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Fachkräftemagnet Weiterbildung
Gezielte Weiterbildungen bieten Arbeitgebern in Zeiten des Fachkräftemangels die Chance, geeignete Talente fürs eigene Unternehmen zu gewinnen und diese nachhaltig zu motivieren. Wie das gehen kann, zeigen zwei Erfolgsstorys aus dem Norden.
Katharina Witting ist Personalleiterin bei dem Lübecker Unternehmen Richter Baustoffe.
© 54°/Felix Koenig
Katharina Witting ahnte am Anfang ihrer Ausbildung nicht, in welche Position es sie mal verschlagen würde. Als sie 2003 nach ihrem Abitur beschloss, nicht zu studieren, sondern eine Ausbildung zur Industriekauffrau zu beginnen, wurde sie oft gefragt: „Wie, du machst nur eine Ausbildung?“ Für sie war der Schritt klar. „Ich bin sehr praktisch veranlagt und wollte einfach etwas lernen.“
So bewarb sie sich um eine Ausbildung zur Industriekauffrau bei den Schwartauer Werken GmbH & Co. KG, wurde sofort genommen und konnte die Lehrzeit sogar um ein halbes Jahr verkürzen. Während der Ausbildung durchlief sie alle Abteilungen, bis sie in die Personalabteilung kam, wo es ihr am besten gefiel.
Am Ende der Ausbildung bekam sie ein Übernahmeangebot, konnte in der Personalabteilung bleiben und arbeitete dort als Sachbearbeiterin im Supply-Chain-Bereich. Um sich weiter zuentwickeln, begann sie die Weiterbildung zur Personalfachkauffrau IHK, für die sie zwei Jahre lang jeden Samstag die Schulbank drückte.
Insgesamt 16 Jahre war sie in der Personalabteilung der Schwartauer Werke beschäftigt, bekam in der Zeit zwei Kinder und arbeitete dann Teilzeit. „Ich hatte nie Lust auf eine Führungsposition. Es war mir immer zu viel Verantwortung“, sagt Witting. Als dann aber irgendwann eine Vorgesetzte fragte, warum sie in ihrer Position hängen bleiben würde, setzte ein Umdenken ein. „Das war das erste Mal, dass ich dachte: ‚Warum eigentlich nicht?‘“, erzählt Witting. Durch eine ehemalige Kollegin aus der Weiterbildung kam sie zufällig zu einem Vorstellungsgespräch bei Richter Baustoffe. Allerdings wurde dort eine Personalentwicklerin gesucht. „Das war aber nicht mein Fachgebiet, daher habe ich nach kurzem Überlegen abgesagt“, sagt Witting. Nur Tage später bekam sie einen Anruf von Richter Baustoffe, ob sie sich auch die Stelle als Personalleiterin vorstellen könne.
Führungsverantwortung dank Weiterbildung: Katharina Witting (rechts) mit ihrer Kollegin Stella Tzolas
© 54°/Felix Koenig
Diese Chance nutzte sie dann gern. „Ich sage immer, die Stelle hat mich gefunden, nicht andersherum.“ Seit zweieinhalb Jahren arbeitet sie nun in Teilzeit bei dem Baustoffhandel, der mit 48 Filialen und 700 Mitarbeitern im ganzen Norden vertreten ist, und installierte dort ein modernes Personalmanagementsystem. Durch das flexible Zeitmanagement und die Möglichkeit, auch im Homeoffice zu arbeiten, bleibt auch genug Zeit für die Familie. Besonders schätzt sie bei dem traditionellen Familienunternehmen die flachen Hierarchien, die kurzen Kommunikationswege und das junge Leitungsteam. „Man kann Ideen reinwerfen und mitgestalten“, sagt sie.
Flexibilität im Job und ein Arbeitgeber, der berufliche Weiterbildung unterstützt – das schätzt auch Vanessa Stenzel. Das begann schon während ihrer Ausbildung bei der Bockholdt GmbH, die seit 2023 zur Strabag PFS Unternehmensgruppe gehört. Der Reinigungsdienstleister in Lübeck war einer der wenigen Betriebe, die ihr eine Ausbildung in Teilzeit anboten. „Ich bin früh Mutter geworden und wollte daher eine Ausbildung in Teilzeit machen. Ich habe lange recherchiert und einige Bewerbungen an Betriebe rausgeschickt, von denen mir gesagt wurde, sie bieten eine Teilzeitausbildung an. Manche haben noch nicht mal geantwortet“, sagt Stenzel.
Bei der Bockholdt GmbH konnte sie dann 2018 ihre Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement in Teilzeit mit 30 Wochenstunden starten. Das Modell war im Unternehmen zu der Zeit noch neu. „Ich war erst die zweite Auszubildende, die dort in Teilzeit angefangen hatte“, sagt Stenzel. Gerade sind es drei Azubis. Für Johanna Piwko, Ausbildungskoordinatorin bei Bockholdt, kein ungewöhnlicher Umstand. „Wenn wir merken, ein Auszubildender hat große Fehlzeiten oder sonstige Probleme, führen wir Gespräche, wie wir helfen können und ob eine Teilzeitausbildung helfen würde“, sagt sie. Vanessa Stenzel konnte ihre Ausbildung aufgrund der Fachhochschulreife, mit der sie in den Beruf startete, und ihrer guten Noten in drei Jahren durchziehen.
Schätzt die Flexibilität und Möglichkeit der Teilzeitarbeit: Vanessa Stenzel von der Bockholdt GmbH
© Bockholdt GmbH
Geholfen haben ihr dabei neben der geregelten Kinderbetreuung auch flexible Arbeitszeiten und der Rückhalt ihrer Führungskräfte. So unterstützte man sie auch, als sie während der Ausbildung das zweite Mal schwanger wurde und kurz vor der Geburt ihre Ausbildung beenden konnte. Nach einem Jahr Elternzeit kehrte sie 2022 zur Arbeit zurück und begann als Assistentin im Bereich Qualitätssicherung und Arbeitssicherheit. Mittlerweile arbeitet sie Teilzeit mit 30 Wochenstunden als IMS-Beauftragte (IMS = integriertes Managementsystem).
Doch das reicht Vanessa Stenzel noch nicht. Daher studiert sie neben Job und Familie noch Umweltingenieurwesen. Und auch das absolviert sie in Teilzeit. „Normalerweise geht das Studium drei Jahre. In Teilzeit kann man es in vier Jahren machen.“ Die Kosten für das Selbstlernstudium trägt ihr Arbeitgeber.
Autorin: Majka Gerke
Veröffentlicht: 29. Januar 2025
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