungen den Krankenwagen übersehen und verunfallen. All das soll mit dem Anwendungsfall minimiert werden. Zusätzlich fließen über das Broadcasting Informationen an Fußgänger wie auch an andere Fahrzeuge, dass zum Beispiel eine Rettungsgasse gebildet werden soll. Das wird im Anwendungsfall auch mit automatisierten Fahrzeugen demonstriert, die dann zur Seite fahren. Getestet wird in Braunschweig an der Innovationskreuzung Tostmannplatz mit verschiedenen Installationen sowie an der Testkreuzung Husarenstraße.
5G-Smart Country – der praktische Nutzen in der Land- und Forstwirtschaft
Mit land- und forstwirtschaftlichen Anwendungen beschäftigt sich das Projekt 5G-Smart Country, bei dem es sich ebenfalls um ein Reallabor handelt. Initiiert wurde das Projekt von den Landkreisen Helmstedt und Wolfenbüttel, an dem 15 Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft beteiligt sind. Exemplarisch hat die Projektmanagerin Dr. Tanja Böhm Smart Forestry vorgestellt, bei dem es drei Use Cases gibt: die Waldsensorik, das Informationssystem und die vernetzte Holzernte. Ziel ist es, kostengünstige Sensoren zu entwickeln, um den gesamten Lebenszyklus Wald untersuchen zu können. Dabei ist die Waldsensorik der Grundstein, auf dem alle Anwendungen aufbauen. Mit Hilfe von Sensoren im Wald kann über einen langen Zeitraum die Entwicklung des Waldes beobachtet werden. Eine Herausforderung dabei ist eine möglichst energieeffiziente Stromversorgung, um die Übertragung der Daten in die Cloud sicherzustellen.
Dr. Tanja Böhm, 5G Smart Country
© Josip Karacic/IHK Braunschweig
5G kann also auch im ländlichen Raum maßgeblich zur Verbesserung der Arbeitsprozesse beitragen oder zum Beispiel im Harz ein echtzeitfähiges Monitoring ermöglichen.
5G Campusnetz – Mobilität von morgen ist vernetzt
Die IAV baut im Rahmen von Software Systems und Connectivity das IAV 5G Campusnetz auf, das von Wieger IJntema von der IAV GmbH vorgestellt wurde. Hier werden im Mobilfunklabor mit Hilfe eines Mobile 5-Simulationsgerätes sowie einer Satellitensimulation verschiedenste 5G-Anwendungen getestet, zum Beispiel ein direkter Notruf aus dem Fahrzeug bei einem Unfall. Durch die steigende Zahl von vernetzten Fahrzeugfunktionen steigt die Komplexität, was nur in einem echten Netz getestet werden kann, was mit dem 5G Campus, der über ein Parkhaus, Bürogebäude und eine Teststrecke verfügt, simuliert wird.
Wieger IJntema, IAV GmbH
© Josip Karacic/IHK Braunschweig
Im 5G-Netz kann ein Fahrzeug bei Einfahrt in das Parkhaus an der Einfahrt abgestellt werden und wird dann autonom auf einen freien Parkplatz gelotst, indem das Fahrzeug mit dem Parkhaus kommuniziert. Des Weiteren kann das Auto dort checken, ob im Netz ein Update verfügbar ist und kann dieses runterladen. Außerdem ist es möglich, über Logo Dynamic Map ein Pop-up mit aktuellen Informationen des Verkehrs in der Umgebung versorgt zu werden.
5G ermöglicht es, auf einer viel breiteren Leitung wesentlich mehr Informationen schneller ins Fahrzeug zu bekommen und erhöht die Konnektivität unabhängig von der Netzqualität.
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