Standort

„Das gibt es andernorts in MV kaum noch“

Seit März 2025 ist Sascha Zimmermann Bürgermeister von Güstrow. Davor setzte sich der Rechtsanwalt 15 Jahre in der Stadtpolitik ein. Außerdem ist er in der freiwilligen Feuerwehr aktiv. Sein Ziel ist es, die Wirtschaft in Güstrow weiter voranzubringen. Zum WIR-Interview in der IHK hat er die Wirtschaftsförderin Claudia Kainath mitgebracht, die im Güstrower Rathaus seit Kurzem Hauptansprechpartnerin für Unternehmen ist.
Herr Zimmermann, Sie haben das Amt des Bürgermeisters mit dem Versprechen angetreten, sich für bessere Internet- und Stromanschlüsse in Gewerbegebieten einzusetzen. Welche Herausforderungen gab es bislang konkret?
Sascha Zimmermann: Schon in meiner Zeit als Stadtvertreter gab es zum Beispiel die Gewerbeansiedlung des jetzigen Schallplattenpresswerks. Dort war das Problem, dass alles durchgeplant, die Maschinen bereits finanziert waren, aber der Stromanschluss kam nicht bzw. funktionierte nicht. Hintergrund waren fehlende Planungskapazitäten bei den Stadtwerken, um den Transformator zu setzen. Bei solchen Themen müssen wir einfach ran. Im Zweifel mit externen Büros oder bei den Stadtwerken mit Personalverstärkung. Eine gute Infrastruktur muss da sein, sonst kann sich kein Gewerbe ansiedeln. Beim Internet ist es etwas schwieriger. Hier kann man nur die Internet- bzw. Glasfaseranbieter auffordern und nachfragen; da sind wir von den Anbietern abhängig.
Konnten schon Schritte Richtung Verbesserung eingeleitet werden?
Claudia Kainath: Bei einem Unternehmen in Güstrow konnten wir das Prozedere erfreulicherweise durch hartnäckiges Dranbleiben bereits beschleunigen, so dass das Unternehmen jetzt seinen Anschluss bekommen hat. Als Stadt haben wir sicherlich eine bessere Position als Private, um solche Anliegen einzufordern.
IHK-zugehörige Unternehmen beklagen zunehmend bürokratische Anforderungen. Hier hatten Sie sich für eine Verschlankung der Verwaltungsprozesse, auch in Form kürzerer Prüf- und Genehmigungsverfahren stark gemacht. Welche Maßnahmen sind hier geplant?
Sascha Zimmermann: Ich bin seit einem Monat im Amt und derzeit noch in der Prozessbeobachtung. Ich verschaffe mir einen genauen Überblick über die aktuellen Verwaltungsabläufe und lasse sie mir erklären. Anschließend werden wir schauen, wo und wie eine Verschlankung der Verwaltungsprozesse möglich sein kann.
Gibt es für das Gelände der Alten Zuckerfabrik schon Interessenten bzw. feste Zusagen?
Sascha Zimmermann: Derzeit erreichen uns diverse Anfragen von Batteriespeichern bis hin zu Rechenzentren. Da müssen wir entscheiden, ob und wie wir das für Güstrow wollen. Wir haben mit dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik ein besonderes Gelände: 30 Hektar ausgewiesenes Industriegelände, das gibt es in Mecklenburg-Vorpommern kaum noch. Und wir haben ein Industriegelände mit aktivem Gleisanschluss und Umschlagmöglichkeit, das gibt es noch seltener. Deshalb schauen wir, was Sinn macht. Frau Kainath ist bereits im Gespräch mit einem Interessenten.
Claudia Kainath: Uns hat ein Unternehmen kontaktiert, das das Gleisnetz auf dem Gelände gern für ein Vorhaben als Umschlagplatz nutzen möchte. Unsere Gespräche sind inzwischen recht weit fortgeschritten, die Gleise sind ertüchtigt. Das gesamte Industriegebiet ist damit noch attraktiver für Industrieunternehmen geworden und wir erhoffen uns daraus natürlich eine Kettenreaktion, die dann auch weitere Unternehmensansiedlungen nach sich zieht.
Welche Möglichkeiten bietet Güstrow für Industrieunternehmen?
Sascha Zimmermann: Industriegelände werden in Deutschland immer rarer. Neu ausgewiesen werden Industriegelände aufgrund der hohen Auflagen kaum noch. Wir haben an unserem Standort mit vorhandenem Gleisanschluss, gelegen zwischen drei Autobahnanbindungen einen hohen Mehrwert, den wir dann hoffentlich auch für Industrieansiedlungen nutzen können.
Claudia Kainath: Generell ist der Standort Güstrow als Mittelzentrum perfekt: Mit der Lage im Herzen von Mecklenburg-Vorpommern, der zentralen Anbindung an das Autobahnnetz, der direkten Nähe zum Flughafen RLG und zum Rostocker Überseehafen. Güstrow bietet da schon einen hohen Standortvorteil und ein gutes Infrastrukturnetz für Industrieunternehmen.
Hat Güstrow genügend Flächen für Neuansiedlungen?
Sascha Zimmermann: Ja! Das Gute ist, dass wir als Mittelzentrum noch nicht so eingebaut sind oder bestimmte geografische Begrenzungen wie die Ostsee haben. Also haben wir da noch Möglichkeiten, auch für die Zukunft.
Inwiefern unterstützt Güstrow Ansiedlungswillige?
