„Jetzt weiß ich, was ich kann!“: Warum Chancengeber für den Arbeitsmarkt so wichtig sind

Derzeit wird in Deutschland viel über die Anwerbung ausländischer Fachkräfte für den heimischen Arbeitsmarkt diskutiert. Das beschleunigte Fachkräfteverfahren (§ 81a AufenthG), beschlossen vor zwei Jahren, soll dabei unterstützen. Für ukrainische Flüchtlinge werden weitere Erleichterungen zur schnellen Arbeitsaufnahme getroffen. Wie verhält es sich aber mit „ehemaligen Flüchtlingen“, die bereits seit über 30 Jahren in Deutschland leben? Hier können Unternehmen als Chancengeber mithelfen, diese Personen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Eine Validierung der beruflichen Kompetenzen mit ValiKom Transfer stärkt nicht nur zusätzlich das Selbstbewusstsein dieser Menschen, sondern eröffnet auch den Weg zum Berufsabschluss.
Turkijan Berisa flüchtete mit seiner Familie 1992 aus Kroatien nach Deutschland. Damals tobte im ehemaligen Jugoslawien ein brutaler Krieg. Zu dieser Zeit ist das Ausländergesetz von 1965 in Kraft, das anstelle eines Aufenthaltsstatus lediglich eine Duldung der Flüchtlinge vorsieht. Nach § 54 ist dies nicht vielmehr als das vorübergehende Aussetzen einer Abschiebung. Die Aufnahme einer Arbeit ist zwar theoretisch möglich, aber praktisch nicht durchzuführen. Nur wenige Arbeitgeber sind dazu bereit, Personen mit einem Duldungsstatus einzustellen, der alle drei Monate vom Amt verlängert werden muss. Trotzdem ist Berisa glücklich in Deutschland zu leben: „Ich bin einfach nur froh, dass ich in einem Land lebe, wo ich nicht in den Krieg ziehen muss. Das ist für mich das Wichtigste.“

„Das wird mein zweiter Anfang sein“

Ein Gespräch mit einem Bildungsträger bringt die Wende. „Herr Berisa“, sagt die Mitarbeiterin zu ihm, „ich habe etwas Gutes für Sie.“ Die beiden sprechen über das Projekt ValiKom Transfer und die Möglichkeit, vorhandene professionelle Kompetenzen anerkennen zu lassen. Berisa ist sofort Feuer und Flamme. Da er bereits langjährige Erfahrung im Gastronomiebereich hat, möchte er dieses Wissen nun schnellstmöglich mit einem IHK-Zertifikat untermauern.
Im Januar 2023 nimmt die Mitarbeiterin Kontakt mit der IHK Braunschweig auf und erzählt von Berisa. Die beiden vereinbaren sofort einen Termin für das Erstgespräch in der IHK. Als er erfährt, dass er nach der Validierung über eine Externenprüfung seinen Berufsabschluss nachholen kann, ist die Sache für ihn klar: „Ja, natürlich will ich das machen. Die ganze Arbeit muss sich am Ende des Tages für mich lohnen“, sagt Berisa lächelnd und zeigt auf sein IHK-Zertifikat. Von hier ist es auch nicht mehr weit bis zum Berufsabschluss.

Wertvolle Unterstützung vom Arbeitgeber

Nachdem die Formalien geklärt sind, wird schnell deutlich, dass die Validierung zur Gleichwertigkeit mit dem Ausbildungsberuf des Restaurantfachmanns schnellstmöglich erfolgen soll. Das Verfahren findet in Anwesenheit eines Berufsexperten und einer Mitarbeiterin der IHK am Arbeitsplatz von Berisa statt.
Die Prüfung, so berichtet er, sei eigentlich nicht schwer gewesen: „Aber für mich war es am Anfang sehr hart, weil ich sehr, sehr aufgeregt war. Aber mit der Zeit ist mein Puls ruhiger geworden.“
Auch sein Chef, so erzählt er weiter, sei sehr aufgeregt gewesen und hätte ihn mehrmals angerufen, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen. Das Verhältnis zu seinem Vorgesetzten beschreibt er als eng und vertrauensvoll. Und einfach ist sein Weg in die Gastronomie nicht gewesen. Jedoch hat Berisa seine Chance erkannt und genutzt. Bei seinem vorherigen Arbeitgeber hat er die Basics im Restaurantgeschäft lernen dürfen. Seine ersten Schritte im Gaststättengewerbe hat er ebenfalls in einem asiatischen Restaurant gemacht. „Es gab Schulungen“, erklärt ­Berisa, „und das, was ich kann, habe ich alles komplett diesem Laden zu verdanken. Die ganze Erfahrung habe ich von da.“ Ein schöneres Lob kann man seinem ehemaligen Arbeitgeber wohl nicht aussprechen.
Und genau diesen Chancengeber hat ­Berisa damals gebraucht, um eine Entscheidung für seine Zukunft zu treffen. Diese fasst er so zusammen: „Okay, jetzt weiß ich, was ich kann. Jetzt weiß ich, was dieser Beruf bedeutet, jetzt fängt es an für mich.“
Das ist der Wendepunkt in seinem Berufsleben, um sich richtig ins Zeug zu legen. Von da an hat er sein Ziel klar vor Augen. Im Restaurant durchläuft er verschiedene Stationen, um schließlich festzustellen, dass seine Leidenschaft der Service­bereich ist. Ob an der Bar oder bei der Gästebetreuung, hier fühlt er sich wohl.

„Eine Erfahrung, die ich nie vergessen werde“

Nach der erfolgreich bestandenen Prüfung zur vollen Gleichwertigkeit mit dem Ausbildungsberuf des Restaurantfachmanns kommt die Erleichterung: „Meine Frau hat sich sehr gefreut. Meine Mutter hat geweint, als sie das gehört hat, weil sie weiß, wie lange ich dafür gekämpft habe.“ Und auch für seine Zukunft hat sich Berisa Großes vorgenommen: „Es wird auch der Tag kommen, an dem ich meinen eigenen Laden haben werde.“
Vor der Erfüllung dieses Traums steht noch die Externenprüfung, die zum Berufsabschluss führt. Doch bereits jetzt verbucht Berisa seinen Prüfungserfolg als eine Erfahrung, „die ich niemals vergessen werde. Und das nicht allein aufgrund des Zertifikats, sondern auch durch die Hilfe, die ich von der IHK bekommen habe. Sie war meine Begleitung“, erzählt er stolz zum Schluss.
Wenn Sie sich auch für das Projekt ValiKom Transfer interessieren oder einen Mitarbeitenden validieren lassen möchten, dann erhalten Sie weitere Informationen auf unseren Internetseiten.
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