Warum ist die Ausbildung bei der IHK gut aufgehoben?
Als IHK setzen wir uns für das Interesse der gesamten Wirtschaft ein. Mit unseren Unternehmerinnen und Unternehmern, die sich ehrenamtlich bei uns engagieren, sind wir das Sprachrohr der Betriebe. Wer könnte die betriebliche Ausbildung besser organisieren als die Wirtschaft selbst? In anderen Ländern übernimmt der Staat diese Aufgabe. Dadurch, dass IHK-Haupt- und Ehrenamt eng zusammenarbeiten, können wir diesen gesetzlichen Auftrag praxisnäher umsetzen als jede andere staatliche Einrichtung. Denn die duale Ausbildung ist ein ganz wichtiger Faktor, wenn es darum geht, Fachkräfte für die Region zu sichern und zu gewinnen.
Wie hat sich diese Aufgabe im Laufe der Jahre verändert?
Der Beratungsbedarf hat bei Betrieben, Eltern, Lehrern, Auszubildenden, Ausbilderinnen und Ausbildern in den letzten Jahren zugenommen. Das liegt auch daran, dass die Auszubildenden immer heterogener geworden sind – von Geflüchteten über Fachkräfte aus Drittländern, Abiturienten, Studienzweiflern bis hin zu jungen Menschen mit besonderen Lernherausforderungen; und das in einer Zeit, in der die Wirtschaft ohnehin mit erschwerten Rahmenbedingungen zu kämpfen hat. Deshalb machen unsere Ausbildungsberater, die sich selbst als Fans der dualen Ausbildung sehen, im Jahr um die 400 Betriebsbesuche und bis zu 100 Beratungen die Woche. Sie unterstützen bei allen Fragen und Problemen, um das Ziel – berufliche Handlungsfähigkeit und Prüfungsreife mit den besten Rahmenbedingungen für beide Seiten – zu erreichen.
Wir tun alles, was möglich ist, um als Partner der ausbildenden Mitgliedsbetriebe und Azubis optimale Bedingungen zu schaffen und die Qualität der Ausbildung zu sichern.
Mette Lorentzen
Was sind die Voraussetzungen, um auszubilden?
Zunächst muss der Ausbildungsberuf zum Unternehmen passen. Da finden wir aber immer etwas Passendes. Der Betrieb braucht fachlich und arbeitspädagogisch geeignetes Personal und einen Plan, wie die Ausbildung gestaltet werden soll, damit alle Lernziele der Ausbildungsverordnung erreicht werden. Das Gesetz gibt also einen gewissen Rahmen vor. Schließlich gilt der Abschluss bundesweit und ist auf der ganzen Welt anerkannt. Als zuständige Stelle sind wir dazu verpflichtet, sicherzustellen, dass das Gesetz eingehalten wird. Dabei wünsche ich mir, dass unsere Rolle als IHK nicht als überwachend, sondern als unterstützend und begleitend wahrgenommen wird. Daneben hat jeder Betrieb Gestaltungsmöglichkeiten und definiert seinen Qualitätsanspruch selbst. Wir geben häufig Empfehlungen, wie etwa noch einen Ausbilder mehr einzustellen als mindestens vorgegeben. Wenn das Unternehmen aber aus Erfahrung weiß, wir schaffen das so, ist das auch okay. Mir ist es aber auch wichtig zu betonen, dass die jungen Menschen, die eine Ausbildung absolvieren, einem besonderen Schutz unterstehen, denn noch sind sie keine Fachkräfte. Und das gilt ganz besonders für Azubis aus dem Ausland. Mit ihrem an den Ausbildungsvertrag gebundenen Aufenthaltsstatus haben sie faktisch ein größeres Abhängigkeitsverhältnis als der Azubi, der seit 18 Jahren in der Gemeinde nebenan lebt. Deshalb sind wir gesetzlich dazu verpflichtet, auch Hinweisen auf Mängel nachzugehen.
Wie geht die IHK dabei vor?
Die meisten Beschwerden – von Betrieben oder Azubis – lassen sich durch ein Gespräch über Rechte und Pflichten in der Ausbildung aufklären. Wir ermutigen die Azubis, die zu uns kommen, zunächst, selbst das Gespräch zu suchen, denn auch das gehört für uns zu beruflicher Handlungsfähigkeit dazu. Wenn das nicht hilft, nehmen wir Kontakt zum Betrieb auf und schauen, welche Gründe dazu geführt haben und wie wir es gemeinsam schaffen, diese aus dem Weg zu räumen. Aber auch Azubis müssen manchmal lernen, dass die vertraglichen Pflichten im Betrieb andere sind als in der Schule. Das Ziel ist das Erlangen einer betrieblichen Handlungsfähigkeit, und dazu gehört einiges.
Werden die Gesetze dem betrieblichen Alltag gerecht?
Als Interessenvertreter der regionalen Wirtschaft machen wir uns seit jeher dafür stark, dass das Gesetz mit einem modernen betrieblichen Alltag in Einklang gebracht und immer wieder angepasst wird. So war es vor zehn Jahren undenkbar, dass Auszubildende im Homeoffice arbeiten; heute ist das mit guten Lernkonzepten, entsprechender Betreuung und Kommunikation möglich. Als IHK haben wir auch immer einen gewissen Ermessensspielraum innerhalb der Vorgaben, die wir wohlwollend gegenüber den Betrieben auslegen. Dabei darf der gesetzliche Rahmen nicht mit bürokratischen Hürden verwechselt werden.
Inwiefern?
Als IHK gestalten wir den Verwaltungsaufwand für Betriebe, Prüfer und Auszubildende so schlank und effizient, wie es geht. Dafür haben wir in den letzten Jahren fast alle Prozesse digitalisiert. Wir tun alles, was möglich ist, um als Partner der ausbildenden Mitgliedsbetriebe und Azubis optimale Bedingungen zu schaffen und die Qualität der Ausbildung zu sichern. Trotzdem erreicht uns hin und wieder Kritik, wir würden Ausbildung kompliziert machen oder selbst Bürokratie schaffen. Aber ist es Bürokratie, wenn sich unsere Ausbildungsberater bei einem Betrieb, der erstmalig ausbilden möchte, vor Ort ein Bild von der sogenannten „Geeignetheit der Ausbildungsstätte“ machen? Ist das ein „Einmischen“ in unternehmerische Freiheit, wie ich auch schon mal gehört habe? Meine Antworten: Nein, denn gute Ausbildungsbedingungen schaffen Qualität in der Ausbildung – und am Ende einen Mehrwert für Betrieb, Azubi und das duale Ausbildungssystem. Gut ausgebildete Fachkräfte sind der größte Trumpf im Wettbewerb.