Yes, we scan: Disney, Dinos und Deutsche Bahn

Die Verbindung von glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) und 3D-Scan-Technologie eröffnet kreativen Unternehmen ungeahnte Möglichkeiten: So entwickelte sich Dilba Kunststoffbau (Neumünster) von einem Pionier für die Nachbildung eines lebensgroßen Dinosaurier-Skeletts zu einem Hightech-Unternehmen für anspruchsvollste Anwendungen. Zu den Kunden gehören Disney, der Hansa-Park und große Gaming-Produzenten ebenso wie die Deutsche Bahn.
Besucher parken bei Dilba staunend ein. Der Dino direkt vor dem Firmengebäude scheint lebensecht: Er begrüßt in einem stilechten Jurassic-Park-Szenario den neugierigen Homo Sapiens mit einer beeindruckenden Zahnreihe. „Der Raptor stammt aus der Startphase von expo:nat – unseres Unternehmens für künstlerische und museale Exponate. Es gehört inzwischen zu Dilba Kunststoffbau“, erzählt der Schöpfer der Saurier.
Alles begann für Andreas Dilba sozusagen in der Eiszeit: „Unser erstes Projekt war der Bau eines originalgetreuen Mammut-Skeletts für ein Museum 2003. Doch statt mit Maßbändern und klassischen Abform-Methoden haben wir eine damals neue, digitale Methode angewendet – 3D-Scans“, berichtet der Ingenieur. Fortan hieß es im neu gegründeten Unternehmen: Yes, we scan!
Der ganz große Wurf mit bundesweiter Aufmerksamkeit gelang kurze Zeit später: „Weltweit zum ersten Mal haben wir ein lebendgroßes Dinosaurier-Skelett mittels Lichttechnik gescannt, anschließend virtuell rekonstruiert und als Kopie mit einem 3D-Drucker hergestellt“, berichtet der 61-Jährige. Es war die Reproduktion des 13 Meter langen Braunschweiger Sauropoden-Skeletts – von der Wissenschaft als Revolution gefeiert. „Nachdem wir das 1:1-Modell mit Stahl-Innenskelett und GFK-Verstärkungen für das Staatliche Naturhistorischen Museum Braunschweig gebaut haben, kam im Oktober 2009 sogar Ministerpräsident Wulff zur Ausstellungseröffnung“, erzählt der Ingenieur mit dem Hang zur Perfektion.
Der ist dann unverzichtbar, wenn das Unternehmen mit acht Mitarbeitenden Aufträge für die Industrie übernimmt. „Mit 3D-Scans und Kunststoffbau ist, technisch gesehen, alles machbar. Wir sind1999 mit einem Großauftrag für die Deutsche Bahn gestartet: Das Interieur von 180 ICE-Zügen sollte von Abteilen in Großraumwagen umgebaut werden“, berichtet der Chef. Bis heute modifizieren und ertüchtigen die Spezialisten in Dilbas Werkstatt die fast unzerstörbaren Zug-Einbauten aus GFK. „Dank unseres 25-jährigen Knowhows kennen wir alle Kniffe und besonderen Herausforderungen dieses extrem leistungsfähigen und vielfältig einsetzbaren Materials.“ Davon profitiert auch die Windkraftbranche, die chemische Industrie oder der Fahrzeugbau. „Derzeit bauen wir beispielsweise einen Krankenwagen für einen Kunden behindertengerecht um in ein luxuriöses Wohnmobil mit technischen Einzelanfertigungen.“
„Geht nicht, gibt’s nicht“, könnte auch ein treffender Slogan für das Unternehmen am Flugplatz Neumünster sein: Prototypen bauen sie hier, Sonder- und Einzelanfertigungen, sie reparieren und modernisieren vornehmlich GFK-Komponenten. Selbst Kleinserien wie etwa 30.000 Kleinfiguren als Special Edition für einen Gaming-Konzern übernimmt Dilba mit Unterstützung seiner Niederlassung in Tschechien. „Dort perfektionieren Bildhauer die gescannten Figuren, denn bei allen technischen Möglichkeiten bedarf es eines künstlerischen Auges für perfekte dreidimensionale Ergebnisse“, erzählt der Firmengründer.
Das betrifft insbesondere Aufträge für die Film- und Gaming-Industrie. Auf dem Regal im Besprechungsraum fallen Mogli und der Bär Balou, dazu der Tiger Shirkan und die böse Schlange Khan ins Auge: „Für das ‚Dschungelbuch‘-Jubiläum bekamen wir von Disney den Auftrag, die Prototypen für die Figuren zu entwerfen, die wir nach einer umfangreichen Bearbeitung am Computer im 3D-Drucker hergestellt haben.“ Zu den besonderen Schwierigkeiten gehöre es, aus Foto-Vorlagen echte dreidimensionale Figuren zu kreieren, die denen in den Zeichentrickfilmen oder Computerspielen entsprechen. „Um einen authentischen Gesichtsausdruck zu erhalten, braucht man immer auch künstlerische Erfahrung und bildhauerisches Talent – ebenso für die richtigen Proportionen der Figuren.“
Das gilt umso mehr, wenn Millionen Fans weltweit den „Witcher“ in Fantasy-Abenteuern an PC und Konsole des polnischen Spieleunternehmens City Project lebendig werden lassen. Der Held mit dem Schmiss im Gesicht steht bei Dilba im Büro als lebensechte, überdimensionale Gestalt, die selbst im Wachsfigurenkabinett von Madame Tussauds eine gute Figur abgeben würde. „Wir haben in Zusammenarbeit mit den Entwicklern des Spiels den virtuellen Avatar in einer Special-Edition als Büste in Steinoptik in Serie produziert – und zwar so erfolgreich, dass sie den European Games Award 2012 gewann“, erzählt Dilba. Eine von 30.000 Mini-Figuren hat es sogar bis ins Weiße Haus geschafft: US-Präsident Barack Obama bekam sie als Gastgeschenk bei einem Polen-Besuch. Für die Filmindustrie fräsen die Spezialisten aus Neumünster 3D-Modelle auch mit einem hochmodernen Fräsroboter.
Selbst für den Komiker Otto durften die Spezialisten aus Neumünster schon tätig werden: Die „Zwerge allein im Wald“ wurden dank 3D-Technologie als knuffige Figuren lebendig – in einer Kleinserie für den Kinostart. Und damit die Abenteuer im Hansa-Park für die Besucher sicher bleiben, überarbeiten die Neumünsteraner derzeit die Spezialfahrzeuge aus – Ehrensache! – fast „unkaputtbarem“ GFK.

Autor: Joachim Welding, freier Journalist