Sascha Zimmermann: Erst einmal dadurch, dass wir eine Wirtschaftsförderung haben. Seit einigen Wochen neu mit Frau Kainath, die auch direkt in meinem Aufgabenbereich angeschlossen ist. Das ermöglicht uns als Stadtverwaltung kurze Wege und schlanke Prozesse für Wirtschaftsthemen.
Claudia Kainath: Gespräche mit Investoren laufen über ein persönliches Erstgespräch. Jede Anfrage nehmen wir Ernst, wenn es konkreter wird, nehmen wir die entsprechenden Abteilungen direkt mit an den Tisch. So lassen sich viele Fragen bereits am Anfang klären. Zudem geht es häufig um Fragen zur Förderung und zur Infrastruktur. Wir unterstützen in allen Unternehmensbelangen, um nachhaltig dazu beizutragen, dass ein Unternehmen in Güstrow sesshaft wird oder sich erweitert.
Sascha Zimmermann: Mit Frau Kainath hat das Unternehmen eine direkte Ansprechpartnerin im Rathaus, die in die verschiedenen Amts- und Fachbereiche hinein koordinieren kann.
Wie unterstützt die Wirtschaftsförderung Unternehmen bei den Herausforderungen des Fachkräfte- und Personalmangels?
Claudia Kainath: Beim Thema Fachkräfte- und Personalgewinnung arbeiten wir eng mit der Abteilung Stadtmarketing zusammen. Es geht darum, den Standort Güstrow attraktiver zu machen und dies nach außen zu vermarkten – für Unternehmen, aber auch für Menschen, die in Güstrow leben möchten.
Sascha Zimmermann: Damit Fachkräfte nach Güstrow ziehen, müssen die Rahmenbedingungen stimmen: Sind ausreichend Schulen und Kitas, aber auch Freizeit- und Kultureinrichtungen vorhanden? Wir sehen uns hier gut aufgestellt und es ist unsere Aufgabe als Stadt, dies deutlich zu machen. Der Landkreis hat zudem die größte Schule des Landes in Güstrow, das regionale Bildungszentrum Bockhorst, das weiter ausgebaut werden wird. Güstrow ist der Schul- und auch Hochschulstandort für die öffentliche Verwaltung, das heißt wir sind die wichtige Schnittstelle für die Bildung. Auch hier trägt Güstrow zum Fachkräfteaufbau bei. Außerdem möchten wir im Bereich Fachkräftegewinnung künftig gern unsere Kontakte in regionale Institutionen, u.a. zur IHK intensivieren.
In der Debatte um die Wiederbelebung der Innenstädte ist der grundlegende Tenor, dass Innenstädte zu Erlebnisorten werden müssen, damit sie für Menschen attraktiv sind. Welchen Ansatz verfolgt Güstrow in dieser Hinsicht? Welche Maßnahmen gibt es, um Unternehmen zu unterstützen?
Sascha Zimmermann: Zu unserem Stadtmarketing gehören ein Citymanager und ein dynamisches Team des Stadtmarketings. Dieses Team geht das Thema an: Ob Erlebnisort oder Wohlfühloase mit genügend Bänken und Grünflächen, da entstehen gerade tolle neue Vorschläge. Außerdem haben wir für die Güstrower Innenstadt ein spezielles Förderungsprogramm für Neueröffnungen von Läden. Aber auch unsere Bestandshändler liegen uns am Herzen, mit ihnen werden wir künftig mehr in den Austausch gehen.
Eine wesentliche Rolle für die Ansiedlung neuer Unternehmen bzw. Fachkräfte spielt die Attraktivität des Standortes mit Schulen, Kitas, Wohn- und Freizeitangeboten. Welche Vorteile bietet Güstrow in dieser Hinsicht, welche Herausforderungen gibt es?
Sascha Zimmermann: Güstrow ist mit drei Autobahnanbindungen und einem direkten S-Bahn-Anschluss nach Rostock verkehrsgünstig gelegen. Unsere Mietpreise sind zudem bezahlbarer als in der Großstadt. Wir haben einen Wohnungsmarkt, der sich gerade erholt und auch größer wird. In Güstrow haben wir drei große Wohngebiete für Einfamilienhäuser ausgewiesen, die gut angenommen werden; noch sind ein paar Freiflächen vorhanden. Wir haben das Stahlhof-Gelände direkt neben dem Bahnhof, auf dem in den nächsten zwei bis drei Jahren neue Wohnungen entstehen werden.
In Bahnhofsnähe werden wir einen neuen Grundschulbau errichten. Wir haben eine gute Kitastruktur. Also: Bei uns in Güstrow lässt sich’s leben! Wir sind eine grüne Stadt, direkt gelegen am Inselsee und am Fernradweg Berlin – Kopenhagen. Wir haben ein Theater, das bespielt wird, ein Kino sowie Einkaufsmöglichkeiten. Wer sich wohlfühlen will und seine Kinder in einer grünen und trotzdem urbanen Umgebung aufwachsen lassen möchte, ist bei uns genau richtig.
Herausforderungen sind aktuell längere Wege bei der Fernwärme, was Fernwärme etwas teurer macht. Unsere zweite Herausforderung ist, noch bekannter zu werden. Gerade wird unser Marktplatz saniert. Aber an alle, die derzeit dadurch etwas gehindert werden: In einem halben Jahr ist dann alles umso schöner.
Interview: Sabine Zinzgraf
Veröffentlicht am 7. Mai 2025

IHK zu Rostock
Ernst-Barlach-Str. 1-3
18055 Rostock
Tel.: 0381 338-0
Fax: 0381 338-617
info@rostock.ihk.de

Geschäftsstelle Stralsund
Heilgeiststr. 34
18439 Stralsund
Tel.: 0381 338-0
Fax: 0381 338-809
info@rostock.ihk.de