Kiel: Qualitätsindex Norddeutschland

Fachkräftesicherung durch Weiterbildung

Im Jahr 2035 könnten in Schleswig-Holstein bis zu 300.000 Fachkräfte fehlen. Um das zu verhindern, sind unterschiedliche Maßnahmen erforderlich. Eine davon: Interne Weiterbildung und Implacement. Anja Schauenburg diskutiert Ergebnisse der Studie Qualifizierungsindex Norddeutschland.
Frau Schauenburg, inwiefern können Weiterbildungsmaßnahmen zur Fachkräftesicherung beitragen?
Der Fachkräftemangel stellt Unternehmen zunehmend vor Herausforderungen. Um passgenaue  Mitarbeitende für die neuen Aufgaben zu gewinnen, reichen konventionellen Recruitingmethoden längst nicht mehr aus. Vielmehr braucht es innovative Konzepte und Formate. Eine sehr effektive Möglichkeit sind interne Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen. Sie stärken die Employabilty des Einzelnen und helfen dabei, die bestehende Belegschaft fit für die neuen Anforderungen im Unternehmen zu machen. Das lohnt sich vor allem dann, wenn bestimmte Bereiche im Zuge von Umstrukturierungen obsolet werden. Langjährige Mitarbeitende können durch Qualifizierung individuell und flexibel an anderer Stelle im Unternehmen neu eingesetzt werden. Warum also in die Ferne schweifen, wenn man sich seine Fachkräfte auch selbst in der eigenen Organisation heranziehen kann?
Das sehen auch die Teilnehmer unserer Studie Qualifizierungsindex Norddeutschland so: 73 Prozent der befragten Unternehmen aus Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen geben an, dass sie bereits gezielt auf interne Weiterbildungsmaßnahmen setzen, um den hohen Fachkräftebedarf zu decken. Nur fünf Prozent wollen sich bei der aktuellen Arbeitsmarktsituation von Personal trennen.

Welche Vorteile habe ich als Unternehmer?
Weiterqualifizierung und interne Neubesetzung vakanter Positionen (Inplacement) bieten gleich mehrere Vorteile: Das Know-how der Mitarbeitenden bleibt der Firma erhalten. Auch die Kosten und der Zeitaufwand, neue Mitarbeitende zu finden, für das Unternehmen zu begeistern, zu selektieren und für Bewerbungsgespräche einzuladen, fallen weg. Ebenso kann die Probe- oder Einarbeitungszeit verkürzt werden, weil die Betroffenen das Unternehmen bereits kennen und aufgrund der bestehenden Betriebszugehörigkeit bestens mit den internen Abläufen sowie der Unternehmenspolitik und -kultur vertraut sind.

Und warum bleiben dabei Fördergelder liegen? Es gibt schließlich diverse, auch staatlich geförderte Instrumente zur gezielten Weiterbildung von Mitarbeitenden.
Das ist eine sehr gute Frage. Auch unsere Studie bestätigt diese Entwicklung: Ganze 95 Prozent der Befragten haben noch keine Förderung für sich beansprucht., Dabei lag das staatliche Förderbudget in 2022 für die Qualifizierung von Beschäftigten bei 900 Millionen Euro. Ich sehe einen entscheidenden Grund in der mangelnden Bekanntheit der Förderinstrumente. Zudem gibt es hohe administrative Hürden bei der Antragstellung, die viele Unternehmen davon abhalten, Weiterbildung fördern zu lassen. Hier sind sowohl die Arbeitsagenturen in Norddeutschland gefordert, ihre öffentliche Kommunikation über Fördermöglichkeiten zu verstärken – als auch die Unternehmen, sich genauer darüber zu informieren und sie in Anspruch zu nehmen.
Anja Schauenburg ist Geschäftsführerin von Schauenburg – Die Personalumbauer und Herausgeberin der Studie Qualifizierungsindex Norddeutschland. Seit mehr als 20 Jahren begleitet sie komplexe Umbauprojekte in mittelständischen Unternehmen und Konzernen. Mehr unter www.personalumbau.de