Durchstarter

Die Vermessung der Welt

Ein digitaler Zwilling für ganz Europa – dieses Ziel haben sich Jakob Heller, Dr. Johann Heller und Joshua Becker für ihr Unternehmen Deeeper Technology gesetzt. Gegründet haben die drei das Startup 2020, seitdem geht es steil bergauf.
Denn mit ihrer Technologie können sie das, was bislang keiner geschafft hat: ein vollständiges virtuelles Abbild unserer Realität erzeugen. Möglich macht das künstliche Intelligenz, die Daten aus Luft- und Satellitenbildern analysiert und daraus ein Bild erschafft.
„Damit können wir jede Photovoltaikanlage, jedes Haus, jeden Wald abbilden“, sagt Mitgründer Jakob Heller, CIO im Unternehmen. So entsteht ein Datensatz, der den deutschen Katasterämtern – aber auch denen anderer Länder, wie Heller betont – um einiges voraus ist. Deren Daten seien zwar sehr detailliert, würden aber nicht alle Häuser vollständig erfassen.
Aktuell kann Deeeper Technology 52 Prozent von Deutschland abdecken. Bis Ende 2022 soll es in verschiedenen Auflösungen Daten für ganz Europa geben, verrät Jakob Heller.

Die Umwelt immer genau im Blick
Die Anwendungsgebiete der Technologie sind laut Aussage der Gründer vielfältig. Ihr großes Ziel: Sie wollen einen entscheidenden Beitrag zur Energiewende leisten. Und so gehören zu den Kunden des Unternehmens große Energieversorger. „Wir können abbilden, wo es in einem Ort schon überall Photovoltaikanlagen gibt und wo es Möglichkeiten gibt, welche zu installieren“, erklärt Heller. Zusätzlich ermittelt die künstliche Intelligenz, wie viele Anlagen an einer Stelle generell möglich sind. Energieunternehmen könnten diese Daten ideal nutzen. Jakob Heller: „Wir wollen grundlegend verändern, wie Photovoltaikanlagen überhaupt verkauft werden. Der Anspruch ist ein niedrigschwelliger Zugang.“
Aber auch anderweitig können die Geodaten der Rostocker für ökologische Zwecke von Bedeutung sein. Es sei zum Beispiel möglich, die Abbildungen von Wäldern von verschiedenen Zeitpunkten übereinanderzulegen, sagt Heller. So sei ersichtlich, wo es zu Rückbildungen kommt oder wo sich etwas besonders gut entwickelt.
Anwendbar sei das auf viele ökologische Bereiche. „Ich hätte gern, dass wir jede Umweltveränderung in ganz Europa abbilden können. Und das einmal im Jahr“, betont Jakob Heller.

Ownership versus leadership
Seit der Gründung ihres Unternehmens konnten die drei Jungunternehmer dahinter einen Erfolg nach dem anderen feiern. Wie viele, das wird ersichtlich, wenn man sich die Wall of Fame im Unternehmenssitz anschaut. Zahlreiche Preise prangen dort, unter anderem von der ESA, der European Space Agency, oder von der Earth Oberservation Community. „Wir hätten nicht damit gerechnet, dass wir so schnell so gut ankommen“, sagt Jakob Heller.
Besonders stolz ist der 32-​Jährige aber darauf, dass das Unternehmen einen sinnvollen Beitrag leisten kann. Das bezieht er nicht nur auf die Umwelt, sondern auch auf die mittlerweile 14 Mitarbeitenden. „Wir sorgen als Arbeitgeber dafür, dass andere Leute ihren Lebensunterhalt verdienen, dass es ihnen und ihren Familien gut geht. Das ist toll.“
Andersherum ist ihm und den beiden anderen Chefs klar, welchen Beitrag ihre Angestellten für sie leisten. „Wir haben ein sehr divers ausgebildetes Team, jeder hat seine Expertise und das ist uns sehr wichtig. Wir wollen, dass die Leute auf ihren Gebieten mehr wissen als wir. So hat jeder einen eigenen Anteil am großen Ganzen, das sich durch viele Sichtweisen besonders gut entwickeln kann“, sagt Heller.
Kooperationsgedanke versus Herrschaftswissen oder ownership versus leadership – unter diesem Motto steht die gelebte Unternehmenskultur bei Deeeper Technology. Dass sich die Mitarbeitenden wohl fühlen und auch Verantwortung bekommen, sei das oberste Ziel, sagt Jakob Heller. „Anders kann man in der Wirtschaft auch niemanden mehr von sich überzeugen. Und Leute, die fähig sind, solche Projekte wie unseres zu digitalisieren, sind so gut ausgebildet, dass sie sich ihre Jobs selbst aussuchen können“, so Heller. „Wir müssen ihnen also etwas bieten. Das ist in Mecklenburg-​Vorpommern nicht vorrangig das große Geld. Aber ein großes Bedürfnis ist heute mehr denn je: Die Leute wollen glücklich sein. Und das wollen wir ihnen ermöglichen, um auch ihre Motivation langfristig hoch zu halten.“

Christina Milbrandt